Die Mitglieder der FDP/FW-Fraktion scheuen die Nähe zur AfD. Sie befürchten, sie könnten mit den Rechtspopulisten in einen Topf geworfen werden. Foto:  

Die FDP/FW-Fraktion fühlt sich an ihrem bisherigen Platz im Großen Sitzungssaal des Göppinger Gemeindrats nicht mehr wohl und beantragt eine Änderung der Sitzordnung. Doch es drängt auch keine andere Fraktion auf die Plätze neben den Rechtspopulisten.

Göppingen - Die Stadtverwaltung hat sich vermutlich gar nicht viel dabei gedacht, als sie die Sitzordnung für den neuen Gemeinderat festlegte. Zwar gibt es in dem Gremium 14 neue Gesichter, doch an der Verteilung der Plätze der Fraktionen hat sich nichts Wesentliches geändert. Wirklich neu ist nur, dass ganz rechts künftig vier Vertreter der neu ins Gremium gewählten AfD sitzen werden. Entsprechend überraschend war für viele die Reaktion der FDP/FW-Fraktion auf die vermeintliche Formalie.

„Wir empfinden die mit der Sitzordnung verbundene Einordnung in die „rechte Ecke“ als unangemessen und als Provokation“, teilte die Fraktion mit. Man sei „sehr überrascht“ gewesen, „dass uns der Oberbürgermeister und die Verwaltung ohne vorherige Rücksprache direkt neben die AfD platziert haben“. Dass sich die anderen Fraktionen nicht erweichen ließen, im Nachhinein noch etwas an der Sitzordnung zu ändern, hat nicht zur Beruhigung der Liberalen beigetragen.

FDP/FW sieht sich als moderne, weltoffene, tolerante und liberale politische Kraft

Die FDP/FW-Fraktion argumentiert, dass die Sitzordnung seit der französischen Revolution die politische Einordnung der Fraktionen in den Parlamenten widerspiegelt: Wer links von der Regierung oder Verwaltung aus sitze, sei bekanntlich eher an einer Veränderung der Gesellschaft interessiert, rechts davon eher daran, Strukturen zu bewahren – bis hin zu radikalen oder gar reaktionären Positionen an den Rändern, schrieb die Fraktion in einer Pressemitteilung vor der ersten Sitzung des neuen Göppinger Gemeinderats. „Mit dem Einzug der AfD in das Stadtparlament bekommt dieser Aspekt eine neue Schärfe und Wichtigkeit.“

Die Fraktion stellte zwar klar, dass sie „der neuen AfD-Fraktion selbstverständlich fair, offen und mit dem gebotenen Respekt begegnen“ werde. Allerdings werde sie in der politischen Auseinandersetzung die Unterschiede klar benennen, so sehe man sich „in gesellschaftspolitischen Fragen als moderne, weltoffene, tolerante und liberale politische Kraft“, schreibt die Fraktion.

Antrag auf Platztausch wird mit deutlicher Mehrheit abgelehnt

Sie jedenfalls sehe sich in der Mitte des politischen Spektrums und wolle deswegen auch genau dort sitzen. Die Liberalen wandten sich deshalb mit der Bitte, die Plätze zu tauschen, an ihre Gemeinderatskollegen aus den Reihen der CDU und der FWG-Fraktion. Vergeblich. „Offensichtlich“, so klagen die Liberalen, „will keine Fraktion politisch direkt neben der AfD verortet werden. Das ist verständlich, wir empfinden es dennoch als unfair.“

Weil die FDP nicht so leicht aufgeben wollte, beantragte sie in der ersten Sitzung des neuen Gemeinderats am Donnerstag offiziell, die Plätze mit der CDU zu tauschen. Schließlich habe man in Göppingen in den 90er Jahren auch einmal eine Zeit lang zwischen der SPD und der CDU gesessen, sagte der Fraktionschef Klaus Rollmann.

Die anderen Fraktionen wollten davon aber weiterhin nichts wissen. Der CDU-Chef Felix Gerber erinnerte daran, dass die FDP auch im Bundestag zwischen der CDU und der AFD sitze. Der Antrag wurde schließlich bei nur vier Ja-Stimmen aus den Reihen der Liberalen, 14 Enthaltungen, unter anderem vonseiten der AfD, und 21 Nein-Stimmen abgeschmettert.

Einige AFD-Mitglieder wollen lieber doch keine Politik mache

Die Einsetzung des Göppinger Gemeinderats begann jüngst mit einigen Misstönen: Alexander Trenkler, einer der vier neu gewählten AfD-Stadträte, konnte sein Amt nicht antreten, weil er aus Göppingen weggezogen ist. Ingrid Schindler, die nächste auf der AfD-Kandidatenliste, weigerte sich, für Trenkler nachzurücken. Eigentlich muss man das Mandat antreten, wenn man in ein Kommunalparlament gewählt wird. Es sei denn, es gibt schwerwiegende Gründe, die dagegen sprechen, ein besonders zeitraubender Beruf etwa oder ein höheres Alter. Schindler verwies darauf, dass sie bereits über 62 Jahre alt sei und die Wahl daher nicht annehmen müsse. Am Ende rückte Hartmut Fischer als vierter AfD-Mann in den Gemeinderat nach.

Ganz ähnlich lief die Sache kurz darauf im Göppinger Kreistag: Drei der sechs gewählten AfD-Kreisräte lehnten es ab, ihr Mandat auch anzutreten, nämlich Philipp Rogen aus Wangen, Karl Seitz aus Zell und Dietmar-Dominik Hennig aus Hohenstaufen. Für sie rücken Joachim Hülscher aus Göppingen, Simon Dennenmoser aus Ottenbach und Dieter Volkmann aus Salach nach. Der Kreistag hat der Rochade am vergangenen Freitag letztlich nach einigem Kopfschütteln zugestimmt. Hennig und Rogen haben berufliche Gründe für den Verzicht angegeben, der Rentner Seitz berief sich auf sein Alter.

Für die Bezirksbeiräte in Göppingen hat die AfD teilweise gar keine Vertreter gefunden. Lediglich für Bartenbach, Faurndau und Hohenstaufen wurde je ein Vertreter vereidigt, Stellvertreter für sie fand die Partei keine. In Bezgenriet, Jebenhausen, Maitis und Holzheim fanden die Rechtspopulisten niemanden, der sie vertreten wollte. Allerdings können die Plätze jederzeit nachbesetzt werden.