Die Landesregierung lässt untersuchen, ob beim Straßenbau das Geld richtig eingesetzt wird Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Das Gutachten einer Kölner Managementberatung soll Grün-Rot zeigen, ob die derzeitigen Strukturen passen oder Landesbehörde besser ist. Die Untersuchung soll im Dezember vorliegen.

Stuttgart - Auf Seite 28 des Koalitionsvertrags von Grünen und SPD in Baden-Württemberg steht ein Satz, den man leicht übersehen kann, der aber an Klarheit eigentlich nicht zu überbieten ist. „Wir werden schnellstmöglich prüfen, ob durch die Einführung eines Landesbetriebs Straßen die Bewirtschaftung der Bundes- und Landesstraßen wirtschaftlicher gestaltet werden kann.“ Nun sind es gerade mal noch fünf Monate bis zur Landtagswahl, und der Begriff „schnellstmöglich“ wurde seit der Regierungsübernahme im Frühjahr 2011 offenbar nicht ganz so ernst genommen. Aber am Ziel lässt die Landesregierung nicht rütteln.

Wie erst jetzt bekanntwurde, hat Grün-Rot schon vor Monaten der BSL Managementberatung in Köln den Auftrag erteilt, die Straßenbauverwaltung im Land zu untersuchen. Das geschehe völlig „ergebnisoffen“, versicherte am Montag der Sprecher von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) unserer Zeitung. Aber Insider, die seit längerem in den Prozess eingeweiht sind, fürchten, dass Grün-Rot seinen Zentralisierungskurs wie bei der Polizeireform fortsetzen könnte. Dort wurden bekanntlich aus vier Landespolizeidirektionen und je einer Direktion pro Landkreis zwölf Mammutpräsidien.

Verwaltungsrefom von Erwin Teufel würde rückgängig gemacht

Zur Erinnerung: Der ehemalige Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) hatte im Zuge seiner Verwaltungsreform im Jahr 2005 über 300 staatliche Sonderbehörden aufgelöst, darunter auch die Straßenbauämter. Ein Teil der Zuständigkeiten – zum Beispiel für Bau, Erhalt und Betrieb der Autobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen – ging an die Regierungspräsidien, ein Teil wurde bei den Landratsämtern angesiedelt. „Diese Aufgabenteilung hat sich bewährt. Wir sind vor Ort und wissen, wo gehandelt werden muss“, heißt es bei den betroffenen Verwaltungen. Vor allem in den vier Regierungspräsidien in Tübingen, Stuttgart, Karlsruhe und Freiburg ist man von der Möglichkeit, dass die Straßenbauabteilungen mit jeweils bis zu 300 Mitarbeitern in einer Landesbehörde gebündelt werden könnten, überhaupt nicht begeistert. „Das macht keinen Sinn“, sagt ein Betroffener.

Auch bei der Opposition im Land entfachen die Überlegungen keine Begeisterungsstürme. „Da wird eine funktionierende Verwaltung zerschlagen. Zudem würde wichtiges Know-how verloren gehen“, meint einer aus der CDU-Fraktionsführung.

Grün-Rot ahnt, dass das Thema kurz vor der Wahl heikel werden könnte, zumal wenn Landräte ihre Zuständigkeit für den Straßenbau verlieren könnten und mancher Bürgermeister um den sicher geglaubten Straßenausbau in seinem Umfeld fürchten müsste. Da sei „noch nichts entschieden“, wird deshalb im Hermann-Ministerium versichert. Ziel der Untersuchung sei zu prüfen, wie „die Straßenbauverwaltung effizienter gemacht werden kann“. Dass die Gutachter – Honorar offenbar bis zu 600 000 Euro – am Ende vielleicht einen Landesbetrieb vorschlagen, sei zwar denkbar, aber keineswegs ausgemacht. Möglicherweise wird die Landesregierung nach der Prüfung und vor der Umsetzung des Gutachtens ja in Nordrhein-Westfalen anrufen. Dort wurde die Straßenbauverwaltung bereits in einen Landesbetrieb gepackt, der Rechnungshof kam aber zu dem Ergebnis: keine Einsparung.