Folge der Inflation: volle Regale mit teurer werdenden Lebensmitteln – aber weniger Produkte im Einkaufswagen. Foto: Imago/Martin Wagner

Die Gewerkschaft Verdi ruft in der Tarifrunde des Einzelhandels zu ersten Streiks in Baden-Württemberg auf. In den Kassen der Handelsunternehmen macht sich aber eine noch viel gewichtigere Entwicklung negativ bemerkbar.

Die Gewerkschaft Verdi ist bemüht, erstmals etwas Schwung in die jüngst begonnene Tarifrunde des baden-württembergischen Einzel- und Versandhandels zu bringen: Am Dienstag haben landesweit etwa 250 Beschäftigte an einem eintägigen Warnstreik teilgenommen. Dazu hatte die Gewerkschaft in den Bezirken Stuttgart, Heilbronn-Neckar-Franken und Fils-Neckar-Alb aufgerufen. Betroffen waren Verdi zufolge Filialen von H&M, Primark, Media Markt, Esprit sowie Galeria in Stuttgart und Umgebung, zudem in Heilbronn, Esslingen, Reutlingen, Metzingen und Tübingen.

Weitere Streiks zum 17. Mai hin angekündigt

Etwa 200 Streikende zogen demonstrierend durch die Stuttgarter Innenstadt. Ziel ist es, den Druck auf die Arbeitgeber zu verstärken – wobei die Beschäftigten der notleidenden Warenhauskette Galeria für eine Anlehnung ihres Tarifvertrags an die Flächentarifverträge des Einzelhandels kämpfen. Verdi kündigte bereits an, zum zweiten Tarifverhandlungstermin am 17. Mai zu weiteren Arbeitsniederlegungen zu ermuntern .

Verdi fordert 15 Prozent höhere Gehälter. Die Arbeitgeber bieten bisher eine Anhebung um drei plus zwei Prozent über zwei Jahre – zudem eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 1000 Euro in zwei Einzelbeträgen. Für Unternehmen in Notlagen soll es eine tarifliche Notfallklausel geben. Der Handelsverband Baden-Württemberg lehnt die Verdi-Forderung unter anderem mit Verweis auf die sinkenden Umsätze ab, die höhere Kosten nach sich zögen.

Stärkster Umsatzrückgang bei Lebensmitteln seit 1994

Tatsächlich drücken die gestiegenen Preise und die schwindende Kaufbereitschaft mittlerweile auf die Umsätze der Einzelhandelsunternehmen. Nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes haben die Firmen im März real (preisbereinigt) 2,4 Prozent und nominal 1,3 Prozent weniger umgesetzt als noch im Februar. Im Vergleich zum Vorjahresmonat März musste der Einzelhandel ein Umsatzminus von real 8,6 Prozent und nominal 0,2 Prozent hinnehmen. Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegele das deutlich gestiegene Preisniveau, erläutert das Bundesamt. Im Vergleich zum März 2019, dem Vergleichsmonat vor der Coronapandemie, ging der reale Einzelhandelsumsatz im März dieses Jahres um 1,3 Prozent zurück.

Besonders deutlich wird die Entwicklung bei den Nahrungsmitteln, die sich seit März vorigen Jahres um 22,3 Prozent verteuert haben. In der Folge sank der reale Umsatz in dem Bereich um 1,1 Prozent gegenüber dem Vormonat und um 10,3 Prozent im Vergleich zum März vorigen Jahres. Dies sei, stellen die Bundesstatistiker fest, der stärkste Umsatzrückgang zum Vorjahresmonat seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 1994.