Die Lebensmittelingenieurin Annegret Schlechte zeigt den Gymnasiastinnen Proben aus den Klärbecken. Foto: Sascha Sauer

Am Girls’ Day haben sechs Schülerinnen die Kläranlage Erbach in Fellbach besucht. In den Stunden zwischen Klärbecken und Labor haben die Mädchen Reinigungsstufen und Bakterienarten kennengelernt.

Fellbach - Die Begeisterung über die Rädertierchen ist groß. Sind die „cool“, ist zu hören. Ein Mädchen findet sie sogar „süß“. Die Mikroorganismen leben eigentlich mit Abermillionen von Bakterien im Belebungsbecken der Kläranlage und reinigen die Kohlenstoffverbindungen und Eiweißverbindungen. Aber unter dem Mikroskop im Labor sehen die zappelnden Vielzeller wirklich amüsant aus.

Der Girls’ Day findet in ganz Deutschland statt

Am Girls’ Day, der bundesweit am Donnerstag stattfand, haben sechs Schülerinnen des Mädchengymnasiums St. Agnes in Stuttgart die Kläranlage in Fellbach besucht. Der Girls’ Day ist eine Art Schnuppertag, bei dem Mädchen für Berufe begeistert werden sollen, in denen Frauen bisher eher selten vertreten sind.

Das Schnuppern hatte sich Rebekka Möckel zuvor anders vorgestellt: „Ich dachte, dass es auf der Kläranlage viel schlimmer stinkt“, sagt die 13-Jährige. Gemeinsam mit den anderen Schülerinnen wird sie von Christian-Andreas Jeske, dem stellvertretenden Betriebsleiter der Kläranlage Erbach, über das Gelände geführt.

Im Rechen landen Dinge wie Damenbinden und Ohrenstäbchen

Die erste Station ist der Rechen am Eingang der Kläranlage. Dort landet alles, was über die Kanalrohre von Toiletten, Waschbecken oder Gullys entsorgt wirkt. „Traut ihr euch in den Rechen zu schauen?“, fragt Jeske. Die Mädchen im Alter zwischen 12 und 14 Jahren trauen sich. Das ist häufig ein unappetitlicher Anblick, denn dort landen Dinge wie Damenbinden, Ohrenstäbchen oder Wischtücher.

Wenige Meter daneben trifft die kleine Gruppe auf Anne-Kathrin Seidel. Die Fachkraft für Abwassertechnik säubert mit einem Schlauch den belüfteten Sandfang. „Man braucht hier als Frau eine große Klappe und Kraft“, erklärt sie den Mädchen. Schließlich müsse man sich gegenüber den Männern durchsetzen. „Frauenpower eben“, sagt die 13-jährige Olivia Mezger zu einer ihrer Mitschülerinnen.

Als Lebensmittelingenieurin auf der Kläranlage

Jeske macht die Gymnasiastinnen mit den verschiedenen Reinigungsstufen und den technischen Abläufen vertraut. Nach dem Besuch des Nachklärbeckens geht es ins Labor. Dort arbeitet die Lebensmittelingenieurin Annegret Schlechte. Sie war 1988 die erste Frau auf der Kläranlage. Ihr Job ist es, Abwasser- und Klärschlammproben zu analysieren. „Damit nicht zu viel Stickstoff und Phosphate ins Gewässer zurückfließen“, sagt sie.

Dass es auf der Kläranlage streng riecht, stört Annegret Schlechte inzwischen nicht mehr. „Man gewöhnt sich dran“, sagt sie. „Wenn der Bauer nebenan Gülle aufträgt, überbietet er uns mit dem Gestank.“ Den Schülerinnen erklärt sie, was die Bakterien brauchen, damit sie optimal das Abwasser reinigen. Dazu setzt sich die 58-Jährige ans Mikroskop. Die Mädchen können über einen Monitor verfolgen, was die Lebensmittelingenieurin sieht. „Da haben wir ein Rädertierchen“, sagt Annegret Schlechte.