Das Handelshaus Breuninger in Stuttgart ist eines der Flaggschiffe im Handel. Mit seiner Klage gegen das Land ist es gescheitert. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Die Richter aus Mannheim haben in ihrem Beschluss klar gemacht, dass es keine regionalen Öffnungen im Handel geben wird. Die könnte nur das Land mit einer Verordnung wie bei der Ausgangssperre herbeiführen.

Stuttgart - Der Verwaltungsgerichtshof des Landes (VGH) hat am Donnerstag den Eilantrag von Breuninger auf sofortige Öffnun g abgelehnt. Die Voraussetzungen des Infektionsschutzgesetzes für Betriebsschließungen seien „gegenwärtig voraussichtlich erfüllt“, sagt der 1. Senat und verweist auf die 7-Tage-Inzidenz, die bundesweit bei über 50 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner liege. Daher seien „bundesweit abgestimmte umfassende, auf eine effektive Eindämmung des Infektionsgeschehens abzielende Schutzmaßnahmen anzustreben“. Einschränkungen seien für Breuninger selbst dann zumutbar und verhältnismäßig, wenn das Unternehmen „keine staatlichen Kompensationsleistungen erhalten sollte“.

Konzernsprecher Christian Witt verknüpfte sein Bedauern über das Urteil mit einem Hinweis an die Landesregierung: „Auch wenn der Eilantrag vom VGH Mannheim negativ beschieden wurde, erwarten wir von der Politik zeitnah eine Perspektive bezüglich der Öffnung für den Einzelhandel. Benötigt wird ein Konzept, mit dem der Fortbestand der Wirtschaft sowie lebendiger Innenstädte trotz einer Pandemie möglich ist.“ Es dürften nicht „willkürlich ganze Branchen geschlossen und so hunderttausende Arbeitsplätze und Existenzen bedroht werden“.

Von Entschädigungsregeln nicht erfasst

Das Traditionshaus hatte zudem argumentiert, dass man bei den Entschädigungsregelungen des Bundes durch das Raster falle, weil der Jahresumsatz über 750 Millionen Euro liege. Die Schließung sei ein rechtswidriger Eingriff in das Eigentumsrecht, der entschädigungspflichtig sei. Das Gericht verweist auf den „Härtefall-Fonds“ des Bundes. Das Wirtschaftsministerium habe am 16. Februar „sinngemäß“ verlautbart, die Grenze von 750 Millionen zu schleifen.

Das Gericht meint dagegen, der Betrieb sei „keineswegs vollständig untersagt“. Abholangebote, Lieferdienste und der Online-Handel seien möglich, diesen betreibe Breuninger „in erheblichem Umfang“. Diese Ausnahmeregelungen trügen zur Verhältnismäßigkeit der Schließungsanordnung bei, die zeitlich befristet sei. Breuninger hatte „weniger belastende Maßnahmen“, zum Beispiel stärkere Zugangsbeschränkungen zu Alten- und Pflegeheimen, ins Spiel gebracht. Es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, dass ein Discounter Bekleidung verkaufen dürfe, man selbst die Häuser aber geschlossen halten müsse. Eine Öffnung des Textilhandels würde zusätzliche Infektionsquellen schaffen, sagt dagegen das Gericht, der Verkauf von Textilien durch den Lebensmitteleinzelhandel nicht. Breuninger stelle die Sache „teils unvollständig und teils tendenziös dar“, so das Land als Beklagte. Witt erwidert: „Diese Argumentation weisen wir entschieden zurück. Dies ist auch insofern nicht für uns nachvollziehbar als dass unsere eingereichten Angaben vollständig und transparent waren.“ Zum Umsatz sagt er, der Jahresabschluss 2020 liege noch nicht abschließend vor.

Keine Öffnung nach Landkreisen

Das Gericht folgte der Argumentation des Landes auch bei der Frage nach punktuellen Öffnungen. In Stuttgart und den Landkreisen mit Breuningerländern (Ludwigsburg, Böblingen) liegt der Inzidenzwert unter 50, in Stuttgart und Ludwigsburg sogar unter 35. Das Land müsse nicht von der bundeseinheitlich abgestimmten Strategie zur Pandemiebekämpfung abweichen, sagt der Senat in seinem Beschluss (Az: 1 S 398/21). Der Schwellenwert im Land werde erst seit wenigen Tagen und bislang auch nur geringfügig unterschritten. Das Landesgesundheitsamt meldete am Dienstag einen Wert von 43,7. Eine punktuelle Öffnung des Einzelhandels in einigen Kreisen führe zu umfangreichen Kundenströmen zwischen den Kreisen und aus anderen Bundesländern „und damit voraussichtlich zu einem erheblichen Anstieg der Sozialkontakte und der Infektionsgefahren“, so der Senat. Solche möglichen infektiologischen Wechselwirkungen und Verstärkungen zwischen einzelnen Regionen habe der Bund im Infektionsschutzgesetz möglichst ausschließen wollen.