Die Minions, kleine gelbe Helferlein, haben mittlerweile Kultstatus. Foto: dpa/Universal Pictures

Der Film „Minions“ weckt Kindheitserinnerungen – und lockt scharenweise Jugendliche in speziellem Outfit und in Feierlaune ins Kino. Auf Initiative einer Schülerin auch in Waiblingen.

Dass Anrufer am Kartentelefon gleich 55 Tickets auf einen Schlag reservieren, kommt im Kino Traumpalast in Waiblingen eher selten vor. Genau das aber hat die Schülerin Ines Fadhlaoui kürzlich getan – und Karten für den Film „Minions – auf der Suche nach dem Mini-Boss“ gebucht. Dieser macht in jüngster Zeit aus speziellen Gründen weltweit Schlagzeilen. Denn der für Kinder ab sechs Jahren freigegebene Streifen erregt nicht wegen seiner Inhalte Aufsehen, sondern wegen eines Teils des Publikums, das er anlockt: schick in Anzug und Krawatte oder kleinem Schwarzen gekleidete Jugendliche, die einst als Kinder den im Jahr 2015 veröffentlichten Animationsfilm „Minions“ gesehen haben und nun die Rückkehr ihrer Kindheitshelden feiern.

Als Gentleminions, eine Wortkreation aus „Gentleman“ und „Minions“, strömen sie ins Kino. So auch in Waiblingen, erzählt Ines Fadhlaoui, die beim Kinobesuch einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd getragen hat. „Die meisten anderen kamen auch in Schwarz oder Dunkelblau“, erzählt die 15-Jährige, die die neunte Klasse des Waiblinger Salier-Gymnasiums besucht.

Andernorts haben Besucher im Kino über die Stränge geschlagen

Im Internet hatte sie Videos über den Gentleminions-Trend in aller Welt gesehen – und beschlossen, mitzumachen und weitere Mitstreiter zu begeistern. Sie hat Neunt- und Zehntklässler an ihrer Schule angesprochen und viele Freunde, die auf andere Schulen gehen. „Die haben wieder ihre Freunde mitgebracht“, erzählt Ines Fadhlaoui, wie es zur 55-köpfigen Gruppe kam, für die sie im Traumpalast Tickets für die Sonntagsvorstellung um 17.45 Uhr reservierte. „Bei der Ticketbuchung habe ich gesagt, dass wir uns benehmen werden“, sagt die 15-Jährige. Denn weil andernorts manche jugendliche Besucher im Kinosaal etwas über die Stränge geschlagen und beispielsweise Dinge herumgeworfen oder lautstarke Kommentare gebrüllt hatten, wurde der Film an manchen Orten aus dem Programm genommen, andere Kinos verweigern in Anzug gekleideten Zuschauern einfach den Zutritt.

Manche Kinos verweigern Anzugträgern den Zutritt

Letzteres sei ihres Wissens in Hamburg und München vorgekommen, berichtet die Schülerin – in der Region Stuttgart sei ihr hingegen kein Fall bekannt. Weil das auch so bleiben soll, hat sie „allen gesagt, dass wir uns auf jeden Fall benehmen müssen“. Wie es zu den Auswüchsen gekommen sei, könne sie ohnehin nicht so ganz nachvollziehen, sagt Ines Fadhlaoui: „Es geht bei dem Trend ja eigentlich darum, dass man wie ein Gentleman aussieht, und dann sollte man sich auch so verhalten. Aber das haben wohl manche falsch verstanden.“

In Waiblingen blieb es bisher ruhig

In Waiblingen war das anders – die 13- bis 18-jährigen Kinobesucher um Ines Fadhlaoui sind schön brav und friedlich gewesen. „Alle Leute saßen und haben nachher gesagt: Der Film war okay, aber doch eher etwas für Kinder – aber die Aktion war mega!“ Das Personal des Kinos sei mehr verwirrt als besorgt gewesen, und die anderen Besucher hätten die Aktion amüsant gefunden.

Der Trend ebbt indes schon wieder ab. Und ist, blickt man ein bisschen in die Vergangenheit zurück, durchaus kein neues Phänomen. Zumindest Ü-50-Kandidaten dürften sich an zwei Filme erinnern, die ähnliche Aktionen auslösten. Für die Komödie „Blues Brothers“ aus dem Jahr 1980 warfen sich echte Fans ebenfalls in schwarze Anzüge, eine dunkle Sonnenbrille auf der Nase war Pflicht. Noch extremer ging es bei den Aufführungen der „Rocky Horror Picture Show“ zu, die 1977 erstmals in die deutschen Kinos kam und zum Kultfilm wurde. Bei diesem warf das Publikum – passend zu den Szenen auf der Leinwand – mit Reis, Toastbrotscheiben und Klopapierrollen, tanzte ausgelassen, grölte Kommentare und schoss bei einer Regenszene mit Wasserpistolen.