Konzentration bei der Geruchsprobe: Die Tester des Gault & Millau wissen bei der Blindverkostung nicht, welchen Wein sie im Probierglas haben. Foto: Gottfried Stoppel

Für seine neuen Weinguides hat Gault & Millau erstmals in Fellbach verkostet – und den Trollinger neu entdeckt. Erstmals waren die Weintester des renommierten Genussführers Gault & Millau unterm Kappelberg zu Gast, um sich im Hölderlinsaal einen Überblick über die besten Weine Württembergs zu verschaffen.

Fellbach - Die Corona-Krise hat der Fellbacher Schwabenlandhalle eine Premiere beschert. Erstmals waren am Sonntag und Montag die Weintester des renommierten Genussführers Gault & Millau unterm Kappelberg zu Gast, um sich im Hölderlinsaal einen Überblick über die besten Weine Württembergs zu verschaffen.

Was jeweils ins Glas kam, bekamen die Tester allerdings nicht zu sehen

17 Männer und zwei Frauen tranken sich im Probierschluck-Modus durch mehr als 500 hochwertige Tropfen, um die Empfehlungen für einen der sieben neuen regionalen Weinführer zu erarbeiten. Mit in der Jury saßen mit Gerd Aldinger und Werner Seibold auch zwei Fellbacher Weinbau-Koryphäen, am Tisch mit den Proben entkorkte das Helferteam bereits am Montagmorgen edle Tropfen vom Kappelberg und dem Remstal – der Lemberger vom Fellbacher Weingut Rienth stand neben seinem Vetter vom Beilsteiner Amalienhof, die Fellbacher Weingärtner waren als Genossenschaft ebenso vertreten wie die Renommier-Weine privater Erzeuger. Was jeweils ins Glas kam, bekamen die Tester allerdings nicht zu sehen. Die für die Wein-Guides erarbeitete Konzeption sieht vor, dass ausschließlich mit Blind-Verkostungen geprüft wird – nicht, dass klangvolle Namen das Urteil der Jury trüben. Laut Ursula Haslauer vom Gault & Millau waren die Spitzenbetriebe mit ihren Top-Produkten vollständig vertreten, auch bei weniger bekannten Weingütern erreiche die Testliste einen repräsentativ sehr guten Durchschnitt zwischen Stromberg und Taubertal.

Wert gelegt wird bei der Vorstellung der Weine auf eine verständliche Sprache und eine Abkehr von Stilbeschreibungen vermeintlicher Experten

Dass die Wahl auf die Schwabenlandhalle als Ort für die regionale Verkostung fiel, begründet Haslauer mit dem Platzangebot für das in Corona-Zeiten auch bei einer Weinprobe geltende Abstandsgebot, aber auch mit der nötigen Logistik bei der Anlieferung der Flaschen. Zwei weitere Proberunden für die Süd-Ausgabe finden in München und im Kaiserstuhl statt.

Der vor allem als Restaurantführer bekannte Gault & Millau wird seit Mai von Hubert Burda Media verantwortet und will mit den regionalen Weinguides ein neues Konzept auf den Markt bringen. Statt eine allumfassende „Wein-Bibel“ sein zu wollen, sollen die etwa 350 Seiten starken Hefte künftig auch Ausflugstipps und Reiseempfehlungen umfassen, parallel zum im September erscheinenden Guide ist ein vierteljährliches Magazin geplant. Wert gelegt wird bei der Vorstellung der Weine auf eine verständliche Sprache und eine Abkehr von Stilbeschreibungen vermeintlicher Experten. „Dem Weinfreund geht es nicht um den Unterschied von dunkelrotem Rubingranat und mittelrotem Rubingranat“, fasst es Chef-Tester Otto Geisel zusammen. Er persönlich hat beim Test übrigens den Trollinger neu entdeckt: „Statt runde Süße zu suchen wird der jetzt ein wenig straffer und zeitgemäßer ausgebaut. Das passt zu einer modernen, weltoffenen Küche, etwa zu asiatischen Einflüssen“, verweist er auf die Renaissance, die etwa der Vernatsch in Südtirol erlebt. Geisel: „Eigentlich ist der Trollinger ein Erfolgsmodell“.