Rund 50 Menschen haben auf dem Welzheimer Hermann-Schlotterbeck-Platz an die Reichspogromnacht erinnert und der Opfer des Naziregimes gedacht Foto: /Gottfried Stoppel

Am 82. Jahrestag der Reichspogromnacht gedenken 50 Menschen am Hermann-Schlotterbeck-Platz der Opfer der Nazis. Mitten in Welzheim stand dort einst ein Konzentrationslager.

Welzheim - Nur ein großformatiges Banner mit rotem Keil, der ein Hakenkreuz zerschlägt, wirkt etwas martialisch beim Gedenken zum 82. Jahrestag der Reichspogromnacht 1938, zu dem das Offene Antifaschistische Treffen Rems-Murr zur Kundgebung auf den Hermann-Schlotterbeck-Platz nach Welzheim aufgerufen hatte. Rund 50 Menschen sind am Montagabend diesem Aufruf gefolgt. Deutlich mehr, betonen die Veranstalter, als in den vergangenen Jahren. Angesichts der Kontinuität von Antisemitismus in der heutigen Gesellschaft sei dieses mahnende Gedenken von zentraler Bedeutung, betonten die Organisatoren beim wegen Anfahrtsproblemen leicht verspäteten Start der Kundgebung mitten in Welzheim. Und sie verwiesen dabei explizit auf die aktuellen, starken antisemitischen Tendenzen in der verschwörungstheoretischen Querdenkenströmung samt Verbindung zu rechtsextremen Gruppen und dem jüngsten Anschlag in Halle.

Seit Frühjahr gibt es den Hermann-Schlotterbeck-Platz

Auch im Rems-Murr-Kreis gab es einst Konzentrationslager, zum Beispiel das Frauenlager in Rudersberg oder das KZ am heutigen Hermann-Schlotterbeck-Platz im Herzen Welzheims, referierte der Fellbacher DGB-Vorsitzende Dieter Keller über die historische Bedeutung des Orts der Kundgebung. In dieses Lager wurden 1938 beinahe alle württembergischen Menschen jüdischen Glaubens verschleppt. Von dort aus wurden sie innerhalb weniger Tage in die Vernichtungslager deportiert. Beim KZ Welzheim am damaligen Oberen Marktplatz handelte es sich um ein 1935 eingerichtetes Gestapogefängnis – eine Nebenstelle der Gestapoleitstelle Stuttgart im dortigen Hotel Silber. In Welzheim wurden nach heutigen Erkenntnissen mindestens 65 Häftlinge – Zwangsarbeiter und politisch Verfolgte – ermordet. Zumeist nach Todesurteilen wegen geringfügiger Delikte.

Das prominentestes Opfer war Hermann Schlotterbeck, ein Mitglied der gleichnamigen kommunistischen Stuttgarter Widerstandsgruppe. Der Mann wurde im April 1945 von Welzheim nach Oberschwaben verschleppt und bei Riedlingen ermordet.

Gedenkminute auch auf dem Friedhof

Im Frühjahr dieses Jahres ist – 75 Jahre nach der Räumung des Lagers – zum Gedenken an die Opfer der Platz am einstigen KZ-Standort nach Hermann Schlotterbeck benannt worden. Für die diesbezüglich stark engagierte Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes steuerte Reinhard Neudorfer ein Grußwort zur „Antifaschistischen Gedenkkultur“ bei. Im Anschluss zogen die Teilnehmer der Kundgebung zur Welzheimer Friedhofsgedenkstätte – für eine Gedenkminute für alle Opfer des Naziterrors.