Grünen-Landtagsfraktionschef, Oberbürgermeister – und nun IHK-Hauptgeschäftsführer: Dieter Salomon Foto: dpa

Der im Mai 2018 spektakulär abgewählte grüne Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon ist wieder da: Die Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein wählte ihn zum neuen Hauptgeschäftsführer – trotz Bettensteuer und Gewerbesteuererhöhung.

Freiburg - Zehn Monate nach seiner spektakulären Wahlniederlage am 6. Mai 2018 steht der frühere Freiburger Oberbürgermeister Dieter Salomon wieder im Rampenlicht. Die Vollversammlung der Industrie- und Handelskammer Südlicher Oberrhein hat den 58-Jährigen zum Hauptgeschäftsführer gewählt. Der Grünen-Politiker soll die berufsständische Körperschaft des Öffentlichen Rechts mit 63 000 Pflichtmitgliedern führen. Die 120 Mitarbeiter zählende Kammer übt in der Aus- und Weiterbildung hoheitliche Rechte aus, agiert aber auch als Lobbyorganisation der Unternehmer.

„Kein Comeback in die Politik durch die Hintertür“ sei das, betonte Salomon beim ersten Auftritt am Freitag. Den Politiker Salomon gebe es nicht mehr, dafür jetzt den Wirtschaftsvertreter. „Wirtschaft“ habe ihm immer Spaß gemacht, Erfahrungen habe er als Aufsichtsratschef etwa der Sparkasse und städtischer Tochtergesellschaften genug gesammelt. Und so habe er sich direkt „angesprochen“ gefühlt, als er die Stellenanzeige der IHK nach Aufforderung eines früheren Sparkassen-Vorstandes gelesen habe. „Er hat richtig Lust auf diese Aufgabe“, lobt IHK-Präsident Steffen Auer seinen neuen Hauptgeschäftsführer, „er kann ein Türöffner sein, „ er sei „gut vernetzt“, „ein gescheiter Kopf, ein guter Redner und Experte der öffentlichen Verwaltung“, kurz: „eine Bereicherung“ für die IHK.

Gegenstimmen wegen Bettensteuer

In der Vollversammlung der 50 Unternehmer und Gewerbetreibenden – Handwerk, Landwirtschaft und Freiberufler haben eigene berufsständische Einrichtungen – gab es wohl nicht nur Lob. Es gab auch Gegenstimmen. Denn in Salomons Zeit als Oberbürgermeister wurde der Hebesatz für die Gewerbesteuer angehoben und die Bettensteuer für Übernachtungsbetriebe eingeführt. Beides Maßnahmen, die IHK und Hotel- und Gaststättenverband grimmig als „wirtschaftsfeindlich“ bis heute beklagen. Diese Position muss auch Salomon künftig vertreten, stellte der Präsident klar. Denn „das Meinungszentrum ist die Vollversammlung“, und was sie beschließt ist bindend für die Geschäftsführung.

Kein Problem für Salomon: „Andere Rolle, anderes Selbstverständnis“. Dass er deswegen als „Wendehals“ gelten könnte, findet er „eine Unverschämtheit“. Die Steuern hätten im übrigen die Gemeinderäte zu verantworten gehabt, er habe sie halt vertreten.

Vom Alphatier zum Teamarbeiter

Nun soll also das „Alphatier“ – so Salomon über Salomon – als Teamarbeiter und Zuarbeiter des ehrenamtlichen Präsidenten eher im Hintergrund wirken? Der Oberbürgermeister einer Großstadt, Chef einer Stadtverwaltung mit 4500 Beschäftigten und davor Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, wurde immer wieder als Kandidat für hohe politische Ämter gehandelt. Das ist mit dem neuen Job, den Salomon fünf Jahre lang machen möchte, vorbei.

Dann wird er kurz vor der Pensionsgrenze stehen, das Ruhegehalt (als OB und Landtagsabgeordneter), das bis dahin ruht, wird dann wieder aufleben. Eine öffentliche Rolle wird er in Freiburg bis dahin wieder spielen. Ob ihn – außer Betten- und Gewerbesteuern – dann immer wieder seine Vergangenheit als am Ende gescheiterter Oberbürgermeister einholen wird? Oder seine markigen Sprüche gegen streikende Kita-Beschäftigte („Geiselhaft“), Gegner von Sonntagsverkäufen („Fundamentaltheologen“) und einmal auch gegen die „IHK-Idioten“? Es waren solche Ausfälle, die im kollektiven Freiburger Gedächtnis kursieren und die vor einem Jahr mit dazu beigetragen haben, dass ein junger und unbekannter Politneuling von außerhalb den Platzhirsch nach 16 Amtsjahren regelrecht deklassierte.

Wenig Glückwünsche aus den eigenen Reihen

Die Vergangenheit spiele keine Rolle mehr, darüber habe man sich in der Vollversammlung ausgesprochen. „Wir werden mit Taten überzeugen“, versichert IHK-Präsident Auer. Und was ist mit den unumgänglichen Kontakten zwischen IHK-Spitze und dem Freiburger Rathaus mit dem Salomon-Bezwinger Martin Horn? „Ich habe mich im Vorfeld mit Herrn Horn über die Personalie Salomon abgestimmt“, erklärt Steffen Auer. „Da ist gar nichts problematisch“. Der neue Hauptgeschäftsführer selbst sieht auch diesen Rollenwechsel „professionell“. Außerdem: „Es muss nicht immer alles über den OB gehen“, wisse er aus Erfahrung. Man müsse die Leute kennen, die man anrufen kann.

Die Überraschung, dass der erste „grüne“ Oberbürgermeister einer Großstadt nun der erste „grüne“ Hauptgeschäftsführer einer IHK wird, ist in Freiburg groß. Auch bei seinen Parteifreunden. Viele Glückwünsche habe er aber nicht bekommen, räumt Salomon ein. Einen von Finanzministerin Edith Sitzmann und einige aus der Gemeinderatsfraktion. Es scheint ihn nicht zu stören, ein Parteisoldat war er nie. Der Grünen-Kreisvorsitzende Hubert Germann wünscht „dem überzeugten Umweltpolitiker‘“ Salomon in ein paar Sätzen „ein glückliches Händchen und allen Erfolg“.