Geislingen schläft noch, als die Läufer am Samstag schon kurz nach 4 Uhr den ersten Anstieg bewältigt haben. Foto:  

Euphorische Stimmung, gute Läufer, bestes Wetter. Erster Benefiz-Ultra-Trail ist ein Erfolg. Im nächsten Jahr soll es eine Fortsetzung geben.

Geislingen - Ein Mann in Badeschlappen lehnt entspannt an einem Auto und unterhält sich. Gerade mal anderthalb Stunden ist es her, dass er 115 Kilometer und 3400 Höhenmeter auf dem zertifizierten Wanderweg Albtraufgänger absolviert hat – am Stück und in nur zwölf Stunden und vierundzwanzig Minuten. Normale Sterbliche brauchen dazu geschlagene sechs Wandertage. Uli Calmbach heißt der Mann, er ist 55 Jahre alt und kommt aus Donzdorf. Als Erster ist er beim ersten Benefiz-Ultra-Trail Alb-Traum 100 um 16.24 Uhr vor der Geislinger Jahnhalle durch das Ziel gegangen. Dort war er auch mit weiteren 52 Ultraläufern um 4 Uhr in der Frühe gestartet.

Auf der Strecke ist Uli Calmbach das Reden etappenweise vergangen. Nach 81 Kilometern an der „Traumstation sechs“ auf dem Gairenbuckel hoch über Schlat, wo selbst PS-starke Autos angekeucht kommen, schnappt er sich ein Gurkenscheibchen und trabt weiter, zwölf Prozent bergan. „Auf geht’s, Qualmi!“, ruft ihm ein Freund hinterher, der ihn eine Weile mit dem Fahrrad begleitet hat und nun in Richtung Heimat abdreht. 12.38 Uhr ist es da, zwei andere Ultraläufer passierten diese Stelle sechs Minuten vor Uli Calmbach, der als Favorit gilt. Daniel Hernes aus Offenburg goss sich Cola in die ausgedörrte Kehle und steckte sich noch ein paar Salzbrezeln für unterwegs ein, bevor er erneut Fersengeld gab.

Käsewürfel, Schokolade und Fruchtgummis

Fast eine Dreiviertelstunde dauert es, bis der nächste Läufer, respektive die nächste Läuferin in Sicht kommt. Stephanie Lieb erreicht den Gairenbuckel um 13.15 Uhr und wird am Ende Vierte. Bis sie Kurs auf die Verpflegungsstelle nimmt, hüten Hans-Joachim Krippendorf und Ulrich Laitenberger, die sich im Göppinger Hospiz engagieren, das Büffet, das aus Wursträdle, Schokolade, Fruchtgummis, Käsewürfeln, Keksen, Äpfeln und Bananen besteht. Dahinter stapeln sich Sprudel-, Cola- und Apfelschorle-Kisten. Schon um 10 Uhr haben sie ihre Posten bezogen – für alle Fälle.

Am Ziel in Geislingen liegt Uli Calmbach vorne. Daniel Hernes ist Dritter. Die Etappe vor dem Gairenbuckel sei eine echte Durststrecke gewesen, erzählt der Donzdorfer. Am Anfang habe er sich dazu verleiten lassen, es zu schnell anzugehen. Erst nach dem Gairenbuckel habe er sich wieder gefangen. Was er an diesem Abend noch vor hat? „Füße hochlegen“, sagt er und grinst. „Morgen werde ich sicher nicht laufen.“

Unterdessen trudeln immer mehr Läufer an der Jahnhalle ein. Angelika Jaschinski geht um 18.21 Uhr über die Ziellinie, angefeuert von ihrer 14-jährigen Tochter Alicia, die die letzten hundert Meter neben ihr hertrabt. „Mir hat es so Spaß gemacht, super Stimmung, super Verpflegung“, ruft sie den Organisatoren vom Verein Alb-Traum 100 zu.

Die Dürnauerin hat den 57 Kilometer langen Halb-Traum mit 1700 Höhenmetern absolviert. Sie ist glücklich und noch gut bei Puste. Für die 50-Jährige ist es der erste Ultralauf. Bisher habe sie an Bergläufen von 25 bis 35 Kilometern Länge teilgenommen, erzählt sie. Dann bittet sie ihre Mitläufer zum Gruppenfoto.

Letztes Finish um 4.22 Uhr

Überglücklich ist auch Katja Kust. Sie hat als erste Frau die kurze Strecke bewältigt. Schon um 16.01 Uhr läuft sie durch das Ziel. Als Geislingerin ist es für sie Ehrensache gewesen mitzumachen. Sie ist froh, dass sie so gut durchgekommen ist, denn mit dem Laufen hat sie erst vor einem Jahr angefangen. „Aber in den vergangenen Wochen habe ich hart trainiert“, erzählt sie.

Während die insgesamt 177 Läufer – 53 Alb-Träumer und 124 Halb-Träumer –über Stock und Stein traben, schauen Andreas Bulling, der Initiator und Vorsitzende des Vereins Alb-Traum 100, und seine Mitstreiter, dass alles klappt wie am Schnürchen. Seit 4 Uhr sind sie mit nur kurzen Pausen am Start. Sie empfangen die Läufer, händigen Teilnahmeurkunden aus, geben Auskünfte – und behalten den Überblick. Andreas Bulling rechnet mit einer langen Nacht. Denn bis Sonntag früh um 4 Uhr haben die Alb-Träumer Zeit, die 115 Kilometer lange Strecke zurückzulegen. Am Ende wird es 4.22 Uhr, bis der letzte Läufer „finisht“, wie die Organisatoren sagen. Auch für manchen der 80 Helfer an den Verpflegungsstationen heißt es durchzuhalten.

Obwohl die Veranstaltung den Organisatoren alles abverlangt, sind auch sie bester Laune. Zwar hätten sich einige Läufer ein wenig verfranst, da müsse man beim nächsten Mal noch besser ausschildern, doch beschwert habe sich niemand, zieht Andreas Bulling Bilanz. Sein Stellvertreter Marco Höpfner verrät, dass der Termin für den nächsten Benefiz-Ultra-Trail schon feststehe: der 19. Mai 2019.

Das Ergebnis der Mühe kann sich im Übrigen sehen lassen. „Ich habe zwar noch keinen Kassensturz gemacht, aber mehr als 20 000 Euro sind das bestimmt“, sagt Andreas Bulling. Das Geld geht an soziale Projekte im Kreis Göppingen, unter anderem an das Hospiz in Faurndau.