Youtube, Twitch, Mixer: Die Liste an Plattformen, auf denen theoretisch jeder Mensch streamen kann, ist lang. Foto: dpa/Sophia Kembowski

Statt dem Rundfunkstaatsvertrag soll bald der Medienstaatsvertrag in Deutschland gelten. Damit könnte die seit 2017 von verschiedenen Internetgrößen angestoßene Debatte zum Thema „Rundfunklizenz“ ein Ende finden.

Stuttgart - Sollten Live-Streamer ab einer bestimmten Zuschauerzahl genau wie Fernsehsender eine Lizenz erwerben müssen, um ihr Programm weiter anbieten zu dürfen? Vor etwa drei Jahren haben Internetgrößen wie „PietSmiet“ oder „Gronkh“ das sich darum drehende Thema der Rundfunklizenz ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt und für kräftig Furore gesorgt. Der Hauptkritikpunkt damals wie heute: Der primär für das analoge Fernsehen entworfene Rundfunkstaatsvertrag (RStV), in dem die Rundfunklizenz festgeschrieben ist, sei nicht auf digitale Angebote Freischaffender anwendbar.

Jetzt soll der geplante Medienstaatsvertrag eine Lösung anbieten und eventuell bereits im Dezember den derzeitigen RStV ablösen. Die für Streamer wohl signifikanteste Zahl in dem Kontext: Eine Rundfunklizenz benötigen sollen lediglich die Menschen, die im Durchschnitt der vergangenen sechs Monate mehr als 20.000 Zuschauer in ihren Live-Streams verzeichneten, erklärt der stellvertretende Präsident der baden-württembergischen Landesanstalt für Kommunikation (LFK), Ingo Nave. Im Moment liege die Grenze noch bei mehr als 500 gleichzeitigen Zuschauern. „Das kann man praktisch vergessen im Internet“, so Nave. Denn gemäß der jetzigen Regelung müssten selbst kleine Content-Produzenten für ihr Hobby eine im Zweifelsfall Tausende Euro schwere Rundfunklizenz beantragen.

Internetuser reagieren skeptisch

Die neue Grenze hingegen wäre angemessener, da der „normale Youtuber“ nicht davon betroffen sei. „Wen wir aber natürlich haben wollten, ist zum Beispiel die Bild-Zeitung“, sagt Nave. Im vergangenen Monat entschied das Berliner Verwaltungsgericht bereits, dass Live-Streams der „Bild“ unter den zulassungspflichtigen Rundfunk fallen.

Bekannte Internetgrößen und deren Follower sind allerdings weiter skeptisch. So befürchtet die Content-Produzentin „Pandorya“, die 20.000er Grenze würde noch immer große Streamer wie „Gronkh“ ins Visier nehmen. Wenn sich die Grenze aber auch auf die oft reichweitenstärkeren Youtube-Videos beziehen würde, seien wiederum unglaublich viele Freischaffende im Netz betroffen.

Zumindest gegen die Unsicherheit um „Video on demand“-Services stellt Nave klar: „Abrufdienste sind niemals zahlungspflichtig.“ Youtube-Videos würden von den neuen Regelungen also nicht betroffen sein. Was übrig bleibt, ist die Frage, wer künftig die geplante Grenze von 20.000 durchschnittlichen Zuschauern überschreiten wird. Portale, um die Statistiken eines Streamers auf der derzeit populärsten Videoplattform „Twitch“ herauszufinden, gibt es zwar einige, doch alle zeigten sich in der Vergangenheit nur begrenzt verlässlich.

„Gronkh“ ist laut der Seite „twitchmetrics“ auf Platz drei der größten deutschen Streamer hinter „Trymacs“ und „Montanablack“ – zumindest, wenn die Followerzahlen der Twitch-Kanäle betrachtet werden. In Bezug auf die durchschnittliche Zuschauerzahl der ersten sechs Monate im Jahr 2019 wiederum, überholt „Gronkh“ „Trymacs“ klar und steigt mit etwas mehr als 17.500 durchschnittlichen Viewern auf Platz zwei auf. „Montanablack“ liegt nach Angaben der Seite „twitchtracker.com“ bei mehr als 25.000 durchschnittlichen Zuschauern in den vergangenen sechs Monaten. Nach den geplanten Regelungen müsste sich in Deutschland also lediglich „Montanablack“ eine Rundfunklizenz zulegen.

Unklare Umsetzung

Doch wie genau letztendlich die durchschnittlichen Zuschauerzahlen der jeweiligen Streamer aussehen, wissen nur sie selbst. Wie also sollen die Zahlen erfasst werden? „Die Länder machen sich da keine Gedanken“, sagt Nave. Die Regelungen dazu würde den Landesmedienanstalten überlassen werden und deren Pläne seien erst in den kommenden Monaten absehbar. Eins sei aber klar, so Nave: Der künftige Medienstaatsvertrag soll in jedem Bundesland gleich umgesetzt werden. Ein Flickenteppich sei also nicht zu erwarten.

Nach Angaben von „Spiegel Online“ werden die Medienanstalten verlangen, „dass sich die Betreiber von Kanälen anmelden, sodass diese zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie etwa gegen Gesetze verstoßen“. Wenn jemand aber gerade mit dem Streamen beginnen würde, müsse er sich nicht sofort bei der Landesmedienanstalt registrieren lassen, sagt Nave. Das sei erst dann nötig, wenn der betroffene Streamer merke, in die Nähe der Zuschauer-Grenze zu kommen.

Nur Streamer aus Deutschland betroffen

Der wohl engagierteste Kritiker des RStV, Peter Smits von „PietSmiet“, zeigte sich auf Twitter bereits zuversichtlich:

Auch er befürchtet nicht, dass andere Streamer als „Montanablack“ in Deutschland künftig eine Runfunklizenz beantragen müssen. Wichtig ist hierbei, dass laut Nave tatsächlich nur Streamer, die in Deutschland leben von den geplanten Regelungen betroffen sind. Streamer wie „Ungespielt“, die zwar auf deutsch streamen, aber im Ausland wohnen, würden nicht unter den geplanten Medienstaatsvertrag fallen.