Die beiden Spiegelberger Wetzstoihexen sind heute ein Schabernack, früher fürchteten sich die Leute vor Unholdinnen. Foto: Gottfried Stoppel

Mysteriöse Geschichten und wahre Begebenheiten aus dem Kreisgebiet: Die Hexenverbanner aus dem Welzheimer Wald haben nicht nur Knoblauch angewandt.

Welzheim - In der Nacht vom 30. April auf den 1. Mai soll ja allerhand los sein. In der Walpurgisnacht, so der Volksglaube, reiten die Hexen auf den Blocksberg, um zu feiern. Wo dieser zu finden ist, weiß man nicht so genau. Der Brocken im Harz soll es sein, doch in abgelegenen Wäldern wie dem Schwäbischen Wald kann man sich mit etwas Fantasie schon auch vorstellen, dass dort Hexen ihr Unwesen treiben. Tatsächlich gibt es aus der Gegend allerhand an abergläubischen Überlieferungen. Zwar wird darin nichts von der Walpurgisnacht berichtet, weniger schaurig sind die Geschichten deshalb aber nicht, denn danach trieben die Unholdinnen das ganze Jahr über ihr Unwesen – bevorzugt freitags.

Missionare verbieten heidnische Riten

Nochmals zurück zur Walpurgisnacht: Diese galt wohl in vorchristlicher Zeit als Beginn des Frühlings. Das wurde mit großen Feuern und Freudentänzen zu Ehren des Sonnengottes Bel gefeiert, der „Asterix“-Lesern als Belenus bekannt ist. Durch die christlichen Missionare wurden derartige heidnische Riten verboten, mit der Zeit wurde aus einem harmlosen, ausgelassenen Freudenfest ein Tanz der Teufel, bei dessen Erwähnung den Zuhörern ordentlich das Gruseln kam.

Die Vorstellung, Hexen könnten durch ihr Unwesen Menschen schaden, war hierzulande bis in das 20. Jahrhundert hinein weit verbreitet. Zeugnis davon legen Geschichten ab, denen wie den modernen Sagen von der Vogelspinne in der Yucca-Palme oder der durch einen Mikrowellenherd verbrannten Niere eines Kochs scheinbar ein wahrer Kern innewohnt. Wer für solche Geschichten empfänglich ist, dem rinnt nächtens im finsteren Wald der Angstschweiß den Rücken hinab.

Aus der Gegend des Schwäbisch-Fränkischen Waldes und insbesondere aus dem Welzheimer Wald sind eine Fülle solcher gruseligen Geschichten überliefert. So gibt es eine ganze Sammlung von Hexenregeln aus dem Welzheimer Wald, nachzulesen in dem Buch „Von Erdluitle und dem Wilden Heer“ aus dem Jahr 1996, das mittlerweile leider nur noch antiquarisch erhältlich ist. „Freitag ist Hexentag. An diesem Tag darfst du kein Vieh handeln, besehn oder gar schlachten“, heißt es darin. „Beobachte Hunde und Pferde. An ihrem Benehmen kannst du sehen, ob es eine Hexe ist, die auf deinen Hof kommt. Sie erkennen diese am schnellsten.“ Sollte das der Fall sein, sollte Knoblauch helfen.

Wenn das nichts nutzte, sollte man einen Hexenbanner rufen. Das waren die männlichen Pendants zu den Hexen, denen man ebenfalls unterstellte, mit übersinnlichen Mächten im Bund zu sein. Ihr Ruf war durchaus ambivalent: Hoffte man durch sie einerseits Hilfe zu bekommen, hatten andererseits viele Angst vor den meist etwas kauzigen und unheimlichen Männern.

Geisterhafte schwarze Katze

Vom Schleiferles Gottfried, der um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert in der Gegend von Kaisersbach lebte, werden solche Geschichten erzählt. Wie jene um eine Magd in Horlachen, die nachts trotz verriegelter Kammer von einer geisterhaften schwarzen Katze und einem ebenso unwirklichen weißen Hund zerschunden wurde. Außergewöhnlich an der Geschichte ist, dass sie von einem Augenzeugen erzählt worden sein soll, der mit Namen genannt wird. Es dreht sich um den damals 13-jährigen „Knechtle“ des Hofes, der mittlerweile verstorben ist.

Dass manches einfach nur Einbildung ängstlicher Zeitgenossen war, wird nicht ohne Schadenfreude ebenfalls kolportiert. So erblickte ein nächtlicher Radfahrer immer bei Neumond den Fallengeist in Gestalt einer pechschwarzen Katze bei Gschwend-Altersberg. Außerdem sah er immer ein Licht in der Fallenwiese, wenn er vorbeiradelte. Dieses entpuppte sich jedoch als Spiegelung seines Fahrradlichts in der Glasscheibe eines Busfahrplans.

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