Auf dem Gerlinger Rathausplatz haben die Besucher umsonst Lebensmittel bekommen. Mehr Fotos vom „Global Climate Strike“ in der Strohgäu-Kommune finden Sie in unserer Bildergalerie. Klicken Sie sich durch. Foto: factum/Simon Granville

Gerlingen ist eine von vielen Kommunen, die beim „Global Climate Strike“ mitgemacht haben. „Weniger von Vielem“ lautete das Motto auf dem Rathausplatz. An Stellwänden hing Plastikmüll, auf Paletten lagen Zehntausende Stücke Backwaren.

Gerlingen - So richtig fassen kann Marianella Munoz noch immer nicht, wie viel Plastikmüll bei ihr in einer Woche zusammenkommt. Sie blickt zu den Stellwänden, die am Freitag auf dem Gerlinger Rathausplatz stehen. Dort hängt all das, was von ihren Einkäufen übrig blieb. Sie wolle auf diese Weise sichtbar machen, was sie normalerweise automatisch in die Mülltonne werfe, sagt die 50-Jährige. „Paradox“ nennt sie ihre Situation.

Marianella Munoz erzählt, dass sie sich schon lange um die Umwelt sorge und deshalb darauf achte, bewusst einzukaufen. Sie nimmt Stofftaschen mit, kauft Mehrweg-Flaschen, bevorzugt frische, regionale und unverpackte Ware. „Das ist aber häufig nicht so einfach“, stellt Marianella Munoz fest, selbst Bio-Produkte steckten erschreckend oft in Plastik.

Stroh statt Styropor

„Wenigstens Bio-Läden könnten weniger Plastik benutzen“, findet die Gerlingerin – zumal es viele Alternativen gibt, wie ihre Recherchen zeigen. Laub zum Beispiel könne Kunststoff ersetzen, und statt mit Styropor könne man empfindliche Produkte mit Stroh polstern. „Leider sind die Alternativen in unserem Alltag noch nicht angekommen“, bedauert Marianella Munoz. Die Politik mache aus ihrer Sicht viel zu wenig Vorschläge, wie man Plastik ersetzen könne.

Marianella Munoz ist Mitstreiterin der Mitmachzentrale Gerlingen. Deren Mitglieder setzen sich nicht nur, aber auch für ein besseres Klima und für Nachhaltigkeit ein – wie am Freitag auf dem Rathausplatz im Rahmen der weltweiten Veranstaltung „Global Climate Strike“ (Globaler Klima-Streik) und der Eine-Welt-Tage in Baden-Württemberg im September und Oktober. Gemeinsam mit dem Verein waren zahlreiche andere Einrichtungen, Initiativen und Bürger vor dem Rathaus. „Weniger von Vielem“, lautete das Motto.

Ein Biologe will mehr Grün in der Stadt

Die Ehrenamtlichen des Repaircafés präsentierten ihre Arbeit ebenso wie Tim Höschele über seine Wünsche für die Stadt sprach. Der 28-jährige Biologe möchte überall mehr Grün haben. Geht es nach ihm, gibt es im gesamten Stadtgebiet Hochbeete, auch mit Gemüse, die gemeinschaftlich bewirtschaftet und genutzt werden. Zumindest für ein paar Stunden brachte er am Freitag mit seinen Bäumen „mehr Grün auf den grauen Rathausplatz“, wie er sagt. Eines der Bäumchen ist ein Wunschbaum, an den die Bürger Zettel mit ihren Wünschen hängten.

Unglaubliche 42.000 Stück abgepacktes Brot

Wenige Meter weiter konnten die Besucher kostenlos Kleidung mitnehmen, aber auch Lebensmittel. Diese verschenkt der Gerlinger Ableger des Vereins Foodsharing Ludwigsburg. Es waren am Freitag vor allem Backwaren, die sonst im Müll landen würden. Zum Beispiel unglaubliche 42.000 Stück abgepacktes Brot. „Wir wollen Lebensmittel retten und zeigen die Verschwendung, die stattfindet. Sie ist unnormal“, sagt der Initiator des inzwischen 15-köpfigen Teams von Freefood, Klaus Gottschalk. Die Lebensmittel, die für gewöhnlich in der früheren Gaststätte Hirsch an der Hauptstraße lagern, sind für Menschen aus allen Schichten, gespendet von Unternehmen. Laut Klaus Gottschalk vernichten viele Betriebe ihre Lebensmittel allerdings lieber, anstatt sie abzugeben. „Nur wenige sehen, dass es sich lohnt zu spenden“, sagt der 49-Jährige. Er hält ein Umdenken bei den Unternehmen wie Verbrauchern für nötig.

Schock beim Anblick des vielen Plastiks

Viele Besucher sahen das ähnlich. Sie waren schockiert, als sie die unzähligen Brote und das viele Plastik erblickten. Klaus Majer macht dafür die „Art des Wirtschaftens“ verantwortlich. Er sagt: „Die Konzerne wollen die Ware so verpackt haben, dass sie sie gut händeln können. Der Kunde muss mit seiner Wahl die Handelsketten zum Umdenken zwingen.“