Adolf Falk mit Ehefrau Karoline vor ihrem Haus. Foto: Stadtarchiv Remseck am Neckar

Mitte des 19. Jahrhunderts lebten noch hunderte Juden in Hochberg. 1939 floh der letzte, Adolf Falk, nach London. Warum erinnert man sich noch 80 Jahre später an den Geschäftsmann?

Remseck - Endlich ist er verlegt, der Stolperstein vor dem Gebäude der Hauptstraße 18 in Remseck am Neckar. Er soll an Adolf Falk erinnern, der bis 1939 hier im Stadtteil Hochberg gelebt hat. Bis vergangene Woche die kleine Gedenktafel aus Messing für Adolf Falk in den Boden eingelassen werden konnte, war es ein langer Weg. Ein Jahr lang recherchierten Daniela Zimmermann und Anke Steck im Stadtarchiv, um Adolf Falks Biografie zu rekonstruieren und seine Nachfahren aufzuspüren.

Gesichert ist wenig aus dem Leben Adolf Falks. Er wurde 1858 geboren, lebte in Hochberg und arbeitete dort als Metzger und Viehhändler. Im Sommer 1939 floh er im Alter von 81 Jahren nach London. „Vermutlich kam es ihm zugute, dass sein Sohn Hugo bereits dort lebte“, vermutet Daniela Zimmermann. Hugo Falk war bereits 1905 nach London ausgewandert, wo er zusammen mit seinem Onkel die größte Fabrik für Lampenöl in ganz England betrieb. Seiner Heimat am Neckar blieb er aber auch danach noch verbunden: Jedes Jahr sandte er eine Spende von 200 Mark nach Hochberg mit dem Wunsch, das Geld solle gerecht unter den Bedürftigen verteilt werden.

Hochbergern in Not lieh er Geld

Auch Adolf Falk war in Hochberg als Wohltäter bekannt. Gesichert überliefert ist davon kaum etwas, aber unter den älteren Bewohnern von Hochberg gibt es noch einige, welche sich an den großzügigen Geschäftsmann erinnern. So habe er in Not geratenen Hochbergern oft Geld geliehen. Zinsen für diese Darlehen habe er erst nach einiger Zeit erhoben. Ein anderes Mal soll einem Bauern die einzige Kuh verendet sein. Adolf Falk habe dem Mann, der auf das Zugtier angewiesen war, kurzerhand eine eigene Kuh ausgeliehen .

Geschichten wie diese trugen damals wie heute zum Ansehen des Metzgers bei. Und sie zeugen auch in den 1930er-Jahren von einem guten Verhältnis zwischen jüdischen und nichtjüdischen Hochbergern. „In der Reichspogromnacht 1938 ist versucht worden, die ehemalige Synagoge in Hochberg zu zerstören“, berichtet Daniela Zimmermann. „Das haben Hochberger Bürger verhindert.“ Zu diesem Zeitpunkt war die Synagoge bereits in eine Evangelisch-methodistische Kirche umfunktioniert worden, aber Zimmermann ist überzeugt: „Da ging es darum, ein Zeichen gegen die Pogrome zu setzen.“

Adolf Falks Nachkommen sind heute weit verstreut

Als er 1939 das Land verließ, war Adolf Falk der letzte Jude in Hochberg – bei seiner Geburt im Jahr 1858 hatte die jüdische Gemeinschaft in dem Stadtteil noch mehr als 200 Mitglieder. Seine Frau Karoline, die er 1885 geheiratet hatte, starb bereits im Jahr 1925. Sie war die letzte Person, die auf dem jüdischen Friedhof in Hochberg beerdigt wurde. Ihre Nachfahren sind weit verstreut: Neben Sohn Hugo, der nach London auswanderte, hatten Adolf und Karoline noch eine Tochter mit Namen Julie. Sie zog 1939 nach Luzern. Ein Teil ihrer Kinder und Enkel blieben dort, ein Sohn zog wiederum mit seinen Kindern nach Israel. „Wo es möglich war, haben wir mit Adolfs Nachfahren Kontakt aufgenommen“, sagt Zimmermann. „Sie wissen von dem Stolperstein und haben sich per Post für die Verlegung bedankt.“