Die Hauptstraße entwickelt sich – zum Ärger der Stadt – von einer Flaniermeile in einen Parkplatz mit querenden Passanten Foto: Horst Rudel

Aus Sicht vieler Stadträte ist die jüngst eingeführte „Brezeltaste“ ein Misserfolg. Doch eine andere Entscheidung des Gremiums erweist sich als Renner.

Göppingen - Die Stadtverwaltung hatte sich viel von dem neuen Parkkonzept für die Innenstadt versprochen, doch speziell in der Hauptstraße scheinen die Regeln bisher eher für noch mehr Chaos zu sorgen, als bisher. In den vergangenen fünf Wochen sind der Ersten Bürgermeisterin Almut Cobet zufolge 800 Strafzettel allein in der Hauptstraße verteilt worden – die Autofahrer scheint das allerdings nicht zu beeindrucken. Manche Stadträte würden deshalb am liebsten zum alten System zurückkehren. Die Verwaltung allerdings hat die Mehrheit davon überzeugt, noch etwas abzuwarten. Schließlich sei es früher nicht wesentlich besser gewesen.

Bisher galt in der Hauptstraße ein absolutes Halteverbot, doch viele Autofahrer nutzten dennoch den Seitenstreifen, der als Ladezone für die Geschäfte dient, als Parkstreifen. Wegen der Ladezone konnten die Mitarbeiter der Stadt nicht so einfach Strafzettel verteilen, sondern mussten bei jedem Auto fünf Minuten abwarten, bevor sie ein Knöllchen hinter die Windschutzscheibe klemmen durften.

Autofahrer parken trotz neuer Regeln kreuz und quer

Die Stadt hatte deshalb vorgeschlagen, das Parken zumindest teilweise zu legalisieren, der Gemeinderat stimmte nach langen Debatten zu. Seit einigen Wochen gibt es nun auf einer Seite der Straße einige Kurzzeitparkplätze mit der sogenannten Brezeltaste. Dort darf für 20 Minuten kostenlos geparkt werden, um Kleinigkeiten in Geschäften abzuholen. Die Idee war, auf diese Weise die Mitarbeiter der Ortspolizei zu entlasten und ihnen zu ermöglichen, sofort Strafzettel anzubringen, wenn die Parkzeit auf dem Parkschein überschritten ist. Doch offenbar parken die Autofahrer einfach weiterhin kreuz und quer.

Die SPD beantragte deshalb im Zuge der Haushaltsdebatte, sofort zu prüfen, ob die Brezeltaste ihren Zweck erfülle. Eigentlich war diese Untersuchung erst in zwei Jahren vorgesehen. Die Genossen argumentierten, es gebe bereits viele Beschwerden von Passanten und Geschäftsleuten. Demnach komme es immer wieder zu gefährlichen Situationen, weil Autofahrer auf Parkplatzsuche nicht mehr auf den Verkehr und auf Passanten achteten.

Stadt: Konzept noch nicht völlig umgesetzt

Die Stadt hielt dem entgegen, dass das Konzept noch nicht vollständig umgesetzt sei, weil Hinweisschilder noch nicht ausgeliefert seien und weil es noch nicht möglich gewesen sei, alle Blumenkübel aufzustellen, die das Parken an unerwünschten Stellen verhindern sollten. Außerdem daure es erfahrungsgemäß ein halbes Jahr, bis neue Regelungen funktionierten. Die SPD gab sich deshalb mit dem Vorschlag der Stadt zufrieden, das Thema Ende des kommenden Jahres noch einmal anzugehen.

Fast schien es, als sei die Sache damit erledigt. Doch dann wurden die Anträge des Einzelstadtrats Stefan Horn beraten, der forderte, „das Parken in der Hauptstraße wieder generell zu untersagen. Es sieht katastrophal aus und ist für alle schrecklich.“

Stadt erweitert den Anbau an das Parkhaus in der Jahnstraße

Horns Forderung löste eine erbitterte Debatte aus. Der Grünen-Chef Christoph Weber empörte sich über „rücksichtslose Autofahrer“, Christian Stähle (Lipi) sagte, die Situation sei „früher beschissen gewesen, und jetzt ist sie es immer noch“, und der FWG-Chef Emil Frick bezeichnete die Hauptstraße als „Rohrkrepierer“ und forderte, Falschparker „rigoros abzuschleppen“, während sich Ingo Hagen (CDU) über das „Autofahrer-Bashing“ ärgerte. Trotz aller Unzufriedenheit lehnte die Mehrheit des Gremiums ein totales Parkverbot ab.

Während die Stadträte sich die Köpfe über die Hauptstraße heiß reden, wird an anderer Stelle an einem Teil der Lösung gearbeitet. Denn das Verkehrschaos kommt auch daher, dass in den Parkhäusern in der Innenstadt zurzeit weniger Stellplätze zur Verfügung stehen als gewöhnlich, etwa wegen der Sanierung des Parkhauses Friedrichstraße und des Abrisses des Kaufhof-Parkhauses. Die Stadt hat daher vor nicht einmal einem Jahr den Erweiterungsbau des Parkhauses in der Jahnstraße am Rand der City eröffnet.

Inzwischen ist der Anbau in dem Parkhaus, das 20 Jahre lang von den Autofahrern ignoriert worden war, weil es nicht so zentral liegt, zu 90 Prozent von Dauerparker belegt, und es gibt bereits eine Warteliste. Die Stadt hat deshalb bereits begonnen, eine Erweiterung der Erweiterung zu bauen. Im März sollen weitere 200 Parkplätze hinzukommen. Die Kosten dafür belaufen sich auf 1,1 Millionen Euro