Ein grundlegende Renovierung ist teuer. Umso wichtiger sind daher Fachberater und Zuschüsse. Foto: dpa

Es lohnt sich, ältere Häuser grundlegend zu renovieren: Das steigert den Wohnwert und senkt den Verbrauch an Energie. Doch dabei sind unliebsame Überraschungen nicht selten.

Stuttgart - Wann genau das Häuschen im Ortskern eines Stuttgarter Vororts gebaut wurde, weiß niemand so genau. Um das Jahr 1890 wird es wohl gewesen sein. Für seine neuen Besitzer war klar, dass sie es nach dem Kauf sanieren und dabei auch energetisch aufrüsten wollten. Ein jährlicher Energiebedarf von deutlich mehr als 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter war auch alles andere als zeitgemäß. Also suchten sich die Besitzer einen Architekten und legten los.

Beim ersten Bauantrag sollte die Gebäudesubstanz weitgehend erhalten und lediglich eine grundlegende Sanierung durchgeführt werden. Doch bald nach Beginn der Arbeiten stellte sich dies als illusorisch heraus: Nicht nur die gesamte Dachkonstruktion, auch große Teile der Fachwerk-Außenwände waren so marode, dass sie abgerissen werden mussten. Schließlich blieben nur noch der Keller und Teile des Erdgeschosses übrig. Das jedoch zog einen neuen Bauantrag nach sich. Und der hatte es in sich: Nun mussten Bedenken von Nachbarn berücksichtigt sowie Abstandsflächen und Brandschutzbestimmungen eingehalten werden – und das alles im eng bebauten Ortskern.

Unliebsame Überraschungen

Mit einer solch problematischen Bausubstanz müssen sich glücklicherweise nur wenige Käufer von Altbauten herumschlagen. Dennoch gleicht die Sanierung eines betagten Gebäudes „einem Überraschungsei“, wie es Hannes Röhl vom Stuttgarter Architektur- und Technikbüro Raumplan treffend formuliert. Denn auch fachkundige Augen können nicht wirklich in das Innere von Wänden, Böden und Dächern hineinschauen. Zudem lassen sich gerade bei älteren Gebäuden aus den – manchmal spärlich vorhandenen – Bauunterlagen oft nur begrenzt Aussagen etwa über die Statik machen.

So sind unliebsame Überraschungen keineswegs selten. Umso wichtiger ist es, bereits im Vorfeld mit fachkundiger Beratung die Möglichkeiten sowie den zu erwartenden Kostenrahmen für eine Sanierung zu erörtern. Fachkunde ist ebenfalls gefragt, wenn es, wie in dem Beispiel geschildert, zu Problemen kommt. Dann muss die Baubegleitung nicht nur angemessen architektonisch und bautechnisch reagieren, sondern auch mit den zuständigen Behörden verhandeln. Oft muss die Lage auch mit denjenigen Organisationen erörtert werden, die das Vorhaben finanziell fördern. Schließlich können geänderte Baupläne andere Vorschriften und Regelungen zur Folge haben.

Das fast 130 Jahre alte Haus in dem Stuttgarter Vorort ist inzwischen auf einem guten Weg. Die Baumaßnahmen wurden zwar teurer als geplant, aber optisch wie energetisch hat sich der weitgehende Abriss und anschließende Neubau sehr gelohnt: Das Gebäude ist nun modern, hat seinen Ortskern-Charme aber bewahrt. Und als Niedrigenergiehaus hat es nun einen Endenergiebedarf von nur noch rund 25 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr.

Der Weg zum Erfolg

Wer einen Altbau grundlegend sanieren will, muss sich zunächst selbst so kundig wie möglich machen. Eine gute Hilfe dabei ist zum Beispiel der „Sanierungsleitfaden Baden-Württemberg“, den die Initiative Altbau herausgebracht hat. Zwar befasst er sich vor allem mit der energetischen Aufrüstung von Gebäuden, doch die dort geschilderten zehn Schritte sind bei jeder Sanierung hilfreich. Auch rein rechtlich ist klar: „Wer ein altes Haus grundlegend restaurieren will, muss es auch energetisch auf Vordermann bringen“, sagt Ulrich König, der Leiter des Stuttgarter Energieberatungszentrums (EBZ). Dabei sollte man in jedem Fall das Angebot zu einer gründlichen Beratung annehmen und fachlichen Beistand suchen, denn: „Dass eine Sanierung völlig schiefläuft, das muss nicht sein“, berichtet König aus seiner langjährigen Praxis. Denn gar nicht so selten suchen Bauherren nach leidvollen und letztlich unnötig teuren Sanierungserfahrungen Hilfe beim EBZ.

Beratung ist unerlässlich

„Es ist das Tagesgeschäft eines jeden Energieberaters, einen Sanierungsleitfaden zusammen mit seinem Kunden abzuarbeiten“, sagt EBZ-Chef Ulrich König. Informationen über unabhängige Energieberater und Beratungsstellen finden sich im Internet, unter anderem bei den Architekten- und Ingenieurkammern oder auf der baden-württembergischen Infoseite www.zukunftaltbau.de. Noch vor dem Gespräch mit dem Energieberater sollte man sich über den Zustand seines Altbaus im Klaren sein – und über die Gründe, Motive und Absichten, die hinter der Sanierung stehen. Die Beratung ist nicht umsonst, sie richtet sich vor allem nach dem Umfang des Vorhabens.

Zuschüsse sparen Kosten

Vor dem Umbau muss die Finanzierung stehen. Das bedeutet auch, sich – mithilfe des Energieberaters – staatliche Zuschüsse zu sichern. Dazu zählen auch möglicherweise kommunale Fördertöpfe, so zum Beispiel in Stuttgart. All das muss geschehen, bevor mit den Maßnahmen begonnen wird. Dabei können die Verhandlungen mit den zuständigen Förderinstitutionen sowie den Banken durchaus anstrengend sein.

Baubegleitung und Ausführung

Eine fachkundige Planung und die Verhandlungen mit den Behörden sowie die anschließende Baubegleitung durch einen Architekten, Bauleiter oder Energieberater kosten Geld. Doch die Chancen, durch eine passende Ausschreibung preisgünstige und zuverlässige Handwerker zu finden, steigen erheblich. Auf der anderen Seite sinkt die Gefahr unerkannter Fehler. All das spart viel Zeit, Ärger und Geld – vor allem wenn auch die Aufsicht über die Kosten auf diese Weise gewährleistet ist. Parallel zur Sanierung ist fachgerechte Dokumentation unerlässlich. Auch dies ist die Aufgabe der Baubegleitung: Der schriftliche Bericht samt Fotos ist für die Sicherheit der Bauherren genauso wichtig wie für die Freigabe von staatlichen Fördermitteln.

Neues Wohnen

Am Ende ist aus dem alten Haus ein neues geworden – was nicht ohne Folgen für das Wohnen bleibt: Das neue Heizsystem muss vermutlich anders gewartet werden als das alte. Vor allem aber müssen die persönlichen Lüftungsgewohnheiten überprüft werden: Während bei den alten zugigen Fenstern der Luftaustausch sozusagen inbegriffen war, muss nun die normale Feuchtigkeit, die beim Wohnen, Kochen und Duschen entsteht, durch gezieltes Lüften oder ein eingebautes Lüftungssystem abgeführt werden. Sonst droht Schimmel – und den will man ja in den „neuen“ vier Wänden keinesfalls haben.