Noch immer fallen bei Go-Ahead Züge aus. Foto: Pflüger

Vorerst fahren im Filstal doch keine Nachtzüge: Das Landratsamt im Kreis Göppingen kann das Vorgehen des privaten Bahnunternehmens nicht nachvollziehen. Auch am Abend sollen Züge wegfallen.

Göppingen - Kurz und knapp war die Pressemitteilung, die das Bahnunternehmen Go-Ahead am späten Freitagnachmittag verschickte: „Auf Wunsch des Landkreises Göppingen wird der Start der neuen Nachtzugverbindungen an Wochenenden bis 13. Juni 2020 zurückgestellt.“ Eigentlich hätte das neue Zugangebot auf der Filstalbahn am Faschingswochenende starten sollen, wenige Stunden zuvor kam die Absage.

Der Leiter des Amts für Mobilität und Verkehrsinfrastruktur im Landratsamt, Jörg-Michael Wienecke, erhielt die Pressemitteilung erst gar nicht. Am Montag war sein Zorn darüber noch nicht verraucht: „Wir sind alle extrem verärgert“, sagte er. „Wir können nicht verstehen, wie so etwas veröffentlicht werden kann.“

Amtsleiter: „Geduld ist aufgebraucht“

Der Amtsleiter findet, „ein vertrauensvolles Miteinander sieht anders aus“, Go-Ahead habe hier „unprofessionell agiert“. Die Intention des Kreises sei „eindeutig aus dem Zusammenhang gerissen“ worden. Auch aus einer am Montag veröffentlichten Pressemitteilung des Landratsamts ist der Ärger herauszulesen: „Wunsch und Wirklichkeit auf der Filstalbahn liegen leider noch immer weit auseinander. Unsere Geduld ist aufgebraucht.“

Wienecke erklärt, wie es zur Streichung der Nachtzüge kam: „Die Personalsituation bei Go-Ahead ist so, dass immer noch Züge ausfallen.“ Deshalb habe das Landratsamt gesagt: „Jetzt nachts Züge fahren zu lassen, wenn tagsüber Pendler stehenbleiben, können wir nicht verantworten. Das ist uns nicht leichtgefallen“

Die Behörde erläutert in einer Mitteilung den Entschluss: „Um die Engpässe kurzfristig zu überwinden, wird in Absprache mit dem Verkehrsministerium Baden-Württemberg und der Kreisverwaltung intensiv nach pragmatischen Lösungsmöglichkeiten gesucht, wie der Betrieb auf der Filstalbahn dennoch im Interesse der Kunden weiter stabilisiert werden kann.“ In einem ersten Schritt sei mit dem Ministerium besprochen worden, die zum 20. Februar angekündigten neuen Nachtverbindungen am Wochenende zwischen Plochingen und Geislingen auszusetzen – „um die begrenzten Personalkapazitäten möglichst effizient im gesamten Tagesgang einsetzen zu können“. Go-Ahead sei rechtzeitig informiert worden, habe die Verbindungen aber lange nicht aus dem System genommen.

Pendler haben Vorrang

Wienecke ergänzt: „Hier galt es, schweren Herzens Prioritäten zu setzen. Wir bitten alle Nachtschwärmer um Verständnis, dass der Fokus bis auf weiteres auf einem stabilen Betrieb in den Hauptverkehrszeiten liegen muss. Die hohe Zahl an Pendlern muss Vorrang haben.“ Dass die Nachtzüge, wie von Go-Ahead angekündigt, ab 13. Juni fahren werden, stimme nicht: „Auch den ebenfalls ohne vorherige Absprache veröffentlichten Start im Juni können wir leider nicht bestätigen. Aus heutiger Sicht halten wir den für mehr als fraglich.“

Mit dem Wegfall der Nachtzüge ist es allerdings nicht getan: „Es kommt noch schlimmer“, kündigt Wienecke an. „Wir haben mit dem Verkehrsministerium ausgemacht, dass wir bestimmte Züge am Abend ausfallen lassen werden.“ Nur so könne ein halbwegs stabiler Betrieb am Tag gewährleistet werden. Diese „generellen Minderleistungen in Schwachlastzeiten“ sollen künftig rechtzeitig angekündigt werden und übergangsweise gelten.

Doppelstockzug kommt nicht

Der angekündigte Doppelstockzug der DB kann nun allerdings doch nicht im Filstal fahren. Dies hat laut Wienecke „systemische Gründe“, dieser Zug habe zu schlechte Beschleunigungswerte. Dennoch zeichne sich „eine spürbare Steigerung der Sitzplatzkapazitäten in den Hauptpendlerzeiten ab“.

Die kurze Pressemitteilung von Go-Ahead war am Montag im Internet nicht mehr zu finden – das Unternehmen hatte sie von seiner Homepage gelöscht.