Die Eigentümerin des Geisterhauses an der Steckfeldstraße in Plieningen gibt an, das Haus wohl verkaufen zu wollen. Foto: Sebastian Xanke

Trotz der Wohnungsnot in Stuttgart fallen immer wieder Häuser auf, die leer stehen und verkommen. Diesmal im Steckfeld in Stuttgart-Plieningen. Welche Handhabe hat die Stadt dagegen?

Plieningen - Heruntergezogene, ramponierte Fensterläden, ein überquellender Briefkasten und Gestrüpp – viel Gestrüpp: Das Haus mit der Nummer 81 an der Steckfeldstraße in Plieningen hat sicherlich schon einmal bessere Tage gesehen. Wie lang genau diese guten Tage her sind, scheint in der Nachbarschaft des Gebäudes aber niemand so genau zu wissen. Ein direkter Anwohner lebt seit zehn, ein anderer seit 14 Jahren dort. Beide eint: Seit sie dort wohnen, steht das Haus leer. Ein aufmerksamer Leser hat unsere Zeitung auf das Gebäude hingewiesen.

Ein Blick auf das Klingelschild des zugewachsenen Hauses gibt wenig Auskunft über die gesuchten Besitzer, birgt dafür aber eine gewisse Ironie. In verwitterten Großbuchstaben steht dort BER. Die Parallele zum sich im ewigen Bau befindlichen Berliner Flughafen Berlin Brandenburg dürfte allerdings Zufall sein. Der Druck auf die Klingel des Gebäudes offenbart jedenfalls einen schönen hellen Klang im Inneren des Hauses. Es macht aber keiner auf.

Privatpersonen äußern Interesse

Vor und hinter dem Gebäude wuchert Grünzeug; direkt auf dem Weg zur Haustür sprießt eine ansehnliche Rose. Vor den zwei dazugehörigen Garagen kämpft sich Unkraut seinen Weg durch die Pflastersteine. Zwei oder drei Jahren sei es her, dass der Weg zum Hauseingang das letzte Mal freigeräumt worden sei, sagt uns ein Nachbar. 30 bis 40 am Gebäude interessierte Privatpersonen hätten mittlerweile bei ihm geklingelt. Nachfrage besteht also offenbar. „Das Haus soll einer zerstrittenen Erbgemeinschaft gehören. Das ist, was man so hört“, erzählt ein anderer Nachbar.

Leer stehende Häuser sind im von akuter Wohnungsnot betroffenem Stuttgart kein Einzelfall. Bis vor Kurzem standen oder stehen noch immer Häuser in Degerloch, Stuttgart-Hoffeld oder Kaltental leer. Welche Mittel hat die Stadt?

Zweckentfremdungsverbot greift nur bedingt

Die für Plieningen zuständige Bezirksvorsteherin Andrea Lindel sagt auf Nachfrage unserer Zeitung, sie habe das Haus im vergangenen Herbst dem Stuttgarter Baurechtsamt gemeldet. Von dort kommt eine Bestätigung: „Wir haben Kontakt mit der Eigentümerin aufgenommen. Sie hat uns gesagt, sie wolle die Wohnung verkaufen.“ Wann, ist unklar. In der Theorie kann das Baurechtsamt in Fällen von leer stehendem Wohnraum mit Zweckentfremdung drohen. Diese greift, wenn Gebäude seit Längerem unbewohnt sind und die Hauseigentümer keine plausible Erklärung dafür haben. Anschließend dürfen Bußgelder verordnet werden.

Doch in der Praxis beinhaltet das Zweckentfremdungsverbot einige Fallstricke. Das wohl gravierendste Problem: Gebäude, die bereits vor der Einführung des Gesetzes im Jahr 2016 leer standen, können von der Regelung nicht belangt werden. Viele der Gebäude, die Anwohnern schnell wegen Verwahrlosung auffallen, stehen jedoch deutlich länger leer. Und so bleibt dem Baurechtsamt nach eigenen Angaben oft nur eines: wiederholte Anrufe bei den Besitzern und der Versuch, sie von der Notwendigkeit des Wohnraums zu überzeugen. Ob das Haus an der Steckfeldstraße 81 also jemals wieder bewohnt wird, hängt ganz vom Willen der Eigentümerin ab.