Das wohl bekannteste Werk von Gustav Klimt: „Der Kuss“ – ein anderes, verschollenes Werk ist nun wieder aufgetaucht – der Name: „Zwei Liegende“. Foto: APA

Ist es die erste Spur zu einem Kunstschatz? Wie aus einem Krimi wirken die Hintergründe, die zur Wiederentdeckung einer Zeichnung von Gustav Klimt führten. Der Name Gurlitt fällt auch.

Linz - Die seit Jahrzehnten verschollene Zeichnung „Zwei Liegende“ des Jugendstilkünstlers Gustav Klimt (1862-1918) ist wieder aufgetaucht. Eine 1977 pensionierte Sekretärin der Neuen Galerie der Stadt Linz hatte das Werk nach Angaben der Stadt in einem Schrank versteckt und verfügt, es solle nach ihrem Tod wieder dem Museum ausgehändigt werden. 2017 starb sie. Das Bild werde nun im Lentos Kunstmuseum in der Ausstellung „1918 - Klimt.Moser.Schiele Gesammelte Schönheiten“ (16. Februar bis 21. Mai 2018) präsentiert, teilte die Stadt am Dienstag mit.

Die Zeichnung ist Teil eines aus vier Werken bestehenden möglichen Kunstschatzes, der seit Jahrzehnten unauffindbar ist. Verschollen sind noch drei Egon-Schiele-Werke: das Ölgemälde „Tote Stadt“, das Aquarell „Junger Mann“ und die Zeichnung „Paar“. Nun bestehe die Hoffnung, dass auch diese Gemälde wieder auftauchen könnten, hieß es. Eine Belohnung für die Wiederbeschaffung von 5000 Euro bleibe bestehen.

Echtheit der Werke steht noch nicht fest

Hinter allem steht aber auch ein großes Fragezeichen: „Die Existenz der Schiele-Werke ist bis dato nur durch die Leihscheine nachgewiesen. Es steht jedoch nicht fest, ob sie echt sind oder falsch, und es gibt auch keine Abbildungen“, sagt der Linzer Kulturdirektor Julius Stieber. Die Nachforschungen seien entsprechend schwierig. Nur von der Klimt-Zeichnung war laut Stieber bekannt, dass sie 1964 an die Albertina in Wien verliehen und zurückgegeben wurde. Danach verlor sich ihre Spur.

Das Landeskriminalamt wird seine Ermittlungen wieder aufnehmen. „Wer auch immer noch ein verschwundenes Bild hat, wird sich spätestens jetzt die Frage gefallen lassen müssen, ob er ein Hehler ist oder soll so vernünftig sein, den rechtmäßigen Erwerb darzulegen“, sagte ein Behördensprecher der Nachrichtenagentur APA.

„Es ist wie ein Krimi“, sagte der Linzer Bürgermeister Klaus Luger bei der Pressekonferenz. In ihrem Testament gab die Sekretärin an, sie habe bemerkt, dass drei Leihgaben in der Neuen Galerie nicht ordnungsgemäß dokumentiert gewesen seien. Der damalige Museumsleiter Walter Kasten habe ihr daraufhin die Klimt-Zeichnung gegeben - „mit der Bitte zu schweigen“, schildert Stieber.

Alle vier Werke waren einst im Besitz der Künstlerin Olga Jäger, die die Gemälde 1951 dem Museum als Leihgabe zur Verfügung stellte. Zu diesem Zeitpunkt hieß der Leiter der Neuen Galerie Wolfgang Gurlitt - er hatte das Museum auch gegründet. Wolfgang Gurlitt wird mit NS-Raubkunst in Verbindung gebracht und ist mit Cornelius Gurlitt verwandt, dessen in einer Münchner Wohnung entdeckte Kunstsammlung in den vergangenen Jahren international für Schlagzeilen sorgte. Die Leihscheine damals habe aber Wolfgang Gurlitts Mitarbeiter Kasten unterschrieben, betont Stieber.

Gemälde waren nicht mehr auffindbar

Nach dem Tod der Künstlerin Jäger bemühten sich die Erben um Rückgabe der Gemälde, die aber nicht mehr auffindbar waren. Mit dem Leihschein in der Hand klagten sie auf Schadenersatz. 2011 sprach der Oberste Gerichtshof (OGH) ihnen für die Schiele-Zeichnung „Paar“ 100 000 Euro zu, 2017 musste die Stadt laut rechtskräftigem Urteil für die weiteren drei Werke 8,21 Millionen Euro an die Erben zahlen.

Doch damit ist der Rechtsstreit doch noch nicht zu Ende. Nachdem sich herausstellte, dass die Mutter der Erben bereits 1990 die Herausgabe der Bilder verlangt hatte, stellt sich nun die Frage, ob die Ansprüche der Erben verjährt waren. Über die Wiederaufnahme des Verfahrens will demnächst das Landgericht Linz entscheiden.

Nach Darstellung eines Stadtsprechers gibt es „keine ernstzunehmenden Hinweise“, dass sich noch mehr verschollene Bilder im Besitz der Sekretärin befanden.