Vor der Schlüsselübergabe steht die Frage nach den Kosten für eine Wohnung. Doch welche Miete angemessen ist, lässt sich in Göppingen oft nur schwer herausfinden, weil es keinen Mietspiegel gibt. Foto: Herschmann

Als einzige Kreisstadt in der Region Stuttgart verfügt Göppingen über keinen Mietspiegel. Darüber, was „angemessene Mieten“ sind und wo Wucher anfängt, kann deshalb munter gestritten werden. Viele Stadträte wollen das jetzt ändern.

Göppingen - Ob in Esslingen, Böblingen, Ludwigsburg oder Waiblingen, in allen Kreisstädten der Region können Bürger im städtischen Mietspiegel prüfen, welche Mieten in ihrem Viertel üblich sind und damit als angemessen gelten. Außer in Göppingen. Denn als einzige Kreisstadt der Region Stuttgart hat die Hohenstaufenstadt bisher keinen eigenen Mietspiegel. Herauszufinden, ob Mieten angemessen oder zu hoch sind, ist dadurch deutlich schwieriger als in anderen Kreisstädten. Dennoch war das in der Stadt lange Zeit kein Thema. Bis im Sommer mehrere Fälle von Wuchermieten bekannt geworden sind. Davon aufgeschreckt fordern nun viele Stadträte einen Mietspiegel zu erstellen. Der Eigentümerverband Haus und Grund und auch der Mieterbund Göppingen-Esslingen würden das begrüßen.

Bisher bedient man sich in Göppingen des Schorndorfer Mietspiegels, wenn es gilt, Mietpreise zu vergleichen. Doch Kritiker bemängeln, dass beide Kommunen wenig gemein haben und der Vergleich deswegen hinkt. Wie es um das Mietniveau in Göppingen tatsächlich bestellt ist, wie das Angebot an günstigen Wohnungen aussieht und was Bürger zum Beispiel in der Innenstadt für ihre Wohnungen bezahlen, weiß niemand genau.

Stadtverwaltung geht gegen Vermieter von überteuerten Schrottwohnungen vor

Dass das zu einem Riesenproblem werden kann, hat sich gezeigt, als im Sommer bekannt wurde, dass findige Eigentümer Schrottwohnungen in der City zu völlig überhöhten Preisen an Flüchtlinge vermietet hatten. In mehreren Fällen zahlten die Behörden Höchstsätze für verschimmelte Wohnungen, die zum Teil nicht einmal Fenster hatten. Mittlerweile hat sich die Stadtverwaltung eingeschaltet und geht gegen die Vermieter vor. Dazu nutzt sie Vorgaben des Bauamts und des Gesundheitsamtes. Hätten die Mitarbeiter des Jobcenters, das die Mieten bezahlt, freilich einen Mietspiegel zur Hand gehabt, hätten sie die überhöhten Mieten von vorneherein nicht akzeptiert.

Auch jenseits von Extremfällen und Abzocke, das Thema Wohnraum ist in und um Göppingen längst ein Dauerbrenner. Regelmäßig wird im Göppinger Gemeinderat über neue Baugebiete und die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum gestritten. Doch wie soll man vernünftig diskutieren, wie viel und was für zusätzlicher Wohnraum benötigt wird und ob es genügend günstige Wohnungen in der Stadt gibt, wenn man nicht mal genau weiß, wie das aktuelle Mietpreisniveau aussieht?

Die Stadt müsste sich einen Partner suchen, um Zuschüsse zu bekommen

Unisono forderten deshalb SPD, Grüne, FWG und FDP im Rahmen der Haushaltsberatungen, Geld bereit zu stellen, um im kommenden Jahr einen sogenannten qualifizierten Mietspiegel für Göppingen zu erstellen. Die Gelegenheit, sagen die Kommunalpolitiker, sei günstig, denn das Land bezuschusst die Erstellung von Mietspiegeln im kommenden Jahr noch mit bis zu 50 000 Euro. An Göppingen würden Schätzungen zufolge dann noch 15 000 bis 20 000 Euro hängenbleiben. Allerdings müsste sich die Stadt dann noch eine weitere Kommune im Kreis als Partner suchen. Denn die Zuschüsse fließen nur, wenn sich mindestens zwei Städte für einen Kooperationsmietspiegel zusammentun.

Das wäre voraussichtlich nicht allzu schwierig, denn auch die anderen größeren Städte im Kreis haben keinen Mietspiegel. Geislingen orientiert sich wie Göppingen an Schorndorf. Ebersbach hat ebenfalls keinen Mietspiegel und in Eislingen wird zurzeit wie in Göppingen diskutiert, ob man einen eigenen Mietspiegel erstellen sollte. Mögliche Partner gäbe es also.

Im Göppinger Rathaus steht man dem Thema dem Baubürgermeister Helmut Renftle zufolge aufgeschlossen gegenüber. „Aber wir würden damit gerne noch warten, bis die gesetzlichen Grundlagen überarbeitet sind“, erläutert er. Denn die Große Koalition sei zurzeit dabei, die Vorgaben zu überarbeiten und zu vereinheitlichen. Aus Renftles Sicht wäre es nicht sinnvoll, einen Mietspiegel zu erstellen, bevor die neuen Vorgaben klar sind. Wann das sein wird, ist allerdings offen und damit auch die Frage, ob es die Landeszuschüsse dann noch gibt.