Die Altersversorgung von Landtagsabgeordneten sollte sich nach Ansicht eines Bürgerforums an dem orientieren, was für die meisten Menschen im Land gilt. Foto: dpa

Wie viel Geld sollen Abgeordnete in Baden-Württemberg für ihre Altersvorsorge erhalten? Eine unabhängige Kommission sucht nach dem richtigen Modell – auch mit Hilfe normaler Bürger.

Stuttgart - Eigentlich ist die Sache mit der Altersversorgung der Abgeordneten im baden-württembergischen Landtag verfahren. Die Parlamentarier hatten ihren im Eiltempo gefällten Beschluss, der ihnen die Möglichkeit einer lukrativen Pension im Alter ermöglicht hätte, nach öffentlichen Protesten wieder zurückgenommen – ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Landtags. Um aus der peinlichen Nummer irgendwie herauszukommen, soll jetzt eine unabhängige Expertenkommission helfen und einen Vorschlag für eine angemessene Altersversorgung der Abgeordneten machen.

Auf Anregung von Landtagspräsidentin Muhterem Aras (Grüne), die in Vorbereitung zur Kommission bei der Auswahl des Vorsitzenden erst nicht die glücklichste Figur abgab, soll das Gremium auch die Meinung der Bürger einbeziehen. Dazu wurde ein 65 000 Euro teurer Beteiligungsprozess in Gang gesetzt. Eine Gruppe aus 23 per Zufallsprinzip ausgewählten Männer und Frauen aus verschiedensten Berufen und Teilen des Landes befasste sich intensiv mit dem Thema – und erarbeitete Empfehlungen. Eine Rückkehr zur staatlichen Pension werde einstimmig abgelehnt, heißt es in dem am Samstag veröffentlichten Ergebnispapier.

Grundsätzlich halten die Bürger sogar die gänzliche Abschaffung des Privilegs der Pensionen für am gerechtesten. Sie plädieren für eine solidarische Bürger-Rentenversicherung, in die ausnahmslos alle Bürger einzahlen sollen, also auch Abgeordnete. Das Bürgerforum sei sich bewusst, dass dafür ein Beschluss des Bundestags notwendig sei, sagte der Moderator der Bürgerbeteiligung, Wolfgang Himmel. Die Mehrheit der Forumsmitglieder wünsche sich aber, dass sich das Land für diese Vision einsetze. Dieses Ergebnis überrascht, weil auch einige Beamte unter den Teilnehmern waren.

„Vorsorgebetrag von 1850 bis 2000 Euro“

Vorerst ist eine Bürger-Rentenversicherung aber nicht mehr als eine Vision. Aus Sicht der Bürger sollen sich die Landtagsabgeordneten deshalb schon jetzt an der Lebensrealität der meisten Menschen im Land orientieren. Zwei Modelle für die nahe Zukunft schlagen sie dazu vor: Entweder sollen alle Parlamentarier aus dem Südwesten verpflichtend in ein Versorgungswerk für Abgeordnete einzahlen, wie es ihre Kollegen in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg bereits tun. Oder aber sie sollen mit zwei Bausteinen vorsorgen, wobei der eine Teil des Vorsorgezuschusses in die gesetzliche Rentenversicherung und der andere Teil an die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder fließt, um von dort später eine Art Betriebsrente erhalten zu können.

So oder so, eine mögliche Änderung solle der Landtag gründlich und transparent für die Öffentlichkeit beraten. Ein beschleunigtes Verfahren werde abgelehnt, so Himmel.

Einen monatlichen Vorsorgebetrag von 1850 bis 2000 Euro statt der derzeit 1720 Euro halten die Mitglieder des Bürgerforums für angemessen, unabhängig davon, welches Modell gewählt werde. Außerdem erinnern sie in ihrem Papier daran, dass es allen Abgeordneten offenstehe, einen Teil ihrer Diät zur Seite zu legen. Klar, es ist kein Abgeordneter gezwungen, die 7776 Euro pro Monat mit vollen Händen auszugeben.

Folgt die Kommission den Empfehlungen?

Der Vorschlag der Bürger ist kein spontanes Bauchgefühl. Seit November 2017 haben sie sich in drei ganztägigen Veranstaltungen mit den unterschiedlichen Systemen der Altersversorgung, den bestehenden Regelungen zu Diäten und Altersversorgung im Bundestag und anderen Länderparlamenten sowie grundsätzlichen Fragen, was gerecht ist, auseinandergesetzt. Sie trafen Abgeordnete aller Fraktionen, um sich über deren Aufgaben, Arbeitspensum, Motivation und Meinung zur Altersversorgung zu informieren. Der ganze Prozess wurde von einem Konstanzer Beratungsunternehmen begleitet.

Ihre daraus abgeleiteten Empfehlungen wollen die Bürger der Expertenkommission am 5. Februar erläutern. Eines verspricht deren Vorsitzender, der Ex-Vizepräsident des Bundesverwaltungsgerichts, Michael Hund, schon jetzt: „Wir werden mit Sicherheit das Bürgervotum ernstnehmen.“

Ob die Kommission den Empfehlungen am Ende auch folgt, ist aber offen.