Die Grünen legen einen Plan für eine CO2-Steuer vor: Kerosin und Benzin sollen teurer werden, der Kohleausstieg zügig eingeleitet werden. Foto: dpa

Klimaschutz gehört zu den Kernthemen der Grünen. Doch wie genau wollen sie den CO2-Ausstoß in Deutschland drücken? Und wie bekämen Bürger und Wirtschaft das zu spüren? Nun liegt ein Konzept vor.

Berlin - Benzin und Heizwärme aus fossilen Brennstoffen sollen teurer werden, der Strompreis dagegen soll sinken: Die Grünen wollen mit einem CO2-Preis und lenkenden Anreizen den Klimaschutz in Deutschland voranbringen. So steht es im Konzept, das die Grünen am Freitag vorgestellt haben. „Es geht nicht darum, die Staatskasse zu füllen“, sagte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Die Grünen wollten vielmehr, dass der Klimaschutz mit „Tempo und konkretem Handeln“ vorankomme.

Wie das genau gelingen soll, haben alle führenden Grünen-Politiker aus Bund und Ländern in einem „Sofortprogramm für den Sommer 2019“ dargelegt. Dieser Titel erlaubt es ihnen, elegant einen internen Streit zu umschiffen. Während Fraktionschef Anton Hofreiter schon oft dafür eintrat, dass ab 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen werden, hält Kretschmann von diesem Enddatum überhaupt nichts. Im Programm findet sich die 2030-Idee denn auch mit keinem Wort. Doch zur Gesichtswahrung können Hofreiter und seine Mitstreiter darauf verweisen, dass sie das Enddatum für die „Verbrenner“ ja eh nie für den Sommer 2019 angestrebt hatten.

Kaufprämie für Elektroautos soll Bonus-Malus-System weichen

Weil der Programmname den Streitpunkt jedenfalls fürs Erste löst, können der Ministerpräsident und der Fraktionsvorsitzende an diesem Freitag traute Eintracht bekunden. Sie schlagen vor, einen CO2-Preis von 40 Euro je Tonne für Mobilität und Heizen einzuführen und die Kaufprämie für Elektroautos abzuschaffen. An deren Stelle soll ein Bonus-Malus-System in der Kfz-Steuer treten: Für das strombetankte Auto gibt es einen Kaufanreiz von 5000 Euro, der Malus für schwere Geländewagen mit hohem CO2-Ausstoß mache, so Hofreiter, 500 bis 600 Euro aus.

Kretschmann sieht ganz entspannt aus, als Hofreiter den Malus schildert. Ob der nicht den schwäbischen Premiumherstellern schade, lautet nun eine Frage. „Da machen Sie sich mal keine Sorgen“, antwortet der Ministerpräsident. Diese Hersteller nähmen derzeit Elektrowagen und Hybridwagen in ihr Sortiment auf. Vom Porsche Taycan, einem reinen E-Wagen, sei eine ganze Jahresproduktion schon bestellt: „Ich wüsste nicht, was da das Problem eines Bonus-Malus-Systems sein sollte.“ Überhaupt habe er von der baden-württembergischen Wirtschaft noch nie Kritik an einer CO2-Bepreisung gehört. Bosch zum Beispiel habe erklärt, 2020 klimaneutral sein zu wollen.

Kretschmann: Bundesregierung bleibt beim Klimaschutz untätig

Sorge bereitet dem Ministerpräsidenten etwas ganz anderes. Weil auf den Weltmärkten künftig klimafreundliche Produkte gefragt seien, komme es darauf an, welche Hochtechnologieregion dabei führend werde: „Wir sind da in einer Sandwichposition zwischen dem Silicon Valley und China.“ Umso misslicher ist für Kretschmann, dass die Bundesregierung beim Klimaschutz untätig bleibe. Normalerweise liefere die Opposition Überschriften, und die Regierung handele: „Jetzt ist es umgekehrt.“

Umgekehrt bedeutet, dass die Grünen für sich in Anspruch nehmen, nicht bloß irgendwelche Wünsche vorzubringen, bloße Überschriften halt. Was der Staat über den CO2-Preis einnimmt, betont Parteichefin Annalena Baerbock, gibt er durch die Senkung der Stromsteuer und ein Energiegeld von 100 Euro je Kopf und Jahr zurück. Fraktionschef Hofreiter betonte, die CO2-Bepreisung solle aufkommensneutral gestaltet werden. Das Aus der Stromsteuer bringe eine Entlastung um 6,5 Milliarden Euro, besonders auch für kleine und mittlere Firmen. Für einen Haushalt mit vier Personen werde die Stromrechnung wegen der Steuersenkung um etwa 60 Euro billiger. Zudem solle so ein Haushalt 400 Euro im Jahr Energiegeld bekommen. Benzin oder Diesel würden verschiedenen Berechnungen zufolge rund 10 Cent pro Liter teurer.

Mindestpreis von 40 Euro pro Tonne CO2

Auch für den europäischen Emissionshandel, in dem Energiewirtschaft und Teile der Industrie mit CO2-Zertifikaten handeln, wollen die Grünen einen Mindestpreis von 40 Euro pro Tonne einführen. Das entspräche Einnahmen von rund 15 Milliarden Euro. Derzeit schwankt der Preis um 25 Euro.

Baerbock mahnt auch, gerade den Ausbau der Windenergie an Land und der Solarenergie zu beschleunigen und die Stromerzeugung in Kohlekraftwerken so zu mindern, wie es die sogenannte Kohlekommission vorschlägt. „Die Zeit drängt“, sagt Baerbock, und Kretschmann fügt an: „Klimaschutz ist die Menschheitsaufgabe des 21. Jahrhunderts und nicht irgendeine grüne Spielwiese.“