Moira Wilkendorf ist seit 2011 bei der Polizei. Foto: Jonas Schöll/StZN

Moira Wilkendorf setzt sich in ihrem Beruf täglich für unsere Sicherheit ein und bringt sich dabei mitunter in Gefahr. Dafür gebührt der Polizistin aus Stuttgart Respekt – doch spiegelt sich das auch in ihrem Gehalt wider?

Stuttgart - Sie wird bei Verbrechen gerufen, fahndet nach Straftätern und hilft bei Unfällen: Für die Stuttgarter Polizeihauptmeisterin Moira Wilkendorf ist kein Einsatz wie der andere. In ihrem Beruf bringt sich die 27-Jährige mitunter in Gefahr. Die Palette der Vorfälle geht von der Aufnahme von Verkehrsunfällen, der Schlichtung von Nachbarschaftsstreitigkeiten bis hin zu häuslicher Gewalt.

Wie gefährlich Wilkendorfs Arbeit sein kann, zeigen Zahlen des Bundeskriminalamts: So verzeichneten die Behörden im vergangenen Jahr mehr als 38 000 Gewalttaten gegen Polizisten. Für ihre Arbeit verdienen Polizisten Respekt – doch spiegelt sich das auch in ihrem Gehalt wider?

Das Gehalt hängt von vielen Faktoren ab

Das Gehalt eines Polizisten hängt unter anderem vom Bundesland, dem Dienstgrad und der Erfahrung ab. Einen Überblick über die Besoldung von Polizisten in Baden-Württemberg finden Sie hier. In unserem Gehaltscheck Stuttgart verrät Polizeihauptmeisterin Moira Wilkendorf, warum Polizistin trotz aller Risiken ihr Traumjob ist, womit sie bei ihrer Arbeit zu kämpfen hat – und was am Ende des Monats auf ihrem Gehaltszettel steht.

Welche Kommentare kommen als erstes, wenn Sie auf einer Party von ihrem Beruf erzählen?

Grundsätzlich spreche ich in meiner Freizeit nicht so gerne über meinen Beruf. Man weiß nie, wie die Leute dazu stehen. Viele reagieren aber positiv und sagen: „Polizist, das wollte ich auch mal machen“. Das höre ich teilweise sogar im Dienst bei Personenkontrollen oder bei Verkehrsunfällen, wenn man es gar nicht erwarten würde. Andere Leute sind sofort total neugierig und möchten gleich die schlimmsten Geschichten wissen, die ich jemals erlebt habe.

Polizist ist kein ungefährlicher Beruf. Haben Sie ihre Eltern nicht gewarnt?

Nein, meine Eltern hatten keine Angst. Ich war als Kind schon sehr abenteuerlustig. Ich habe zwei große Brüder, von denen einer lange bei der Bundeswehr in Auslandseinsätzen gewesen ist. Meine Eltern sind das also schon ein bisschen gewöhnt. Von der Oma kommt schon mal ein Kommentar, wenn sie von Polizeieinsätzen in der Zeitung liest. Aber das ist alles in einem gesunden Rahmen. Ich fand den Beruf immer schon interessant – habe ihn aber auch stets mit Ehrfurcht betrachtet.

Macht Ihnen die zunehmende Gewalt gegen Polizisten nicht Angst?

Angst habe ich Gott sei Dank eher selten. Wer diesen Beruf ein paar Jahre ausübt, bekommt eine gewisse Sicherheit. Vor allem wenn ein Streifenpartner dabei ist, auf den man sich verlassen kann. Klar gibt es Momente, in denen man auch mal Angst hat. Wenn Menschen betrunken sind oder unter Drogen stehen, setzt das Adrenalin frei. In gefährlichen Situationen stehen wir unter Strom.

Was ist für Sie das Besondere an ihrem Beruf als Polizistin?

Polizistin ist mein Traumberuf! Es ist etwas Besonderes eine Uniform zu tragen. Ich mag die Abwechslung, denn kein Einsatz ist wie der andere. Außerdem gefällt mir die Zusammenarbeit mit den vielen anderen Einheiten, mit Behörden, der Feuerwehr und dem Rettungsdienst. Ein Dank an die Kollegen an dieser Stelle! Das große Vertrauen, das uns geschenkt wird, ist schon ein Ding! Das Beste ist: Viele meiner Polizeikollegen sind zu echten Freunden geworden.

Welche Eigenschaften muss ein guter Polizist mitbringen?

Ein guter Polizist braucht Fingerspitzengefühl im Umgang mit Menschen, ein sicheres und souveränes Auftreten sowie eine gewisse Sportlichkeit. Juristisches Fachwissen gehört selbstverständlich auch dazu. Und die Menschlichkeit darf natürlich nicht auf der Strecke bleiben. 

Wie sieht ihr Alltag auf der Arbeit aus?

An manchen Tagen komme ich zum Dienst und es steht sofort der erste Einsatz an. Entweder werden wir über die Leitstelle gerufen, wenn jemand 110 wählt, oder direkt übers Revier alarmiert. Es kann sich dabei um Unfälle oder Falschparker handeln, aber auch um Straftaten wie Körperverletzungen, Diebstähle oder Einbrüche. So geht es dann den ganzen Tag von Einsatz zu Einsatz. Tagsüber ist meist so viel los, dass wir erst nachts zur Schreibarbeit kommen.

