Seit 2013 wohnt Dörte Meinerling an der Alten Weinsteige. Die Anwohnerin hat mehrere Ideen für das Areal rund um den Santiago-de-Chile-Platz. Foto: Julia Bosch

Verbaute Sicht, Verkehrschaos, feiernde Jugendliche: Bisher haben sich Anwohner vor allem negativ gegenüber dem geplanten Panoramacafé am Santiago-de-Chile-Platz in Stuttgart-Degerloch geäußert. Eine Stadtplanerin und Nachbarin sieht in den Plänen aber großes Potenzial.

Degerloch - Die eigene Sicht wird verbaut, der Verkehr könnte zunehmen und der Santiago-de-Chile-Platz soll nicht zum Treffpunkt für Saufgelage werden: Die direkten Anwohner haben mehrere Gründe, warum sie die Neubaupläne für den Haigst ablehnen. Aus dem bisherigen Kiosk neben dem Aussichtspunkt soll ein Laden mit Bäckerei und Café inklusive Aussichtsterrasse werden. Weil das Gebäude höher werden soll als der bestehende Kiosk und möglicherweise auch mehr Leute anlockt als bisher, haben viele Degerlocher Vorbehalte gegen das Projekt.

Dörte Meinerling sieht es etwas anders. Sie ist selbst Stadtplanerin – aber auch Nachbarin. Seit sieben Jahren wohnt sie nahe der Wielandshöhe; durch ihren Garten verläuft die Grenze zwischen Degerloch und Stuttgart-Süd. „Eine bessere Nahversorgung wäre bei uns wünschenswert“, sagt sie. Die meisten würden auch für kleine Besorgungen, etwa Brot, nach Degerloch oder zum Marienplatz fahren. Gerade für ältere Menschen stelle dies ein Problem dar. Damit bläst die Stadtplanerin ins gleiche Horn wie ihre Kollegin von der Stadt Stuttgart, Susanne Frucht. Bei der öffentlichen Anhörung zu dem Thema kürzlich hatte diese betont, dass es wünschenswert sei, dass sich jeder Anwohner innerhalb von 500 Metern mit den Waren des täglichen Bedarfs eindecken könne.

Ganzes Areal sollte autofrei werden

Doch für Dörte Meinerling ist die Nahversorgung nicht der einzige Grund, warum sie die Abrisspläne für den Kiosk befürwortet: „Mit dem Neubau könnte ein schöner, kleiner Quartierstreffpunkt entstehen.“ Auch ihre Nachbarn würden dies so sehen. Doch damit dort ein echter Treffpunkt entstehen kann, bräuchte es mehr als den Laden mit Café und Bäckerei, sagt sie: „Drei Punkte sind wichtig: die Gestaltung, das Soziale und der Verkehr.“

So würde sie es befürworten, wenn das Areal rund um die Haigst-Kirche, den Santiago-de-Chile-Platz und den geplanten Neubau keine Straßenkreuzung bliebe. Stattdessen sollte ein richtiger Platz ohne Autoverkehr daraus werden.

Außerdem ist sie der Meinung, dass die Haigst-Kirche mehr zum Treffpunkt werden müsste – etwa durch Angebote für Familien. Dörte Meinerling hat selbst ein Kind, „und mir ist aufgefallen, dass sich die Kinder bei uns in der Gegend kaum kennenlernen“. Dies liege vor allem daran, dass sich manche Familien mehr in Richtung Degerloch, andere mehr in Richtung Stuttgart-Süd orientieren würden. Zudem hält sie es für wichtig, dass nicht nur zwischen den Anwohnern eine bessere Vernetzung stattfindet, sondern auch zwischen dem künftigen Café, der Kirche und dem Gemeinschaftsgarten El Palito.

Verkehrssituation muss sich ändern, fordert sie

Doch damit das alles funktionieren kann, müsste der Verkehr an der Alten Weinsteige besser geregelt werden, fordert Dörte Meinerling. Zur Erinnerung: Abgesehen von Anwohnern dürfen Autofahrer von Degerloch aus kommend nur bis zur Wielandshöhe fahren. Vom Süden her kommend herrscht ein komplettes Durchfahrverbot. Daran halten sich aber etliche Autofahrer nicht, bei einer Kontrolle wurden jüngst innerhalb von nur 45 Minuten stattliche 50 Falschfahrer gezählt.

„Viele übersehen das Sackgassen-Schild am Haigst“, meint Dörte Meinerling. „Eigentlich sollte bereits dort etwas eindeutig signalisieren, dass es nicht bis unten weitergeht.“ Denn wenn Autofahrer erst an der Wielandshöhe das Durchfahrtsverbot durchschauten, sei das Umdrehen schwierig: „Die Leute fahren dann an der Schranke vorbei oder fahren diese sogar um.“ Zudem würden regelmäßig Außenspiegel von parkenden Autos beschädigt werden. „Die Zacke, Autos aus zwei Richtungen, parkende Autos und Radfahrer: Das ist zu viel für die schmale Straße.“ Sollte sich die Verkehrssituation dort ändern, stünde Dörte Meinerling komplett hinter dem Neubau. „Dann würde auch ich dort öfter einkaufen gehen.“