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Die Polizei hat einen 20-jährigen Trickdieb ermittelt, der ältere Menschen in ihren Wohnungen ums Ersparte brachte. Die Opfer hätten ihn nie wiederkannt. Doch sein genetischer Fingerabdruck entlarvte ihn.

Stuttgart - Die Polizei hat einen 20-jährigen Trickdieb ermittelt, der ältere Menschen in ihren Wohnungen ums Ersparte brachte. Die Opfer hätten ihn nie wiederkannt. Doch sein genetischer Fingerabdruck entlarvte ihn - wie inzwischen 7142 Straftäter landesweit.

Der Betrüger fühlte sich zu sicher. Seine Masche vom angeblichen Mitarbeiter der Telekom, der alte Rechnungen kontrollieren müsse, die noch nicht bezahlt worden seien, funktionierte immer wieder. So auch bei einem 85-jährigen Mann in der Rosenbergstraße im Stuttgarter Westen, dem er eine Beratung über Telefonverträge andiente. 30 Minuten sprach er mit dem Opfer, griff derweil unbeobachtet nach der Geldbörse auf einem Regal im Flur und ließ mehrere Hundert Euro verschwinden. Der Täter rauchte dabei mehrere Zigaretten - und verschwand dann mit seiner Beute.

Allerdings verschwand er nicht spurlos. Die Ermittler freuten sich über zurückgelassene Kippen im Aschenbecher. Die Polizei hatte zur Tatzeit am 9. September bereits mehrere Anzeigen über Betrüger in Wohnungen älterer Menschen vorliegen. Unter anderem am 13. August in der Schreiberstraße im Stuttgarter Süden, wo ein 95-Jähriger von einem angeblichen Telekom-Mitarbeiter bestohlen worden war. Der Täter hatte dabei aber nur 50 Euro erbeutet.

Die Fundstücke gingen ins Labor, wo Speichel gesichert und ein DNA-Muster des Rauchers erstellt wurde. Am Donnerstag kam die Rückmeldung aus dem Landeskriminalamt: Treffer. Ein bereits polizeibekannter 20-Jähriger wurde identifiziert.

Wie viel der Verdächtige noch auf dem Kerbholz hat, wird nun ermittelt. Einige Taten kämen infrage - sicher glauben sich die Ermittler bei einem Fall vom 12. Oktober zu sein. In der Möhringer Straße im Stuttgarter Süden nutzte er die Hilflosigkeit eines demenzkranken 69-Jährigen aus, der die Geschichte vom Telekom-Mann, der alte Rechnungen über mehrere Tausend Euro kassieren müsse, durchaus glaubte. "Glücklicherweise schöpfte ein Bankangestellter Verdacht, als die beiden das Geld abheben wollten", sagt Polizeisprecherin Stephanie Reh. Er verweigerte die Auszahlung. Der Angestellte erkannte den Verdächtigen jetzt bei einer Lichtbildvorlage wieder.

Für Polizeisprecherin Reh ist der Fall ein Beweis, wie wichtig die DNA-Analyse gerade in solchen Fällen geworden ist. Die Täter könnten meist damit rechnen, dass sie von den betagten Opfern nicht mehr wiedererkannt würden. Der genetische Fingerabdruck ist indes ein untrüglicher Beweis.

Allerdings wird diese Ermittlungswaffe nicht immer genutzt. Nur bei 43,4 Prozent der etwa 2100 in Frage kommenden Täter nimmt die Stuttgarter Polizei überhaupt Proben für die DNA-Analyse. Mit dieser Quote liegen die Stuttgarter Ermittler im Landesvergleich auf Platz elf. In Schwäbisch Hall sind es 58,4 Prozent, in Emmendingen nur 28,7 Prozent. Immerhin ist der Anteil höher als der Landesdurchschnitt, der bei knapp 40 Prozent liegt.

Aber es lohnt sich offenbar: Seit dem Aufbau der bundesweiten DNA-Datenbank im Jahr 1998 hat das baden-württembergische Landeskriminalamt die Trefferquote Jahr um Jahr erhöht. "Im ersten Jahr, das war 1999, hatten wir gerade mal vier Treffer", sagt Horst Haug, Sprecher des Landeskriminalamts. Fünf Jahre später waren es schon 800, aktuell dürften es um die 1000 sein.

Bis heute konnten die 20 Mitarbeiter der DNA-Datenbank 7142 Treffer vermelden und Straftäter einer Tatort-Spur zuordnen. Längst gibt es dafür keine Gen-Formeln mehr, sondern anonyme Zahlencodes, die im Computer verglichen werden.

"Mit dem immer größer werdenden Bestand von Personen- und Spurendaten wird die Wahrscheinlichkeit eines Treffers natürlich größer", sagt Haug. Inzwischen hat Baden-Württemberg mehr als 100.000 Personendaten erfasst. Vor vier Jahren waren es 69.000. Voraussetzung sind "Straftaten von erheblicher Bedeutung", Sexualdelikte und eine Prognose, auch in Zukunft ähnliche Taten zu begehen. "Die DNA-Datei wächst aber nicht ins Uferlose", betont LKA-Sprecher Haug, "allein von Juli bis September sind 709 Altfälle wieder gelöscht worden."

Die Zahl der Fälle, bei denen Spuren von DNA am Tatort sichergestellt wurden, hat landesweit besonders 2008 zugenommen - um 16,7 Prozent auf 8240. Der Trend der Aufträge steigt. Die Blamage um verunreinigte Wattestäbchen hat daran offenbar nichts geändert. Nach dem Heilbronner Polizistenmord 2007 hatten Beamte monatelang nach einer Phantomfrau gesucht, bei der es sich aber nur um eine Arbeiterin des Wattestäbchenherstellers handelte.

Der Stuttgarter Trickbetrüger musste übrigens nicht festgenommen werden. Ludwigsburger Richter hatten ihn wegen anderer Fälle von Betrug und Urkundenfälschung bereits im Oktober in Untersuchungshaft geschickt.