Petrischalen mit Krankenhauskeimen, die Mehrfachresistenzen gegenüber Antibiotika aufweisen. Foto: Armin Weigel/dpa

Viele Antibiotika wirken nicht mehr, Bakterien entwickeln zunehmend Resistenzen. Die Folgen sind dramatisch. Jedes Jahr sterben in der EU Schätzungen zufolge 33 000 Menschen an resistenten Erregern. Doch selbst bei medizinischem Fachpersonal gibt es beim Thema Antibiotika Wissenslücken.

Stockholm - Beim Umgang mit Antibiotika gibt es laut einer neuen Befragung unter medizinischen Fachkräften in Europa weiter Wissenslücken. Generell sei das Wissen um und das Bewusstsein für die Probleme im Zusammenhang mit Antibiotika-Resistenzen unter Ärzten und dem weiteren Fachpersonal hoch, teilte das Europäische Zentrum für Krankheitsprävention und -kontrolle (ECDC) am Montag (18. November) anlässlich des Europäischen Tags zur Sensibilisierung für Antibiotika mit.

Der Wissensstand der Befragten unterscheide sich aber abhängig von Land und Beruf teils erheblich. Deutschland landete bei der Befragung im oberen Mittelfeld. Zuletzt hatte der Europäische Rechnungshof die EU zu einem stärkeren Einsatz gegen resistente Keime aufgefordert.

Antimikrobielle Resistenz – Gefahr für die Gesundheit

Nach Angaben des Rechnungshofs sterben jedes Jahr rund 33 000 Menschen in der EU an Infektionen, die durch medikamentenresistente Keime verursacht wurden. Antimikrobielle Resistenz bedeutet, dass Mikroben wie Bakterien, Viren oder Parasiten Resistenzen gegen Arzneimittel entwickeln, die zuvor gewirkt haben.

„Antimikrobielle Resistenz ist eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit“, sagte der verantwortliche Rechnungsprüfer Nikolaos Milionis. Bislang spreche nur wenig dafür, dass die bisherigen Bemühungen zur Eindämmung resistenter Keime die Gefahren für die Bevölkerung verringern konnten.

Beim Kampf gegen resistente Keime spielten medizinische Fachkräfte eine fundamentale Rolle, erklärte ECDC-Direktorin Andrea Ammon. „Wir müssen sicherstellen, dass ihr Wissen über die Prävention und das Auftreten dieser Bedrohung auf dem neuesten Stand ist, damit sie entsprechend handeln und die Patienten korrekt informieren können.“

Antibiotika wirken nicht bei Viren-Erkrankungen

Bei der Untersuchung handelt es sich laut ECDC um die erste multinationale in der EU und des Europäischen Wirtschaftsraums, bei der Ärzte, Pharmazeuten, Krankenschwestern und andere Fachkräfte explizit zu ihrem Wissen rund um das Thema Antibiotika-Resistenz befragt wurden.

Der überwiegende Teil der mehr als 18 000 Befragten (97 Prozent) konnte korrekt angeben, dass Antibiotika nicht gegen Erkältungen und Grippe wirken. Ein Viertel wusste hingegen nicht, dass eine Antibiotika-Behandlung das Risiko für eine Infektion mit einem resistenten Erreger erhöht.

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Medikamente nur gegen bakterielle Infektionen

Eine zu häufige Verabreichung von Antibiotika an Menschen oder Tiere gilt als eine der Ursachen für die steigenden Resistenzen. Zumindest seien Antibiotika und andere antimikrobielle Medikamente bei Tieren zuletzt umsichtiger verwendet worden, heißt es im Rechnungshof-Bericht.

Der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der Masttierhaltung wird seit langem kritisiert. Auch in der Humanmedizin wird zum Teil ohne Not ein Antibiotikum verschrieben – etwa bei einer Erkältung, die keine bakterielle Erkrankung ist. In 90 Prozent der Fälle sind Viren Ursache einer Erkältung. Der Rechnungshof fordert, dass die Medikamente noch umsichtiger verwendet werden, die Resistenzen besser überwacht und Strategien für die Forschungsarbeit gestärkt werden.

Antibiotika sind Medikamente gegen zum Teil lebensbedrohliche bakterielle Infektionen. Langfristig könnten sie ihre Wirksamkeit verlieren, wenn die Bakterien „lernen“, sich den Antibiotika durch die Ausbildung von Resistenzen zu widersetzen. „Durch eine verantwortungsvolle Anwendung können Patienten dazu beitragen, dass die Antibiotika ihre Wirkung behalten“, sagte Thomas Benkert, Vizepräsident der Bundesapothekerkammer.

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Antibiotika richtig einnehmen

Anlässlich des Europäischen Antibiotikatags am 18. November 2019 bieten viele Apotheken einen Flyer mit dem Titel „7 Tipps für den richtigen Umgang mit Antibiotika“ an.

– Antibiotika sollten demnach ausschließlich nach ärztlicher Verordnung eingenommen werden.

– Antibiotika sollten so lange und in der Dosierung eingenommen werden, wie vom Arzt vorgesehen.

– Einige Antibiotika werden durch Kalzium in ihrer Wirkung gestört. Sie sollten deshalb nicht mit Milch oder kalziumreichen Mineralwässern eingenommen werden. Idealerweise nimmt man die Tabletten mit einem großen Glas Wasser ein, heißt es weiter in der Info-Broschüre der Bundesapothekerkammer

– Reste von Antibiotika sollten nicht aufgehoben oder von Patienten bei der nächsten Infektion auf eigene Faust eingenommen werden.

– Ärztlich verordnete Antibiotika sollten nicht an andere Patienten weitergegeben werden.

– Antibiotika sollten über den Hausmüll entsorgt werden, aber nicht über die Toilette oder das Waschbecken. Die Entsorgung von Antibiotika über das Abwasser verbreitet die Substanzen in die Umwelt und fördert so die Entstehung von Resistenzen. Einige Apotheken bieten als freiwilligen Service an, Arzneimittelreste zu entsorgen.

– Viele Infektionen können durch einfache Hygienemaßnahmen vermieden werden. Empfehlenswert ist auch eine Grippeimpfung.