Sensibler Riese: Wenn bei Dominik Weiß das Selbstvertrauen stimmt, ist der 2,09-Meter-Mann nur schwer zu stoppen. Foto: Baumann


Seitdem Jürgen Schweikardt Mitte Feburar Markus Baur als Coach abgelöst hat, spielt Dominik Weiß beim Handball-Bundesligisten TVB Stuttgart wie verwandelt – und trifft wieder verlässlich. „Sicher hat mir der Trainerwechsel einen kleinen Schub gegeben“, sagt der 29-Jährige.

Stuttgart - Der TVB Stuttgart gastiert in der Porsche-Arena in Bad Cannstatt. Zum x-ten Mal inzwischen seit Dezember 2006. Selbst an die Anfänge dieser Ära kann sich Dominik Weiß noch gut erinnern kann, wie er zuletzt im Hallenheft beim Stichwort Dorfverein zum Besten gab: „Wenn wir hier in der Arena gespielt haben, musste die Polizei extra Wagen nach Bittenfeld schicken, die dort Streife fahren. Ganz Bittenfeld war hier in der Arena!“ Und der Ort mit seinen rund 4000 Einwohnern so gut wie ausgestorben.

Ganz so krass ist es nicht mehr, die Porsche-Arena hat etwas an Reiz verloren, auch wenn es für die Partie an diesem Donnerstag (19 Uhr) gegen die Füchse Berlin nur noch einige wenige Restkarten gibt. Dafür spielt der komplett nach Stuttgart umgezogene TV Bittenfeld inzwischen unter dem Namen TVB Stuttgart seine dritte Saison in der Bundesliga, und es soll nicht die letzte sein. Dazu will Weiß seinen Beitrag leisten, zuletzt ist er förmlich aufgeblüht. Man könnte auch sagen, seit Jürgen Schweikardt das Traineramt übernommen hat. Wobei der Rechtshänder gleich mal betont: „Ich habe auch mit Markus Baur gut zusammengearbeitet.“ Dem Ex-Coach, der nach zehn Niederlagen am Stück gehen musste. Mitten in der Saison.

Im linken Rückraum am stärksten

Auch im Handball zählen eben Ergebnisse. Also lassen wir Zahlen sprechen. In den vergangenen fünf Bundesligapartien hat Weiß 24-mal getroffen – bei lediglich zwölf Fehlversuchen. Um die Wandlung noch besser zu dokumentieren, hier die Daten zuvor im Jahr 2018: ein Tor in zwei Spielen. „Sicher hat mir der Trainerwechsel einen kleinen Schub gegeben“, so Weiß.

Das mag damit zusammenhängen, dass er und der Coach sich seit fast zehn Jahren kennen, so lange schon ist Weiß beim TVB. Die beiden wissen, wie jeder tickt. Und im gemeinsamen Gespräch wurde die Marschroute festgelegt, dass Dominik Weiß künftig auf seiner Lieblingsposition im linken Rückraum auflaufen wird. „Dort fühlt er sich am wohlsten und ist am stärksten“, sagt Schweikardt.

Realismus beim Thema Nationalmannschaft

Für den Spieler war es eben Fluch und Segen zugleich, dass er auch auf Linksaußen oder sogar im rechten Rückraum spielen kann, wo die Not im Laufe der Saison am größten war. Doch die Abläufe gehen dann eben nicht in Fleisch und Blut über, zumal der 29-Jährige nach einer Schienbeinverletzung noch einen Teil der Vorbereitung, also der wichtigsten Phase der Saison, verpasst hatte.

Dennoch glaubte der Trainer Schweikardt stets an die Fähigkeiten des Spielers: „Ich habe immer betont, dass er nicht zu Unrecht bei der Nationalmannschaft war.“ Auch wenn es ein kurzes Intermezzo blieb. Zwei Spiele waren es, damals noch unter Dagur Sigurdsson, der an dem Stuttgarter ebenfalls schätzte, dass er sowohl in Angriff als auch Abwehr eingesetzt werden kann.

Das Thema Nationalteam sieht Weiß realistisch: „Ich wäre der Letzte, der nein dazu sagen würde, auch wenn ich nicht davon ausgehe, dass etwas passiert.“ Aber gerade die Diskussionen zuletzt um den neuen Bundestrainer Christian Prokop haben offenbart, dass nichts in Stein gemeißelt ist. Einstweilen konzentriert sich Weiß voll auf den TVB und den Kampf gegen den Abstieg.

Vertrag beim TVB Stuttgart läuft bis 2019

Schließlich will er auch nächste Saison Bundesliga spielen – und zwar beim TVB. So viel steht zumindest fest, nachdem zuletzt auch der TVB Lemgo und FA Göppingen ihre Fühler ausgetreckt hatten. Vergebliche Liebesmüh’, nicht nur weil er noch einen Vertrag bis 2019 besitzt. „Den werde ich erfüllen.“ Und dann? Will selbst der treue Weiß einen Wechsel nicht komplett ausschließen: „Natürlich wäre es vielleicht mal reizvoll, eine andere Stadt kennenzulernen.“ Bisher ist er über die schwäbischen Grenzen nicht hinausgekommen. Geboren in Göppingen, wo sein Vater Willi einst ein Idol bei Frisch Auf war, Schorndorf – und dann TVB. Hier hat er viele Höhen und wenige Tiefen erlebt. „Wenn er nah auf die Abwehr geht, ist er kaum zu halten“, sagt Schweikardt über die Qualitäten des 2,09-Meter-Mannes, der aber auch seine sensiblen Seiten hat. Nach einem Fehlwurf fehlte ihm oft das Selbstvertrauen. „Natürlich waren die letzten Spiele Balsam auf die Wunden“, gibt Weiß zu.

Nebenbei feilt er noch intensiv an einer zweiten Karriere: Beach-Handball. Da ist er seit Langem mit Feuereifer dabei, auch wenn Deutschland in der Weltspitze etwas hinterherhinkt. „Das liegt auch daran, dass die Sportart noch nicht olympisch ist“, weiß Weiß. Auf Sand spielt „der Lange“, wie er genannt wird, übrigens am Kreis. Die Position fehlt ihm in der Halle noch.