In dem markanten Gebäude am Bahnhof ist das Irodion seit mehr als 25 Jahren ansässig und hat viele Stammgäste gewonnen. Nun soll das Restaurant weichen. Foto: Eva Schäfer

Das Irodion am Fellbacher Bahnhof muss schließen: Anstelle des griechischen Restaurants sollen Büroräume entstehen. Die Gastronomenfamilie ist verzweifelt. Was sagen die Stadtwerke als Vermieter dazu?

Babis Pathekas ist aufgewühlt. „Wie soll es bloß weitergehen?“, fragt er. Er sitzt an einem Tisch in seinem Restaurant Irodion und ist verzweifelt. Es ist Mittagspause, gerade war das Restaurant in dem markanten Rundbau mit der Klinkerfassade noch proppenvoll. Besucher aus umliegenden Firmen haben hier zu Mittag gegessen. Viele sind Stammgäste und schätzen die Küche des griechischen Lokals an der Kreuzung von Ringstraße und Bahnhofstraße.

Doch Babis Pathekas muss den Gästen auch eine bittere Nachricht servieren: Das Restaurant wird Ende des Jahres schließen. Das Aus liegt nicht etwa an der mangelnden Resonanz: „Am Wochenende haben wir 200 bis 300 Gäste“, sagt Babis Pathekas, der das Irodion zusammen mit seinem Bruder Dimitrios führt. Da sei es ohne Reservierung schwierig, einen Platz zu bekommen. Auch mittags gehen in der Regel zwischen 80 und 90 Teller raus – der Laden brummt.

Der Mietvertrag ist nicht verlängert worden

Es ist eine gute Nachricht, wenn eine Gastronomie im Quartier gut funktioniert und Leben in die Stadt bringt, besonders nach der Coronapandemie und in Zeiten der Kaufzurückhaltung, in der die Innenstädte um ihre Lebendigkeit kämpfen müssen. Umso schwerer ist es für Babis Pathekas, nun ausgebremst zu werden. Der Mietvertrag, über fünf Jahre abgeschlossen, ist nicht verlängert worden. Die Fellbacher Stadtwerke als Eigentümer und Vermieter haben Eigenbedarf angemeldet und wollen die Räume nun für Büros nutzen.

„Der Mietvertrag für das Irodion endet regulär Ende dieses Jahres, und es ist richtig, dass die Stadtwerke ihn nicht verlängert haben“, sagt Stadtwerke-Geschäftsführer Gerhard Ammon. „Diese Entscheidung haben wir uns nicht leicht gemacht, weil wir viele Jahre sehr gut mit den Pächtern zusammengearbeitet haben und das Angebot des Irodion für Fellbach selbst sehr schätzen“, sagt er. Alle anderen Überlegungen für die Stadtwerke und deren Schwestergesellschaft, der Wohnungs- und Dienstleistungsgesellschaft Fellbach (WDF), sich zusätzliche Büroräume zu verschaffen, seien aber gescheitert. Derzeit sei die WDF noch in den Räumlichkeiten der Stadtwerke untergebracht. Trotz großzügiger Homeoffice-Regelung bei den Stadtwerken und der WDF benötigten beide Gesellschaften aber wegen wachsender Aufgaben zusätzliches Personal und Büros.

Die im selben Gebäude leer stehenden Räume des früheren Gleisdreiecks seien zu klein, dort könnten maximal ein bis zwei Büros gebaut werden. Die Pächterin habe damals selbstständig gekündigt, teilt Sabine Sorg, die bei den Stadtwerken fürs Marketing zuständig ist, mit.

Stadtwerke wollen die Pächter bei der Suche unterstützen

Zudem wollten beide Gesellschaften eng beieinanderbleiben, um wechselseitige Synergieeffekte nutzen zu können. „Deswegen haben die Fellbacher Stadtwerke und die WDF leider keinen anderen Weg gesehen, als neue Büros in der Ringstraße 3 zu schaffen“, erklärt Gerhard Ammon.

