Das Thema: „125 Jahre VfB – zwischen Tradition und Moderne.“ Die Gäste von Moderator Gunter Barner (re.) beim Treffpunkt Foyer unserer Zeitung: Mario Gomez, Uli Hoeneß und Wolfgang Dietrich (v. li.). Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der VfB Stuttgart steckt nach einem miserablen Saisonstart unten fest. Bayern-Präsident Uli Hoeneß glaubt dennoch an die Roten – und erinnert sich mit Präsident Wolfgang Dietrich an die Spiele gegen den FC Bayern.

Stuttgart - Als Standort für Jobbörsen war der Mozartsaal der Stuttgarter Liederhalle bislang nicht zwingend bekannt. Aber das Treffpunkt Foyer unserer Zeitung war ja schon immer wieder mal für eine Überraschung gut. So auch am Montagabend vor über 700 Zuhörern. Der FC Bayern braucht einen neuen Vorstandsvorsitzenden? Mario Gomez hatte da einen Vorschlag parat: „Arjen Robben liebt den FC Bayern.“ Uli Hoeneß war sichtlich amüsiert.

Der Präsident des FC Bayern war per Zug nach Stuttgart gekommen, hatte neben Gomez und Wolfgang Dietrich, seinem Pendant beim VfB, Platz genommen, und er konnte der Idee des Stuttgarter Stürmers durchaus etwas abgewinnen. Denn: „Ich bin geprägt von Dankbarkeit.“ Ehemalige Spieler des Rekordmeisters hätten immer die Chance, nach der Karriere einen Posten bei den Bayern zu ergattern. Mit einer Einschränkung à la Hoeneß: „Wenn sie Hirn haben.“

Hoeneß: Bei der Jahreshauptversammlung des FCB ging es drunter und drüber

Der langjährige Manager der Münchner war gut drauf, reagierte schlagfertig auf die Fragen von Moderator und Exklusivautor Gunter Barner – konnte aber auch am Montag nicht verhehlen, wie sehr ihn die Geschehnisse auf der Jahreshauptversammlung des FCB am vergangenen Freitag getroffen hatten. Hoeneß war von Mitgliedern verbal angegangen worden. „Es ging drunter und drüber“, erinnerte er sich, „das war ein Novum beim FC Bayern.“ Am Sonntag hatte er noch angedeutet, dass, wenn sich dieser Umgang verstetigt, dies nicht mehr sein FC Bayern sei. Nun erbat er sich Bedenkzeit für eine entsprechende Reaktion – bis nach Weihnachten. Auch um eine erneute Kandidatur (oder einen Verzicht) im kommenden Jahr werden seine Gedanken kreisen. Doch nicht nur in München geht es um womöglich neu zu vergebende Jobs.

Der VfB Stuttgart steckt nach einem miserablen Saisonstart trotz des 1:0-Sieges am Wochenende gegen den FC Augsburg noch hinten fest. Und die Diskussionen kreisen schon länger um die Frage: Wie wird die Mannschaft in der Winterpause verstärkt? Wolfgang Dietrich, der Präsident, nahm den Anwesenden zumindest die finanziellen Sorgen. „Wir haben“, sagte er im Brustton der Überzeugung und nicht ohne Stolz in der Stimme, „mehr Geld, als wir ausgeben wollen.“ Und überhaupt sei ja gar nicht gesagt, dass sich auf dem schwierigen Wintermarkt geeignete Kandidaten finden. „Im Winter bekommst du nie die Spieler, die du eigentlich haben willst“, wusste auch Uli Hoeneß zu berichten. „Schon deshalb werden wir nicht ans Limit gehen“, ergänzte Dietrich. Beim VfB soll vor allem eine andere Methode greifen.

„Die Spieler, die wir haben, sollen besser werden“, forderte der VfB-Chef – was durchaus auch Trainer Markus Weinzierl als Auftrag verstanden wissen darf. Der Rückendeckung seines Chefs kann er sich dabei aber sicher sein.

Uli Hoeneß über die Form des VfB Stuttgart im Video-Interview:

Die vorzeitige Vertragsverlängerung mit Weinzierl-Vorgänger Tayfun Korkut bezeichnete Dietrich am Montag als Fehler. Die Zeichen, die nun der Neue bei seiner Arbeit mit der Mannschaft sendet, stimmen den Clubchef positiv. Auf 17 Punkte hofft er bis zur Winterpause, auch Mario Gomez will nachlegen, lässt sich aber vor allem durch seine aktuelle Torflaute nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe auch in der doch so fantastischen Rückrunde der vergangenen Saison fünf Spiele lang nicht getroffen“, erinnerte er sich, „aber damals hat es keinen interessiert.“ Weil der VfB dennoch gewann. Zuletzt war das anders, die Fangemeinde zählt die torlosen Minuten, doch Gomez versicherte: „Ich weiß noch, wo das Tor steht.“ Vom Klassenverbleib geht er aus – wie auch Präsident Dietrich, der sagte: „Ich bin überzeugt davon, dass wir – auch mit der jetzigen Mannschaft – unser Ziel erreichen.“ Das da lautet: eine Platzierung zwischen Rang neun und 13 Übrigens: Auch Uli Hoeneß glaubt an den VfB.

