Babis Maragos hat trotz aller Hürden nicht aufgegeben und kräftig mitangepackt: An diesem Dienstag öffnet die frisch sanierte Taverne Retsinadiko. Foto: Tom Bloch

Die Pandemie hat vielen Gastwirten extrem zugesetzt. Doch für die Taverne Retsinadiko in Feuerbach ist das Corona-Virus nur eine Episode einer langen Odyssee.

S-Feuerbach - Seit Ende der 1970er Jahre residiert die Griechische Taverne Retsinadiko in Feuerbach an der Ecke Wiener Straße/Linzer Straße in einer einstigen Metzgerei, die irgendwann einmal zur Gaststätte Völkerburg wurde, bevor die Familie Maragos das Haus übernahm. Mittlerweile bewirtet die sympathische Familie in dritter Generation ihre Gäste – traditionell, authentisch und vor allem herzlich. Der Gründer Charalambos Maragos übergab seinen Betrieb vor nun auch schon 19 Jahren an seinen Sohn Lazaros, der im kommenden Jahr wiederum an seinen Sohn Charalambos, genannt Babis, übergeben will. Doch noch ist eine Irrfahrt des Lokals nicht zu Ende. Die Sirenen oder Skylla und Charybdis sind Sagengestalten aus der Odyssee, dem Epos von Homer. Die Odyssee des Retsinadiko ist real.

Nervende Baustelle vor der Haustür

Es begann mit einer halbjährigen Großbaustelle rund um das Restaurant. Rohrarbeiten, der Gehweg war aufgerissen, das Lokal nur über eine quergelegte Bohle zu erreichen. Oft genug stand der Wirt Lazaros Maragos im Türrahmen, rauchte eine Zigarette und wartete auf Gäste, die aufgrund der Bauarbeiten annehmen mussten, dass das Lokal geschlossen ist.

Dann kam Covid, dann kam die Pandemie und nichts ging mehr. Glücklicherweise hatte die Familie auf Initiative von Sohn Babis bereits alle Voraussetzungen für einen Lieferservice erfüllt und aus einer ehemaligen Lagerfläche eine zusätzliche Küche gemacht. Nahezu nahtlos konnte man sich ein kleines Stückchen Griechenland telefonisch nach Hause bringen lassen.

Gefährliche Verpuffung in Kamin

„Das lief auch relativ schnell gut an, denn es gab ja keine Konkurrenz durch geöffnete Lokale. Alle waren ja zu“, erinnert sich Babis Maragos an die Zeit zurück.

Dann kam der 3. März. Nachmittags gegen 16 Uhr gab es im Kamin über dem Holzkohlengrill eine Verpuffung, obwohl sogar öfters als vorschriftsmäßig gewartet worden war, wie die Familie versichert. Feuer brach aus. Schnell war die Feuerwehr zur Stelle. Die Familie, die in den Stockwerken über der Taverne lebt, musste mit ansehen, wie ihr Lebenswerk in Flammen stand. „Wir waren draußen auf der Straße. Die Feuerwehr hat alle Türen eingeschlagen und alles, was auf dem Boden stand im ersten Stock einfach aus dem Fenster geworfen“, berichtet Lazaros Maragos und legt den Schwingschleifer auf die Seite. Schreibtisch, Computer, Bildschirm, Fernseher und Möbel knallten nacheinander auf die abgesperrte Straße. Die Feuerwehr musste in Sekundenschnelle handeln und legte die Decke über der Küche frei. „Aber im Grunde sind wir ihnen total dankbar, denn sie haben unser Haus vor den Flammen gerettet.“

Wie soll es weitergehen?

Ein Weiterbetrieb der Taverne war zunächst ausgeschlossen. Auch durften die Wohnungen mehrere Wochen lang nicht betreten werden. Die Familie kam notgedrungen bei Verwandten unter. Gleichzeitig begann die Arbeit der Gutachter und Versicherungen, was sich länger hinzog.

„Wir haben zwar schon Angebote bei einzelnen Handwerkern eingeholt, konnten aber nicht den Startschuss geben, weil auch noch unklar war, wie viel Geld uns zur Verfügung stand“, erklärt Babis Maragos. Und ruckzuck wurde aus der Gastwirtfamilie ein kleiner Handwerksbetrieb. Alles, was in Eigenleistung machbar war, wurde erledigt. Aufräumen, Putzen, Pläne machen war angesagt, und vor allem: Durchhalten.

Der Sohn übernimmt Verantwortung

„Ohne Babis hätte ich nicht weitergemacht“, sagt sein Vater Lazaros. „Ich hätte die Kraft nicht gehabt.“ Und Sohn Babis klopft seinem Vater bei den Worten liebevoll auf die Schulter und lacht: „Ja, ich habe neben dem Renovieren auch noch ein bisschen Psychologe für Papa gemacht.“

Als dann die Versicherungs- und Finanzierungsfragen endlich geklärt waren – rund 200 000 Euro muss die Familie mit eigenen Mitteln und Krediten finanzieren – konnten die Renovierungsarbeiten starten und die Handwerker übernehmen. Dabei besann sich die Familie auf das, was sie perfekt können: Leckere griechische Gerichte kochen und anrichten.

Entschluss: jetzt eine Totalrenovierung

Die nicht in Mitleidenschaft gezogene Küche für den Lieferservice wurde pünktlich zum Frühjahrsbeginn am 1. Mai wieder in Betrieb genommen. Doch die Geschäfte liefen anfangs ziemlich schlecht. Die längst wieder geöffnete Außengastronomie hemmte die Nachfrage. Also folgte für den August der Entschluss, die Gaststätte komplett zu schließen und sich ganz der Renovierung zu widmen.

Während draußen vor der Tür wieder die Straßenbautrupps den Gehweg im Bereich der Linzer Straße aufrissen, weil bei den Rohrarbeiten kurz vor der Pandemie etwas vergessen wurde.

„Dass wir nun eine nagelneue Küche haben, ist der einzige Vorteil“, sagt Lazaros Maragos. „Während des laufenden Betriebs kann man ja nicht einfach mal sechs Monate zumachen und renovieren.“

Große Freude über Wiedereröffnung

An diesem Dienstag, 7. September, wird die Taverne Retsinadiko endlich wieder aufmachen. Mit neuer Küche, mit einem renovierten Gastraum, aber mit altbewährter familiärer Gastlichkeit. Doch die Odyssee mit den Bauarbeiten ist damit längst nicht zu Ende. Als nächstes stehen die Rohrarbeiten in der Wiener Straße an. Und 2022 beginnt Ende September dann der Abriss des Neuen Gymnasiums. Direkt am lauschigen, weiß-blau gehaltenen Hofgarten der Taverne.

Es droht eine Fortsetzung der Odyssee.