Was war ihr schönstes Erlebnis als Polizistin?

Es gibt so viele tolle Erlebnisse, bei denen man die Dankbarkeit der Menschen spürt. Da weißt Du, dass Du gebraucht wirst. Etwa wenn man eine vermisste Person zur Familie zurückbringen kann. In besonderer Erinnerung bleibt für mich eine taubstumme und geistig verwirrte Frau, die auf die Wache kam. In der Nacht waren Polizisten zu ihr gekommen und sie hatte nicht verstanden wieso. Mit Händen und Füssen habe ich ihr dann erklärt, was geschehen war: Nachbarn hatten die Polizei alarmiert, weil sie Einbrecher in dem Haus vermuteten. Die Kollegen sahen nur nach dem Rechten. Der Frau ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen. Das sind so Momente, die einfach schön sind.

Haben Sie auch negative Erfahrungen gemacht?

Brenzlige Situationen habe ich schon mehrere erlebt. Was besonders unter die Haut geht, sind häusliche Gewalttaten. In einem Fall war ich als Zeugin in einem Prozess geladen. Eine Frau wollte sich scheiden lassen – der Mann wollte das aus verletzter Ehre aber nicht akzeptieren. Aus Angst haben dann vor Gericht aber sämtliche Familienmitglieder die Gewalttaten des Vaters verschwiegen. Der Mann wurde daraufhin freigesprochen. Die Richterin war stinksauer, es lag einfach auf der Hand, dass da vieles nicht passte. Das war kein schönes Gefühl, so machtlos zu sein.

Ist der Beruf als Frau noch schwieriger?

Ja, das kann sein. Körperlich sind Frauen wohl in 90 Prozent der Fälle unterlegen. Neulich hatten wir es zum Beispiel mit einem hoch aggressiven Boxer zu tun. Das war so haarscharf vor einer richtigen Eskalation – es ging dann aber gut aus. Nichtsdestotrotz ist es natürlich auch ein Redeberuf. Sportlich und auf Zack zu sein, hilft als Frau.

Was nervt sie am meisten an ihrem Job?

Mich nerven Leute, die uns wegen Winzigkeiten rufen. Da wird die Polizei so oft gerufen wie ein x-beliebiger Lieferant. Das ist besonders schlimm, wenn es woanders tatsächlich einen Notfall gibt. Mich stört auch, dass wir Polizisten oft als Gegner betrachtet werden, obwohl wir die neutrale Instanz sind. Wir sind da, um eine Lösung zu finden, um gegen das Böse zu kämpfen. Von vornherein ist man aber für viele der schwarze Peter. Auch die zunehmende Respektlosigkeit bereitet mir Sorgen. Manche denken, sie können machen, was sie wollen und tun es auch. Ein anderes Thema ist die Justiz. Manchmal erwarte ich, dass uns mehr der Rücken gestärkt wird. Wir schreiben viele Anzeigen für den Papierkorb, weil die Verfahren am Ende eingestellt werden. Das ist schade, wenn man viel investiert und nichts dabei rauskommt. Es fällt eine Menge Schreibarbeit an, viel mehr als die Leute denken. Das kann anstrengend sein!

Was verdienen Sie als Polizistin?

Wie viel man als Polizist verdient, hängt unter anderen vom Einsatzbereich und der Erfahrung ab. Ich bin Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst, ledig und habe keine Kinder. Derzeit verdiene ich ungefähr 2800 Euro brutto. Für Einsätze am Sonntag oder nachts gibt es Zulagen. Das sind bei mir im Schnitt etwa 130 Euro im Monat. Zudem erhalte ich Zuschläge, falls ich heirate oder Kinder bekomme. In meiner Besoldungsgruppe A9 kann das Gehalt auf bis zu 3.535,70 Euro brutto steigen. Zudem erhöht sich der Lohn mit der Dauer der Berufszugehörigkeit in Erfahrungsstufen, dem Familienstand und dem Dienstgrad. Der monatliche Verdienst als Anwärter im mittleren Polizeivollzugsdienst beläuft sich auf 1150 Euro netto im ersten Jahr, 1200 Euro netto im zweiten Jahr und 1250 Euro netto im dritten Jahr.

Finden sie das Gehalt fair angesichts der anspruchsvollen Arbeit?

Das Grundgehalt finde ich angemessen, aber die Zulagen zu ungünstigen Zeiten dürften mehr sein. Es macht schon einen Unterschied, wenn man nachts zehn Stunden am Stück arbeitet oder um vier Uhr früh morgens zum Dienst aufsteht. Das ist anstrengend und geht ans Körperliche. Generell gilt es beim Gehalt aber einen wichtigen Faktor zu berücksichtigen: Der Staat beteiligt sich an der Gesundheitsversorgung und dem Ruhegehalt, weswegen der Verdienst in der aktiven Zeit bereits geringer ist. Mit dem Gehalt komme ich aber in Stuttgart zurecht. Stuttgart ist generell teuer, aber keiner von uns erwartet, in einer Luxuswohnung im Zentrum zu wohnen. Ich möchte nicht klagen und nicht meckern.