Aus drei Fahrbahnen sollen im Bereich des Neckars nach dem Neubau nur noch zwei werden. Das sehen die aktuellen Planungen für die Schleyer-Brücke vor. Foto: Horst Rudel

Will die Stadt vom neuen Fördertopf des Landes profitieren, müssen die Anträge auf Zuschüsse zum Bau der Neckarbrücken bis zum 15. April fertig sein. Das führt zu erheblichen Problemen.

Esslingen - Die Zeit ist äußerst knapp bemessen. Esslingen will für den Neubau der Hanns-Martin-Schleyer-Brücke Zuschüsse aus dem neu geschaffenen „Sanierungsfond Brücken“ der Landesregierung bekommen. Mehr noch: mit der Aufnahme in das Förderprogramm will sich die Stadt die Chance bewahren, auch in Zukunft 50 Prozent der Sanierungs- und Baukosten für die Esslinger Neckarbrücken zu erhalten. Allerdings kann nur ein Schweinsgalopp den Deckel des Fördertopfs öffnen. Denn wenn die Schleyer-Brücke nicht am Jahresende 2022 steht, lässt sich Esslingen die Chance auf rund 85 Millionen Euro Landeszuschüsse entgehen.

Wie ambitioniert der Zeitplan für das Projekt ist, hat die Sitzung des Esslinger Gemeinderats am Montag gezeigt. Da hat das Gremium – obwohl in Teilen über die Probleme informiert – ohne Wortmeldung zunächst rund 550 000 Euro für die Planung des Brücken-Großprojekts bewilligt und das Ingenieurbüro Leonhardt, Andrä und Partner (LAP) mit den Arbeiten beauftragt. Dabei gäbe es über das von der Verwaltung vorgeschlagene Vorgehen durchaus Diskussionsbedarf. Denn in der Vorlage, über die der Gemeinderat zu beraten hatte, räumt die Verwaltung ein, dass sie von dem im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen und in der Vergabeverordnung vorgegebenen Weg abweiche. Der schreibt vor, dass die Ingenieurleistungen öffentlich ausgeschrieben werden müssen.

Die engen Fristen haben keinen anderen Weg ermöglicht

Andere Planungsbüros haben jetzt die Möglichkeit, die als Schiedsstelle zuständige Vergabestelle des Stuttgarter Regierungspräsidium anzurufen. Vor dieser hofft die Stadt mit dem Argument bestehen zu können, das Büro LAP habe in jüngster Zeit bereits mehrere Planungen für die Esslinger Brücken erstellt. So gesehen handele es sich um einen Folgeauftrag, den man nicht öffentlich ausschreiben müsse.

Klar sei in jedem Fall, so betont der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht, dass die engen Fristen des Landes keinen anderen Weg als den nun eingeschlagenen zuließen. Denn am 15. April müssen die Brückenbaupläne in Stuttgart vorliegen. Deshalb habe das Büro LAP bereits in den vergangenen Woche quasi als Vorleistung grundsätzliche Vorschläge für den Neubau der Schleyer-Brücke erarbeitet.

Der ursprüngliche Zeitplan sah vor, dass zunächst die Vogelsang- und die Adenauer-Brücke bis Ende 2022 saniert werden sollten, ehe dann bis 2025 die Schleyer-Brücke neu gebaut worden wäre. Nun ist geplant, zunächst die Vogelsang-Brücke bis Ende 2020 für 11,4 Millionen Euro instand zu setzen und danach die Schleyer-Brücke neu zu bauen. Als Kosten nennt die Stadt 15 Millionen Euro.

Gesamtkosten liegen bei mindestens 170 Millionen Euro

Im Anschluss daran soll 2023 und 2024 die Adenauer-Brücke so saniert werden, dass sie weitere zehn bis 20 Jahre hält, ehe dann in den Jahren 2034 bis 2044 sowohl die Vogelsang- , als auch die Adenauer-Brücke ebenfalls durch Neubauten ersetzt werden. Nach aktuellem Stand werden die gesamten Brückenarbeiten rund 170 Millionen Euro verschlingen. Dabei sind die Kosten für verkehrslenkende Maßnahmen, die Entsorgung kontaminierten Baumaterials, zusätzliche Gründungsmaßnahmen und – eine heute kaum kalkulierbare Größe – die allgemeinen Lohnkostensteigerungen in der Baubranche noch nicht berücksichtigt.

Die Möglichkeit, in den Genuss der Förderung zu kommen, hat noch weitere weitreichende Folgen. So wird die neue Schleyer-Brücke genau an der Stelle entstehen müssen, an der das bisherige Bauwerk steht. Auch an der Größe wird nichts verändert. Denn würde die Brücke versetzt oder mehr als 14 Meter breit, müsste dafür neues Baurecht geschaffen werden. Für ein Bebauungsplan-Änderungsverfahren reicht die Zeit aber nicht aus. Deshalb wird sich auch am Konstruktionsprinzip nicht viel ändern: Die Schleyer-Brücke bleibt eine sogenannte Mehrfeldbrücke. Die bisherigen Stützen werden wiederverwertet, allerdings modifiziert und verstärkt. Auch die Pfeiler im Neckar bleiben erhalten.

Komplett erneuert wird hingegen der Überbau. Die Spannbeton- wird durch eine Stahlverbundkonstruktion ersetzt. Veränderungen gibt es wohl auch bei den Fahrbahnen: Besitzt die alte Schleyer-Brücke durchgängig drei Fahrspuren, soll der Neubau im Bereich des Neckars lediglich zwei Spuren mit einer Breite von jeweils 3,50 Meter erhalten. Nur im Bereich der Einmündung in die Bundesstraße 10 soll es drei Fahrspuren geben. Dabei ist das letzte Wort aber noch nicht gesprochen. Auch die Frage, wie auf der neuen Brücke ein Radweg integriert werden kann, soll noch intensiv diskutiert werden.

Auch wenn die Planungen jetzt weitergehen, ist noch nicht sicher, ob Esslingen den Zeitplan halten kann. Sollte es Einwände oder genehmigungs-, naturschutz- oder privatrechtliche Einwendungen geben, könnte es richtig eng werden.