Plastikflaschen geraten zunehmend in Verruf.Hans-Peter Kastner war in vielen Zeitungen und TV-Sendungen. Foto: Steffen Honzera

Hans-Peter Kastner hat Mitte Juni dazu aufgerufen, auf Getränke in Einwegflaschen zu verzichten. Der offene Brief des Getränkehändlers ist bundesweit zum Gesprächsthema geworden. Der Familienvater war in vielen Zeitungen und TV-Sendungen. Eine Bilanz.

Vaihingen - Für Hans-Peter Kastner sind die Kunden die „wahren Helden“ der Geschichte. „Es berührt mich unheimlich, wie sie uns unterstützen und diese Entscheidung akzeptieren, wenn auch einige zähneknirschend“, schreibt der Vaihinger Getränkehändler auf seiner Facebook-Seite. Am 17. Juni hatte er einen offenen Brief ins Internet gestellt und dazu aufgerufen, auf Einwegplastikflaschen zu verzichten. Die Resonanz war überwältigend und der überwiegende Teil der Reaktionen positiv. Dies motivierte Kastner zu der Entscheidung, vom 1. August an ganz auf umweltschädliche Plastikflachen und Getränkedosen zu verzichten.

Gute zwei Wochen nach dieser Ankündigung hat er eine Zwischenbilanz gezogen. „Etwa 450 Kunden haben uns mittlerweile gesagt, dass sie diesen Weg mit uns gehen und ab 1. August umstellen“, sagt Kastner auf Nachfrage und ergänzt: „Wir sind gespannt, ob das dann auch wirklich so ist. Die Nervosität steigt.“

Er will die Gesellschaft unter Druck setzen

Hans-Peter Kastner will weiterkämpfen „bis zum letzten Atemzug“. Er will sich aufopfern, um die Industrie und die Gesellschaft unter Druck setzen. So formulierte er es selbst. Für den Familienvater bedeutet das auch, dass sich sein Leben seit dem 17. Juni gewaltig verändert hat. Sein offener Brief, den er auf Facebook teilte, erreichte binnen einer Woche 3,2 Millionen Personen und bewirkte mehr als 843 000 Interaktionen. Kastner war Gesprächsthema in ganz Deutschland, viele Zeitungen berichteten über den Vaihinger, er war bei Stern TV, in der ARD-Tagesschau, bei ZDF heute und natürlich auch in der SWR-Landesschau.

Er bekam auch Besuch vom baden-württembergischen Umweltminister Franz Untersteller. „Wir haben uns über das Thema Einwegplastik unterhalten und werden in Kontakt bleiben. Mal schauen, ob auch aus der Politik die Unterstützung zu bekommen ist, die wir benötigen, um den Müll weiter zu reduzieren. In ein paar Monaten werden wir die Auswirkungen meiner Aktion gemeinsam analysieren, um ihn und seine Regierung zum Handeln zu überzeugen“, schrieb Kastner daraufhin auf seiner Facebook-Seite.

Sogar der Umweltminister war zu Gast

Im Gespräch mit unserer Zeitung betont er, dass sein Tun von niemandem gesteuert sei. „Da ist keine wirtschaftliche oder politische Kampagne.“ Im Gegenteil, sein Engagement koste ihn Geld und vor allem Zeit. Weil er aktuell auch viel mit Medien, Lieferanten und Kunden im Gespräch sei, fehle er im Laden. Familienmitglieder fangen das auf und helfen aus. „Ich bin froh, dass ich mich auf diese Unterstützung verlassen kann“, sagt er.

„Ein Dank geht auch an die vielen Menschen aus der ganzen Republik die mich mit E-Mails, Telefonaten, Postkarten und anderen Messages motivieren, diesen Weg weiterzugehen. Ein weiterer Dank geht an viele Bürger aus Stuttgart, die zum Teil zu uns kommen, um uns aufzumuntern, einzukaufen oder auch einfach nur, um uns kennenzulernen“, schreibt Kastner bei Facebook und fügt hinzu: „Helft mir weiter, die Message nach außen zu tragen und noch viel, viel mehr Leute dazu zu bekommen, freiwillig auf Einweg-Plastikflaschen zu verzichten.“

Es gibt auch kritische Stimmen

Der Vaihinger konnte schon eine ganze Reihe an anderen Getränkehändlern überzeugen und fürs Mitmachen gewinnen. Einige sind auf seiner Facebook-Seite zu finden. Aber natürlich gab es auch kritische Stimmen. Und von der Getränkeindustrie bekam Kastner Briefe und Anrufe, in denen die Hersteller ihre Sicht der Dinge darlegten und sich rechtfertigten.

Das hat zum Beispiel auch die PET-Cycle GmbH getan. Kastner hat die Stellungnahme ins Internet gestellt. Das Unternehmen betont, dass es „das gute Recht“ eines jeden Getränkehändlers sei, komplett auf Getränkemarken in PET-Cycle-Flaschen zu verzichten. Jedoch solle man sich die „sachlichen Argumente genauer ansehen“. Das Unternehmen schreibt: „Das PET-Cycle-System steht für eine ökologisch mit Glasmehrweg absolut vergleichbare Verpackung.“ Am Donnerstag war das Unternehmen sogar vor Ort in dem kleinen Getränkemarkt im Gebiet Unterer Grund. „Sie haben mit Zahlen argumentiert. Aber sie haben mich nicht überzeugt“, sagt Kastner. Sein Entschluss stehe fest: Plastikflaschen will er künftig nicht mehr verkaufen.