Flaniermeile und Hocketse – die Ost-Nacht in Gablenberg. Foto: Georg Linsenmann

In lauer Sommerluft feiert der Stadtbezirk am Samstagabend gut gelaunt ein glänzend besuchtes Straßenfest. 73 Stationen vom Ostend-Platz bis zum Schmalzmarkt – das gibt es in Stuttgart bei keinem anderen Stadtteilfest.

S-Ost - Wer früher anfängt, kann länger feiern! Nach diesem erprobten Motto haben sich schon viele vor dem offiziellen Start der Langen Ost-Nacht am späten Samstagnachmittag auf der Gablenberger Hauptstraße in Stellung gebracht. Irgendwo zwischen Schmalzmarkt und Platz an der Holzinger-Gasse, den Fixpunkten auch der 18. Auflage des Stadtteilfestes, das eigentlich schon an der Ecke Schönbühlstraße beginnt, wenn’s am Eiscafé zur Feier des Tages auch Rostbratwurst und dergleichen gibt und des Andrangs wegen schnell noch Reservetische aktiviert werden. Und Action gibt es gleich beim Eingang in die Festmeile, wo Handball-Tore in Serie fallen oder verhindert werden und von wo bis vor Torschluss gegen Mitternacht die Light-Show blinkt und die Begeisterung bis zu den Bushaltestellen über die Kreuzung schallt.

Von Schlager bis Hip Hop

Wer fortan versuchen sollte, ein individuelles Tempo einzuschlagen, dürfte sich vorkommen wie Autofahrer zur Rushhour im Talkessel. Geht einfach nicht! Hier nun wirkt das wie eine Einladung, mit der sich im Unisono des Schlendertempos die Laune ganz von alleine hebt und der entschleunigende Puls des Festes zum Rhythmus des Abends wird. Beim Malen auf dem Wasser mit dem Förderverein Integration und Hausaufgabenhilfe sowieso. Verblüffenderweise aber sogar beim Hip Hop auf dem Schulhof, wo Nehss Normandie, Ash & Carmello in die Vollen gehen mit „Schall und Rauch“: „Was geht ab, Leute?! Macht mal ein bisschen Lärm für euch selbst!“, worauf sie aber statt des „real Street Gangsta-Shits“ lieber auf ihr Ladies-Projekt umsteigen, was ordentlich Jubel auslöst.

„Heute ist so ein schöner Tag“, säuselt ein paar Schritte weiter die Schlagersängerin, was quer rüber fast von „Frisch aus dem Ofen!“ übertönt wird, wo der Pizza-Bäcker David Kaiser den Lokalstolz auf das Stadtteilfest mit einem eigens für den Abend bedruckten T-Shirt auf den Punkt bringt: „London, Mailand, Paris, Gablenberg“. Metropolenmäßiges Format hat auch der heiß bespielte XXL-Tischkicker der Mobilen Jugendarbeit, wo das benachbarte Duo des Handharmonika Clubs auch noch drei Stunden später mit „Mama Mia“ große Nummern auflegt. Im Prinzip hat das alles aber den Charme und das Flair eines großen Nachbarschaftsfestes, mit der sagenhaften Zahl von 73 Stationen, „zu 80 Prozent von Vereinen bespielt“, wie Sebastiano Barresi vom Organisationsteam betont, während über dem Muse-O, das als Veranstalter fungiert, die Mauersegler schon für den Flug in den Süden üben.

Um 4 Uhr morgens ist die Straße wieder frei

Seit sechs Uhr früh ist Barresi auf den Beinen, und Kondition wird er noch ein bisschen brauchen, denn um 4 Uhr wird er bei der Polizeistation die Freigebe der Straße melden. Wenn alles aufgeräumt ist. „Ich bin zufrieden, die Leute sind zufrieden“, was er als „schwäbischen Ausdruck für glücklich sein“ verstanden haben will: „Die Leute sind entspannt, treffen sich, genießen den Abend, die Nacht.“ Wie etwa Franz Blersch, der am Schmalzmarkt, dem Hotspot des Festes, ein Bier genießt: „An der frischen Luft schmeckt es am besten! Man muss rausgehen und sich des Lebens freuen, solange man fit ist“, sagt der Senior, während sich weitere Bekannte und Freunde dazugesellen. Zum Finale geht auf dem Schmalzmarkt noch einmal die Post ab, als Überraschungsgast Chris Völcker bei SoulBeAround den Elvis gibt. Die funky Combo bringt den Platz zum Tanzen. Schwer zu glauben, dass auch diese herrlich lange Ost-Nacht einmal zu Ende gehen muss. Gut, dass sie früh begonnen hat!