„Die Gäste sollen es aus meinem Mund erfahren, dass wir hier aufhören“, sagt Babis Pathekas, den viele als „Chefkellner“ im Irodion kennen. „Ich kann nicht schlafen, wenn ich das nicht mitteile“, sagt er. Zu verbunden sei er mit seiner Kundschaft. „Manchen habe ich als Kind einen Lolli geschenkt, die kommen jetzt als Erwachsene zu uns“, erzählt er. Seit mehr als 25 Jahren ist er am Platz, im vergangenen Jahr hat das Restaurant ein Vierteljahrhundert Bestehen gefeiert.

„Die Stadtwerke haben uns immer so gut unterstützt“, sagt der Gastronom. In der Pandemie seien diese ihnen entgegengekommen, auch die Mitarbeiter der Stadtwerke seien regelmäßig zum Essen da. Daher verstehe er es nicht, warum nicht schon früher ein klares Signal gekommen sei, dass man die Räume für Büros brauche. Im Frühjahr/Sommer vergangenen Jahres habe man erfahren, dass Eigenbedarf anstehe. Dann aber seien die ganzen Umbau- und Sanierungsarbeiten schon ausgeführt gewesen.

Zur Pandemie kam noch ein Wasserschaden obendrauf

Wenn die Gastronomenfamilie früher ein Zeichen bekommen hätte, dann hätte sie nicht mehr so viel investiert. Denn das griechische Restaurant hat es gleich doppelt schwer erwischt – zu der Coronapandemie war noch ein Wasserschaden obendrauf gekommen. Man konnte 2020 daher nur wenige Tage regulär öffnen, berichtet Babis Pathekas. Für die Kosten durch den Wasserschaden im Restaurant sei zum großen Teil die Versicherung der Gastronomen aufgekommen, mit einem sechsstelligen Betrag. In dem Zuge hätten sie aber auch selbst Geld in die Hand genommen und unter anderem mit in eine neue Küche investiert.

Allein der neue Kühlraum habe 24 000 Euro gekostet, der Backofen wurde ersetzt für 4500 Euro, dazu neue Kühltruhen und manches mehr. Aber auch die Herrentoilette wurde saniert. Die neue Theke habe 34 000 Euro gekostet. Vieles könne man bei einem Umzug nicht mitnehmen – oder es wäre sehr aufwendig, die Dinge wieder in neue Räume einzupassen. „Ich verstehe das nicht“, sagt Babis Pathekas. Er ist ratlos. „Wir hatten noch nie Streit“, sagt er.

15 Familienmitglieder sind im Gastrobetrieb

Er ist jetzt 58 Jahre alt und hat drei Kinder. Insgesamt sind rund 15 Familienmitglieder in dem Gastrobetrieb aktiv. Für sie muss es nun irgendwie weitergehen. „Wenn wir es früher gewusst hätten, dann hätten wir uns schon umgeschaut, wir haben auch schon Angebote bekommen“, sagt Babis Pathekas. „Die haben wir aber alle abgelehnt. Wir hatten ja unseren Platz“, sagt er.

Nun muss er neu denken. Vor allem denkt er an seine Kunden. „Die Kunden sind das Wichtigste, sie sind die Basis für unsere Existenz und unser Leben“, erklärt der Gastronom. „Sie sind fast wie Freunde.“ Und er sagt nochmals: „Dass wir weggehen, das müssen sie von mir selbst hören – das bin ich ihnen schuldig.“

Stadtwerke wollen die Pächter bei der Suche unterstützen

Den Stadtwerken liege viel daran, dass das Irodion eine neue Bleibe in Fellbach findet, und deswegen würden sie die Pächter bei der Suche nach neuen Räumlichkeiten unterstützen, sagt Ammon. Kurzfristig solle dazu ein Gespräch mit dem Einzelhandelskoordinator der Stadt stattfinden. „Ich hoffe sehr, dass es dem Irodion gelingt, in Fellbach an anderer Stelle weiterzumachen, und die Stadtwerke werden die Pächter dabei tatkräftig unterstützen“, erklärt Ammon.

Für einen Stammgast, der gerade im Irodion speist, ist das allerdings kein Trost. „Ich komme seit 25 Jahren her, ich kann es nicht glauben, es ist ein schwerer Verlust“, sagt er. Und er kenne viele, denen es ebenso gehe: „Das Irodion gehört einfach zu meinem Leben dazu.“