Der Montag war ein schwerer Tag für Käthe Weinholzner und ihren Mann Erich. Foto: Eileen Breuer

Die beliebte Gaststätte Zum Löwen in Steinenbronn hat am Montag ein letztes Mal aufgetischt. Das Wirte-Paar verabschiedet sich altershalber. Eigentlich sollte das Gebäude abgerissen werden. Wird dieses Schicksal vielleicht doch noch abgewendet?

Steinenbronn - Der steinerne Namensgeber thront auf dem Tresen, sein Blick richtet sich auf die 50 Sitzplätze im Gasthaus Zum Löwen. Viele Stammgäste haben auf den hölzernen Bänken mit den grünen Sitzkissen Platz genommen, um ein letztes Mal in den Genuss des „besten Kartoffelsalats in der ganzen Umgebung“, wie die Kellnerin ihn anpreist, zu kommen: Denn das Ehepaar Erich und Käthe Weinholzner schließt das Gasthaus Zum Löwen aus Altersgründen. Der Gastronom ist fast 80 Jahre alt, seine Frau 66. Nun ist für die beiden die Zeit gekommen, sich in den Ruhestand zu verabschieden.

Am vergangenen Montag servierten sie ein letztes Mal Maultaschen, Zwiebelrostbraten und Spargelcremesuppe an der Stuttgarter Straße in Steinenbronn. Schon in den vergangenen Jahren hatten die beiden ihre Arbeitszeit reduziert. Sie schlossen die Metzgerei, einen Mittagstisch boten sie seit Kurzem auch nicht mehr an. Nun ist Schluss.

Besonders traurig darüber sind die Stammgäste, die Woche für Woche und Jahr für Jahr im Restaurant Schnitzel, Spätzle und Bratkartoffeln bestellten. Thomas Pickel ist einer von ihnen. Er kommt eigentlich aus Nürnberg. Weil er aber in Leinfelden-Echterdingen einen Kunden betreut, übernachtet der Franke seit vielen Jahren regelmäßig im angeschlossenen Hotel, das Weinholzners Tochter führt. Vor allem das traditionell schwäbische Essen lockte Pickel in die gemütliche Gaststätte nebenan. „Hier wurde immer richtig gut mit Liebe gekocht. Hier konnte man daheim sein“, sagt Pickel. Oft bestellte er einen Rostbraten, im Sommer durfte es manchmal ein Wurstsalat sein. Am letzten Öffnungstag kommt ein Stück Rind auf seinen Teller. Doch nicht nur das gute Essen ließ ihn zum Stammgast im Löwen werden. Vor allem wegen der Gastlichkeit kam er immer wieder.

Den Gästen wird etwas fehlen ohne den Löwen

Eine Situation hat sich besonders in sein Gedächtnis gebrannt: Während eines Besuchs in Steinenbronn habe er schon früh am Morgen einen Kunden betreuen müssen. Weil um diese Uhrzeit noch kein Frühstücksbüffet angeboten wurde, lud Weinholzner ihn zu sich zum Frühstück ein. „So was bekommst du in keinem anderen Restaurant“, sagt Pickel. Nun, da die Weinholzners den Betrieb einstellen, werde etwas fehlen: „Es geht was, was man wirklich lieb gewonnen hat.“

Auch Manfred Zeyer kam regelmäßig, um die schwäbische Küche zu genießen. Seit mehr als 30 Jahren nahm er jede Woche im Restaurant Platz, am liebsten aß auch er: Rostbraten. Die Bedienung kennt seinen Namen, weiß, was er gerne isst. „Die Betreuung, die Bedienung – all das werde ich vermissen“, sagt Zeyer. Die Vorstellung, dass die Türen bald für immer geschlossen sein werden, scheint er noch nicht zu realisieren.

Bei Erich Weinholzner ist die Hoffnung, dass sich ein Nachfolger findet, noch nicht ganz gestorben. Nachdem er und seine Frau die Suche nach einem Pächter für das gesamte Gebäude, in welchem zusätzlich auch Fremdenzimmer und ein Saal mit Theaterbühne untergebracht sind, schon aufgegeben hatten, kommt der Stein nun offenbar doch noch einmal ins Rollen. Eigentlich war der Abriss des Gebäudes mehr oder weniger beschlossene Sache. Ein Bauträger hatte ein Neunfamilienhaus an dem jetzigen Standort des Löwen geplant. Im Juni hätten möglicherweise schon die Bagger anrollen sollen, um das Haus abzureißen.

Gibt es doch noch Hoffnung?

Nachdem der Gemeinderat jedoch gegen das Baugesuch gestimmt hatte, reifte eine neue Idee. „Wir wollen auf jeden Fall, dass es weitergeht mit dem Restaurant“, sagt Weinholzner. Er selbst kann und will aber in Zukunft nicht mehr am Herd und hinterm Tresen stehen. Deshalb muss zwangsläufig ein neuer Betreiber für die Gaststätte her. „Wir haben da jetzt was in Aussicht“, sagt Weinholzner. Genaueres wolle er aber noch nicht verraten. Nur das: Die Fremdenzimmer im Gebäude, in dem auch das Gasthaus untergebracht ist, wollen er und seine Frau weiter betreuen. Für das benachbarte Hotel sei weiterhin seine Tochter zuständig. Und auch die Theaterbühne im Saal soll weiterhin bestehen. „Wir haben ein paar Ideen. Die muss man jetzt nur noch verwirklichen“, sagt Weinholzner.

Auch der Bürgermeister war am letzten Tag da

Das ist eine Richtung, in die auch der Bürgermeister von Steinenbronn, Johann Singer, denkt. Auch er hat am Montag ein letztes Mal im Löwen unter der Leitung von Erich Weinholzner gespeist: „Der Gemeinderat und ich hoffen, dass die Gaststätte weiter betrieben werden kann. Das ist ein seit Jahrzehnten sehr gut geführtes Lokal in der Ortsmitte mit einer fantastischen schwäbischen Küche und einer unvergleichlichen Gemütlichkeit“, lobt er. Er selbst sei regelmäßig mit seiner Familie zu Gast im Löwen gewesen. Am ersten Schultag seiner Tochter hatte er mit seiner Familie am runden Tisch inmitten des Raums Platz genommen. Am Montagabend saß er an der gleichen Stelle. Doch selbst wenn in Zukunft weiterhin „Zum Löwen“ auf dem Schild über der Eingangstür stehen sollte, so wird nicht mehr Erich Weinholzner an den Tisch kommen und mit seinen Gästen einen Absacker trinken. Bürgermeister Singer bedauert das: „Da sind eine Verbindung und eine besondere Freundschaft entstanden. Er ist immer freundlich zu jedem. Das wird fehlen.“