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Zettelchen im Unterricht, Ansichtskarten als ewige Sammlung oder die Brieffreundin aus Kindertagen – drei Redakteurinnen erzählen von ganz persönlichen Posterlebnissen.

Filder - Täglich grüßt das Murmeltier, und nahezu täglich rumpelt der Briefkasten, wenn der Briefträger die Klappe öffnet und einige Umschläge hineinwirft. Meistens graue Rechnungen oder nervige Werbung, seltener so Schönes wie Einladungen, Geburtsanzeigen oder Grüße aus dem Urlaub. Auch in Zeiten von E-Mails und Nachrichten übers Handy ist die Post nicht wegzudenken. Post kann aber noch mehr sein als der klassische Brief, zum Beispiel eine geheime Nachricht im Unterricht oder die Postkartensammlung mit ewigen Erinnerungen. Unsere Mitarbeiterinnen erzählen ihre persönlichen Postgeschichten.

Briefe erhalten die Freundschaft (Leonie Schüler)

Ob mich Janoschs Kinderbuchklassiker „Post für den Tiger“ geprägt hat? Jedenfalls freue ich mich genau wie der kleine Tiger immer ganz fürchterlich, wenn ich schöne Post bekomme.

Geprägt hat mich gewiss die Brieffreundschaft mit meiner Freundin Lisi. Wir waren die dicksten Freundinnen, die beim Spielen oft solche Lachanfälle bekamen, dass es davon Muskelkater gab. Als wir zwölf Jahre alt waren, zog Lisi ins ferne Bayern. Von da an schrieben wir uns regelmäßig Briefe, die wir mit größter Liebe zum Detail beklebten und verzierten. Sie waren oft seitenlang. Und das, obwohl wir auch häufig telefonierten. Ich erinnere mich genau an das Gefühl, wenn ich auf dem Heimweg von der Schule darauf hoffte, zu Hause einen Lisibrief vorzufinden. Herrlich, wenn einer ihrer bunten Umschläge an meinem Platz lag! Je dicker, desto besser. Das Mittagessen musste warten – ich zog mich ins Zimmer zurück und las ihre Breaking News.

Später stiegen wir von Briefen auf E-Mails um. Auch die waren ellenlang, und es war kaum weniger schön, sie zu empfangen. Allerdings schlief das ein, als wir ins Berufsleben eintraten. Heute schicken wir uns ab und zu Handynachrichten samt Fotos, was auch wirklich schön ist. Aber längst nicht mehr so sehnsüchtig erwartet wie die bunten Briefumschläge damals.

Riskante Post im Klassenzimmer (Judith A. Sägesser)

Wie gern wüsste ich heute noch, was damals auf den Zettelchen stand, die ich tagein, tagaus klein zusammengefaltet quer durchs Klassenzimmer geschickt habe. Ich hatte, genau für Anlässe wie diesen Text oder einfach zum Erinnern, eine große Tüte voller Briefchen gesammelt, doch bei irgendeinem Umzug sind sie leider verschüttgegangen. :(

Immerhin ein bisschen etwas weiß ich noch, auch ohne Zeitkapsel-Tüte: Manchmal waren es Kettenbriefe, manchmal eine Antwort auf die Frage: „Gehen wir in der Pause heimlich eine rauchen?“ Es waren Lästereien oder Bandengründungen. Je nach Lebensalter. Und natürlich auch der Klassiker: „Willst du mit mir gehen? Kreuz an: ja, nein, vielleicht.“

Ich hatte Klassenkameraden, die waren genauso schreibfreudig wie ich, andere waren irgendwann genervt, drehten sich trotz Zischen und Antippen einfach nicht mehr um, der Brief musste dann eine andere Route nehmen. Eine womöglich riskantere. Denn es gab auch Leute, die einfach frech mitgelesen haben. Wenn ich großes Pech hatte, kam die Lehrerin dazwischen. Sie hat einmal gesagt, als sie das x-te Briefchen abgefangen hatte: „Judith, du arbeitest bestimmt mal bei der Post.“ Da hat sie sich nur halb verschätzt. Denn schreiben und kommunizieren tu ich ja tatsächlich gerne.

Erinnerungen aus aller Welt (Alexandra Kratz)

Ich habe sie alle aufgehoben. Und die schönsten füllen zwei große Bilderrahmen, die heute im Arbeits- und im Gästezimmer hängen. Die Rede ist von Ansichtspostkarten, die ich in meiner Jugend gesammelt habe. Es ist der Blick in die große weite Welt, es sind viele wunderschöne Erinnerungen: an Klassen- und an Studienfahrten, an Sprachreisen und Schüleraustausch und natürlich an Urlaub am Strand und in den Bergen. Überall wo ich war, habe ich mindestens eine Postkarte gekauft – nicht, um sie zu schreiben, sondern nur für mich.

Auf vielen sind kitschige Sonnenuntergänge zu sehen. Das hat mir damals wohl gefallen. Aber es gibt auch das wunderschöne Bild einer venezianischen Maske, das Murmeltier in den Alpen und das Baseball-Spiel in Chicago. Nicht alle Postkarten in meinem Schuhkarton und in den beiden Bilderrahmen habe ich selbst gekauft. Viele habe ich auch tatsächlich von Freunden und Verwandten geschickt bekommen, ganz klassisch mit der Post. Denn natürlich wusste damals jeder von meiner Leidenschaft.

Heute bekomme ich nur noch selten Urlaubskarten. Allzu oft ist es ein Foto, dass mir via Whatsapp aufs Handy geschickt wird, aber nach wie vor mit netten Worten darunter wie einst auf der Rückseite der kleinen bunten Pappen. Doch diese Grüße sind vergänglicher als damals die Postkarten.