Hoeneß verspricht Geldspende falls der VfB absteigt

Der Abend neigte sich schon dem Ende, da erwiderte er auf eine überkritische Einlassung eines Zuschauers: „Ich zeige Ihnen jetzt mal, wie man motiviert: Wenn der VfB absteigen sollte, spende ich 5000 Euro für einen guten Zweck.“ Er geht davon aus, dass er nicht zur Kasse gebeten wird. Um Geldbeträge ging es auch an anderer Stelle.

Hoeneß betonte, sein FC Bayern stehe wirtschaftlich so gut da wie noch nie, plädierte für die Abschaffung der 50+1-Regel, damit jeder Club selbst entscheiden könne, wie er seine Zukunft gestaltet, und hatte auch für die VfB-Finanzen eine Idee parat: „Ich bin dafür, dass Daimler jetzt mal richtig in den VfB investiert, dann kann man richtige Kracher verpflichten.“ Was er lächelnd unterschlug: Der Autobauer hat nach der Ausgliederung bereits über 40 Millionen Euro an den kickenden Nachbarn überwiesen. Weitere Investoren sollen dem Beispiel folgen, wobei Wolfgang Dietrich noch einmal betonte, dass der nächste Partner nicht zwingend aus der Region kommen müsse. „Das habe ich nie gesagt“, betonte der Clubchef. Was er am Montag dagegen sagte: Dass der VfB durchaus noch auf der Suche nach einer Unterstützung von Michael Reschke fahndet.

Uli Hoeneß berichtete, wie der aktuelle Sportvorstand des VfB einst bei den Bayern gearbeitet hat – nämlich in enger Abstimmung mit Sportdirektor Matthias Sammer sowie dem Vorstandsvorsitzenden Karl-Heinz Rummenigge. Und als Reisender in Sachen Talentsuche. Beim VfB vereint Reschke bislang diese Aufgaben in seiner eigenen Rolle – was aktuell machbar sei, meinte Dietrich, aber wohl nicht auf Dauer. „Wir haben die Stelle noch nicht besetzt, weil wir die richtige Person noch nicht gefunden haben“, sagte Dietrich, der also nach einem Kaderplaner oder Technischem Direktor Ausschau hält. Mario Gomez mahnte derweil an: „Man muss Michael Reschke auch mal zugestehen, dass ein Spieler nicht sofort einschlägt.“ Zumal es ja Hoffnung gebe.

„Der Gonzalez wird eine Granate“, verkündete Dietrich, auch Gomez traut dem 20-jährigen Kollegen einiges zu, aber vor allem Hoeneß forderte Entwicklungszeit für solch junge Spieler ein – gerade, wenn sie aus Südamerika nach Deutschland kommen. Gomez versicherte: „Nico will.“ Aber er sei ein wenig verstört gewesen, als der VfB plötzlich nur noch verlor. „Der kam und hatte gehört, dass wir gegen den FC Bayern 4:1 gewonnen haben – da dachte er wohl: Wir sind Real Madrid II.“ Ach ja, dieses 4:1.

„Da sind wir alle durchgedreht“, erinnerte sich Dietrich und klopfte seinem gutem Bekannten Uli Hoeneß jovial auf die Schulter, „ich auch“. Die Erwartungen seien danach aber ins Kraut geschossen. Die kalte Dusche kam spätestens am zweiten Spieltag, als der VfB beim 0:3 gegen den FCB chancenlos war. „Wir haben keinen Ball berührt“, erinnerte sich Mario Gomez. Dietrich ergänzte: „Das war ganz schlimm, da begann der Negativlauf.“ Der nun gestoppt sein soll.

Verständnis für die schwere Lage des VfB Stuttgart

Punkten, Spieler besser machen, einen Investor finden, den Klassenverbleib schaffen, einen Technischen Direktor verpflichten, den Kader verstärken – das alles steht im Aufgabenheft der Stuttgarter Clubführung für die nächsten Monate. Da hilft ein Plan, den Dietrich einerseits auf fünf Jahre ausgelegt hat („Dann wollen wir wieder unter den besten Sechs sein“). Und den andererseits Uli Hoeneß am Montag lieferte.

„Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg gut durchkommen, im dritten dann voll angreifen – das ist ein Konzept, für das ich mich begeistern kann.“ Mario Gomez hat nicht widersprochen. Wolfgang Dietrich auch nicht.