Schätzungen zufolge fehlen bereits jetzt Zehntausende Wohnungen im Land Foto: dpa

Die Wohnungsnot im Land wird sich wohl weiter zuspitzen. Die Zahl der Freigaben für Neubauten im ersten Quartal 2019 soll um ein Fünftel zurückgegangen sein.

Stuttgart - Trotz aller Bemühungen von Kommunen und Landesregierung dürfte sich die Wohnungsnot im Land weiter zuspitzen. Der Geschäftsführer des baden-württembergischen Landesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) hat den jüngsten Einbruch bei den Baugenehmigungen im Südwesten als „alarmierendes Signal für alle Wohnungssuchenden“ bezeichnet. Nach Ende Mai veröffentlichten Daten des Statistischen Landesamtes war die Zahl der Freigaben für Neubauten im ersten Quartal 2019 um ein Fünftel zurückgegangen. Wie es in diesem Jahr weitergehe, könne er zwar nicht vorhersagen, sagte BFW-Geschäftsführer Gerald Lipka. Der Einbruch sei aber dramatisch.

Dabei fehlen Schätzungen zufolge schon jetzt Zehntausende Wohnungen im Land. Im vergangenen Jahr waren rund 35 000 neue Wohnungen in Baden-Württemberg gebaut worden. Das Wirtschaftsministerium geht auf Basis einer Studie von 2017 bis 2020 von einem jährlichen Neubaubedarf von 65 000 Wohnungen aus.

Preise 2018 in Mannheim und Stuttgart am stärksten gestiegen

Lipka sieht neben der hohen Auslastung der Handwerksbetriebe als zentralen Faktor den Mangel an Grundstücken. „Fakt ist, dass wir Grundstücke nicht verfügbar haben“, sagte er. Das mache Immobilien zusätzlich auch teurer: „Wenn nur wenige baureife Grundstücke im Angebot sind, steigen die Preise.“ Einer Analyse des Immobilienverbands Deutschland zufolge waren die Preise für Häuser und Wohnungen 2018 in Mannheim und Stuttgart landesweit am stärksten gestiegen - um rund die Hälfte.

Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) hatte erst jüngst ein Paket im Kampf gegen die Wohnungsnot vorgestellt. Neben neuen Förderkonditionen im Rahmen des Wohnraumprogramms des Landes war darin ein Fonds enthalten, der klammen Kommunen helfen soll, Grundstücke zu kaufen. In den Grundstücksfonds fließen rund 50 Millionen Euro, die im Jahr 2017 eigentlich in den sozialen Wohnungsbau gehen sollten, aber nicht abgerufen wurden. 2018 waren das rund 100 Millionen Euro - über deren Einsatz muss aber noch entschieden werden. „Selbstverständlich können die Gemeinden die über den Grundstücksfonds erworbenen Baugrundstücke auch an private und nicht nur an kommunale Wohnungsbauunternehmen vergeben“, sagte die Wirtschaftsministerin.

BFW soll jede zweite Wohnung in Deutschland bauen

BFW-Geschäftsführer Lipka forderte, es müsse auch wirklich sichergestellt werden, dass dann beim Bau auch private Firmen zum Zuge kämen nicht nur kommunale Bauträger. Der BFW baut eigenen Angaben zufolge jede zweite Wohnung in Deutschland.

Die jüngst vorgestellte Novelle Landesbauordnung hält Lipka unterdessen - wie andere Verbände auch - nicht für den großen Wurf. Die Änderungen sollen das Bauen erleichtern. So wurden die starren Regelungen für Fahrradstellplätze oder Barrierefreiheit gelockert. Auch die Pflicht für einen Wäscheraum wurde aufgehoben.

Vorgaben auf kommunaler Ebene gehörten aber ebenfalls auf den Prüfstand, forderte Lipka. Bauen müsse zu wirtschaftlichen Bedingungen möglich sein. „Wer es vorne teuer macht, kann hinten keinen preiswerten Wohnraum erwarten.“ Das gelte auch für Vorgaben im sozialen Wohnungsbau. Quoten für Sozialwohnungen, die in Ballungszentren sinnvoll seien, seien möglicherweise auf dem Land überflüssig. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums haben gut die Hälfte der Menschen in Baden-Württemberg Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein.