Die Polizei sucht weiter nach dem 31-Jährigen, der am Sonntag Beamte entwaffnet hat. Er soll sich noch immer in den Wäldern um Oppenau herum verborgen halten. Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Der forensische Psychiater Peter Winckler hält die Zivilbevölkerung in Oppenau für nicht akut gefährdet durch den bewaffneten 31-Jährigen, der nach wie vor von der Polizei gesucht wird. „Ich will aber nicht der Polizist sein, der ihn stellt“, sagt der Experte aus Tübingen.

Oppenau - Schulen in Oppenau haben wieder geöffnet, auch das Freibad hat wieder aufgemacht. Doch von Normalität ist man in der keine 500 Einwohner zählenden Stadt im Renchtal wohl noch weit entfernt. Seit Sonntagmorgen durchkämmt die Polizei mit vielen Beamten die Wälder um die kleine Stadt, auf der Suche nach einem 31-Jährigen, der sich einer Verhaftung widersetzt und vier Polizisten entwaffnet hat.

Seitdem ist der Mann auf der Flucht, ausgerüstet mit den Dienstpistolen und den Waffen, die er zuvor schon dabei hatte. Und noch immer fehlt von ihm jede Spur. Im Internet solidarisieren sich indes die ersten mit ihm, einer hat sogar eine Onlinepetition an das Bundesverfassungsgericht gestartet: Der junge Mann habe niemandem etwas getan. Am Mittwochnachmittag hatte die Petition knapp 300 Unterstützer. Andere haben dagegen Angst vor dem Schwerbewaffneten.

200 Beamte im Einsatz

Die Polizei habe ihre Maßnahmen im Hintergrund verstärkt, sagte Sprecher Yannik Hilger am Mittwoch. Deshalb seien weniger Beamte zu sehen. In Oppenau im Ortenaukreis seien Präventionsteams unterwegs, um die Menschen zu beraten. Die Beamten kontrollierten weiter das Gebiet, in dem sich der Mann aufhalten könnte. Auch Spezialkräfte seien im Einsatz. Insgesamt seien es etwa 200 Beamte, sagte eine Sprecherin.

Gleichzeitig prüft die Polizei ein mögliches „Manifest“ des Mannes aus dem Oppenauer Raum. Es sei aber nicht gesichert, dass der Text tatsächlich von ihm stamme, sagte Hilger. Es sei keine politische Richtung daraus abzuleiten, es handele sich um einen Hinweis unter vielen. Der Text bestätige in erster Linie die Affinität des Mannes zum Wald, sagte Hilger. Wahrscheinlich sei er aus anderen Quellen zusammengeschrieben worden.

Zuvor hatten „Baden Online“ und die „Bild“-Zeitung über den Text berichtet, in dem es um Kritik an der Technisierung des Lebens und das einfache Leben im Wald geht. Laut „Baden-Online“ sei der Text in einem Lokal hinterlegt worden.

Entwaffnete Polizisten werden im Netz kritisiert

Der Mann, der keinen festen Wohnsitz hat, hatte am Sonntagmorgen bei einer Kontrolle in einer illegal von ihm genutzten Gartenhütte vier Polizisten mit einer Schusswaffe bedroht und sie gezwungen, ihre Dienstpistolen abzulegen. Anschließend flüchtete er mit den Waffen in den unwegsamen Wald, in dem er sich gut auskennt. Trotz des Großeinsatzes und einer Suche auch von der Luft aus wurde der Mann nicht gefasst. Er gilt als Waffennarr und ist mehrfach wegen Waffendelikten vorbestraft.

Die vier Polizisten, die am Sonntagmorgen den Mann aufgespürt und kontrolliert hatten, haben sich im Internet viel Häme und Kritik gefallen lassen müssen. Das kritisiert der forensische Psychiater Peter Winckler. „Ich fand es gut, dass sich die Polizisten haben entwaffnen lassen statt zu schießen“, sagt er, die Beamten hätten „sehr professionell reagiert“. Die Lage hätte sonst eskalieren können.

„Ich möchte nicht der Polizist sein, der ihn verhaftet“

Winckler kennt den Fall nur aus den Medien, Ferndiagnosen abzugeben liegt ihm fern. Darüber hinaus hält der Tübinger Experte, der bundesweit in Gerichtssälen gehört wird, wenn es um die Psyche schwerer Gewalttäter geht, die Zivilbevölkerung in Oppenau nicht für akut gefährdet durch den bewaffneten Mann, der nach wie vor von der Polizei gesucht wird. „Warum sollte er aus dem Wald herauskommen?“, fragt er. Der Flüchtige werde versuchen, seine Festnahme so lange wie möglich herauszuzögern.

Allerdings stehe der Mann sicher unter großem Stress. Insbesondere „wenn Sie über eine paranoide Grundausstattung verfügen, großem Misstrauen gegenüber dem Staat etwa, und dann permanent die Hubschrauber über Ihnen kreisen, erzeugt das natürlich einen Druck“. Winckler hält deshalb insbesondere den Moment der Festnahme für potenziell gefährlich. „Ich möchte nicht der Polizist sein, der ihn verhaftet“, sagt der Psychiater.

Polizei informiert die Bevölkerung und bittet um Hilfe

In Oppenau versucht die Polizei derweil, auch der Bevölkerung mit ihren Ängsten und Sorgen beizustehen. Von 10 bis 18 Uhr stehen Beamte auf dem Rathausplatz an einem Informationsstand bereit und beraten die Bürger, wie sie mit der aktuellen Lage am besten umgehen sollen. Die Polizei hat außerdem unter 0781-21-3333 und 0781-21-3334 Hinweistelefone geschaltet.