Die Groko-Verhandlungen gehen am Montag weiter. Foto: dpa

Sie kommen voran, aber es reicht noch nicht. Einige wichtige Punkte sind noch offen. Union und SPD brauchen einen Puffertag. Ob der am Ende reicht?

Berlin - CDU, CSU und SPD haben ihre Entscheidung über einen Koalitionsvertrag auf Montag vertagt. Wie SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil am Sonntagabend in Berlin mitteilte, sollen die Gespräche um 10.00 Uhr in der SPD-Zentrale fortgesetzt werden. Die Spitzenrunde der Unterhändler habe festgestellt, „dass noch Themen vor uns liegen, bei denen die Parteien voneinander entfernt sind“. Über die wolle man noch gründlich und konzentriert reden. Deswegen habe man entschieden, auf eine Nachtsitzung zu verzichten. Die möglichen Koalitionäre hatten sich Montag und Dienstag von vornherein als Puffertage frei gehalten.

Zu den zentralen Streitthemen am Montag in Berlin zählten unter anderem die „Zwei-Klassen-Medizin“ und die sachgrundlose Befristung von Jobs. Bei anderen wichtigen Themen haben Union und SPD Einigungen gefunden - unter anderem im umstrittenen Bereich Wohnen und Mieten. So sollen etwa mit einem „Baukindergeld“ von 1200 Euro pro Kind und Jahr Familien beim Bau eines Eigenheims unterstützt werden. Es soll bis zu einem versteuernden Haushaltseinkommen von 75 000 Euro plus 15 000 Euro Freibetrag je Kind gewährt und über eine Dauer von zehn Jahren gezahlt werden. Es wird nach Angaben der Unterhändler 440 Millionen Euro im Jahr kosten.

Mietpreisbremse soll verschärft werden

Zudem soll die bisher weitgehende wirkungslose Mietpreisbremse in Großstädten verschärft werden. In Ballungszentren sollen die Kosten für Modernisierungen nicht mehr wie bisher zu elf, sondern nur noch zu acht Prozent auf die Mieter umgelegt werden. Auch eine Kappungsgrenze ist geplant, um zu verhindern, dass Mieter über Modernisierungen gezielt vertrieben werden.

In den Ausbau von schnellem Internet wollen die potenziellen Partner bis zu 12 Milliarden Euro investieren - bis 2025 soll ein Recht auf schnelles Internet gesetzlich verankert werden. Gerade im ländlichen Raum soll die Digitalisierung vorangetrieben werden. Dreiviertel der mehr als 45 Milliarden Euro, die eine neue Groko neu verteilen würde, kommen nach Angaben des Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), den Kommunen zugute. Union und SPD kündigten eine bundesweite Förderung der Kultur an.

SPD-Chef Martin Schulz hatte vor Beginn der Verhandlungen am Sonntag gesagt, vor allem sozialpolitische Fragen seien noch zu diskutieren. Er warnte vor Zeitdruck. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte, vor einer endgültigen Einigung stünden noch schwierige Verhandlungen.

SPD-Basis entscheidet

Selbst wenn sich die Unterhändler auf einen Koalitionsvertrag einigen, ist noch lange nicht sicher, dass eine neue schwarz-rote Regierung tatsächlich zustande kommt. Geplant ist, den Vertrag den mehr als 440 000 SPD-Mitgliedern zur Abstimmung vorzulegen. An der SPD-Basis - und insbesondere bei den Jusos - gibt es Vorbehalte gegen eine Neuauflage des Bündnisses. Hinzu kommt, dass die Partei zuletzt in Umfragen absackte.

Sachsens CDU-Ministerpräsident Michael Kretschmer gab der SPD-Spitze Verantwortung für die Lage der Sozialdemokraten. „Es ist totales Führungsversagen, dass die SPD in so einem schlechten Zustand ist“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Ihm tue es leid zu sehen, wie viele in der Partei durch den Wind seien. „Selbst gute Fachleute haben eine Schere im Kopf und trauen sich nicht mehr, die richtigen Dinge zu entscheiden, weil sie Angst haben, das nicht bei ihrer Mitgliedschaft durchbringen zu können.“

In der SPD gibt es wachsende Bedenken gegen einen Einzug von Schulz als Minister und Vizekanzler in das Kabinett der geplanten Groko. Intern wird die Frage nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur verstärkt diskutiert, aber wegen der laufenden Verhandlungen und mit Blick auf die Autorität von Schulz sind nur wenige bereit, sich öffentlich klar zu äußern.

Vor einer öffentlichen Präsentation des Koalitionsvertrags sollen die Parteigremien beider Seiten zustimmen. Voraussichtlich würden auch die Fraktionen von CDU/CSU und SPD von den Parteispitzen zunächst über die Inhalte informiert, hieß es aus Teilnehmerkreisen.