Hans-Joachim Heist alias Gernot Hassknecht hat in Stuttgart erklärt, wie man gekonnt ausrasten kann. Foto: Veranstalter

Richtiges Ausrasten will gelernt sein. Der bekannte Profi-Brüller der heute-Show, Gernot Hassknecht, hat in Stuttgart erklärt, wie richtige Wutausbrüche immer gelingen.

Stuttgart - Zuerst stelle man sich die Farbe Rot vor. Schon dadurch sollte sich der Herzschlag beschleunigen, hektisches Schnaufen setzt ein, immer schneller pfeift der Atem, unermessliche Hitze steigt auf, bündelt sich zum Wutchakra – und bricht mit einem donnernden Kampfschrei einfach so heraus.

„Autoagressives Training“, nennt der Meister aller Choleriker, Gernot Hassknecht, diese Technik. Im Stuttgarter Renitenztheater hat er am vergangenen Abend sein Publikum in die hohe Kunst des Sich- Aufregens eingewiesen. Bekannt geworden ist der 1,60 Meter kleine Mann, der Halbglatze, Anzug und Brille trägt, durch die ZDF-Satire-Sendung „Die heute-show“. Als cholerischer Tagesschau-Kommentator lässt er dort regelmäßig seinem Frust und Ärger freien Lauf. Wie kein anderer redet er sich dabei in Rage und bringt die Missstände in Deutschland und der Welt unsachlich genau auf den Punkt.

„Ein Tag ohne cholerischen Ausraster ist ein verlorener Tag“, findet Hassknecht und beginnt mit dieser Feststellung sein Programm, das den Titel „Das Hassknecht Prinzip – zwölf Schritte zum Choleriker“ trägt. Denn der kleine Mann ist unterwegs in einer Mission: Er will den armen Menschen, die ihr Wutpotenzial nicht wirklich nutzen, endlich zum Wutausbruch verhelfen. „Wenn ich mit Ihnen fertig bin, regen Sie sich sogar über ein freundliches ‚Was kann ich für Sie tun‘ bei der Post auf!“, brüllt er verheißungsvoll in die Menge. Aber wie schafft man den Schritt vom normalen Amateur-Aufreger hin zum Profi-Choleriker? „Training, Training und noch mal Training“, verrät der Meister. Jeden Morgen fünf bis zehn Minuten des autoagressiven Trainings lautet die Empfehlung des Berufscholerikers. Die Technik wird allerdings nur benötigt, wenn von außen keinerlei Vorlagen geliefert werden - was in Deutschland ja so gut wie nie vorkommt.

Kritik vor allem an deutschen Politikern und Missständen

Humorvoll verpackt kritisiert die Kunstfigur Gernot Hassknecht nach allen Künsten des Beschwerens vor allem deutsche Politiker. Die macht er für fast alle Missstände in Deutschland verantwortlich: Von Bauprojekten wie dem Stuttgarter Bahnhof bis hin zu EU-Beschlüssen ist kein Thema vor Hassknecht sicher. „Zum Choleriker ist es aber ein langer Weg“, gibt er zwischendurch zu und liefert im gleichen Atemzug Tipps für den richtigen Beschwerdebrief und eine Anleitung zur perfekten Ernährung. Um eine angemessene Hochspannung zu erreichen, müssen auch Magen und Darm ausreichend gereizt sein. „Bluthochdruckfördernde Ernährung ist besonders wichtig“, verkündet der Choleriker. In seiner auf dem Kopf stehenden Hassknecht-Ernährungspyramide steht Grünzeug wie Brokkoli ganz unten: „Mein Tipp: Essen Sie nur tierische Sachen – also alles, was ein Gesicht hat!“

Immer wieder nutzt der Komiker, der im wahren Leben Hans-Joachim Heist heißt, die kleine Leinwand im Hintergrund für eigene Verschnaufpausen. Zu sehen sind kurze Ausschnitte aus der heute-show, die Heist als Tagesschau-Kommentator zeigen. Denn das Schreien und Brüllen überlässt der Schauspieler in seiner eigenen Show lieber seinem Alter Ego auf der Leinwand. Nur selten schreit er das Publikum wirklich knallhart an, entschuldigt sich sogar einmal aufrichtig bei einem Gast, den er im Spaß beleidigt hat. Gerade weil Heist seine Rolle als Hassknecht eben nicht ganz perfekt spielt und seine eigenen Fehler und Macken parodiert, kauft man ihm die Rolle als Sprachohr der kleinen Leute gerne ab. In seinen zahlreichen Beschwerdebriefen treibt er das sinnlose und unbegründete Schimpfen der Wutbürger humorvoll auf die Spitze. Sein Programm beendet er damit, den Lebenstraum seiner Rolle wahr werden zu lassen: eine Rede im Bundestag. Was Gernot Hassknecht wohl von den deutschen Politikern hält? „Schön, wenn man so gar nichts von seiner Regierung erwartet und trotzdem noch enttäuscht wird.“ http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.hassknecht-in-der-stadt-der-wutbuerger-schnauze-jetzt.faa2309c-a99b-4d04-aec1-1509e681acc6.html http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.hassknecht-in-der-stadt-der-wutbuerger-schnauze-jetzt.50260129-1bb2-4cf9-aa24-6190408d9da3.html