Im Schnitzbiegel beim Hirsch in Schmiden hat der Gastbetrieb am Montag begonnen. Das Personal wurde entsprechend geschult und nimmt vor der Bestellung zuerst die Personalien der Gäste auf. Foto: /Ingrid Sachsenmaier

Restaurants, Pizzerien, Biergärten – in Fellbach und Kernen öffnen nach acht Wochen Corona-Shutdown die Gastbetriebe wieder. Wirte und die Gäste müssen sich an Regeln halten – mancher denkt sogar nun über einen Hygienezuschlag nach.

Fellbach - Die Tische stehen auf Abstand, ohne Tischdecken, ohne Blumen-Deko und ohne Salz- und Pfeffer-Streuer. Im Schnitzbiegel beim Hirsch in Schmiden sitzen wieder Gäste. Die Sonne strahlt, die Sonnenschirme sind aufgespannt. Normalerweise ist hier bei schönem Wetter jeder Platz besetzt. Normalerweise. Jetzt sitzen die Gäste an weit auseinander gestellten Tischen, maximal fünf Personen aus höchstens zwei verschiedenen Haushalten. Das Service-Personal trägt Maske.

Die letzten Mitarbeiter haben Michael und Martin Oettinger noch am Sonntag geschult

Seit Montag dürfen Gaststätten unter strengen Hygiene- und Mindestabstands-Regeln wieder öffnen. Beim Hirsch in Schmiden ist dafür alles vorbereitet. Die Brüder Michael und Martin Oettinger haben in der vergangenen Woche viel organisiert. Wie von der Landesregierung vorgeschrieben haben die Tische einen Mindestabstand von 1,50 Meter, Spender für Desinfektonsmittel stehen am Eingang zum Hof, jeder Gast muss einen Mund-Nasen-Schutz tragen, wenn er sich im Gastbereich bewegt, erst am Tisch darf er die Maske abnehmen, Reservieren ist Pflicht. Der Kellner nimmt beim Eintreffen der Gäste deren Personalien auf, denn im Fall der Fälle sollen Kontakte nachverfolgt werden können, vier Wochen werden die Infos aufbewahrt und danach vernichtet. Die letzten Mitarbeiter haben Michael und Martin Oettinger noch am Sonntag geschult. „Für alle ist es eine komplett neue Situation. Wir hoffen, dass wir alles bedacht haben und richtig handeln“, überlegt Martin Oettinger am ersten Tag.

Lauschiges Plätzchen im Park. Foto: Patricia Sigerist

Oettinger hat das Personal aufgeteilt – eine Service-Kraft bringt die Bestellung, die andere räumt ab und desinfiziert. So kommt der Kellner nur mit den fertigen Speisen und nie mit benutztem Geschirr oder Gläsern in Berührung, erklärt Martin Oettinger den Aufwand. Alle Mitarbeiter tragen Masken. Die Getränke werden auf Tabletts am Tisch gestellt, die Gäste bedienen sich selbst. Vor allem Stammkunden kommen gleich am Montag zur Mittagszeit. Am Abend gibt es zwei Durchgänge, die Gäste können für 16.30 bis 19 Uhr reservieren oder ab 19.30 Uhr kommen und müssen spätestens um 22 Uhr gehen. Dazwischen wird desinfiziert.

Jörg Rauschenberger vom Sterne-Restaurant Goldberg in der Schwabenlandhalle hat seit Dienstag wieder geöffnet

Dieser Aufwand lohne sich, davon sind sie überzeugt. Ob er sich am Ende auch finanziell rechnet, das wollen sie in etwa drei Wochen beziffern. Sie wissen von Kollegen, die bei jedem Gedeck einen Hygieneaufschlag von 4,50 Euro berechnen. Andere sagen, dass es sie weniger kostet, noch geschlossen zu haben als mit halbem Sitzplatzangebot und mehr Aufwand zu öffnen. „Wenn am Ende des Jahres bei uns eine schwarze Null steht, sind wir froh“, sagt Michael Oettinger, der in den letzten sechs Wochen 3000 Menüs für den Take-away-Service gekocht hat, zusammen mit seinen Azubis. „Eine tolle Erfahrung, hat wunderbar geklappt“, bilanziert er erfreut. Die Gourmet-Gastronomie bleibt aber noch geschlossen.

Jörg Rauschenberger vom Sterne-Restaurant Goldberg in der Schwabenlandhalle hat seit Dienstag wieder geöffnet, erstmals auch mit einem Außer-Haus-Angebot. Und: „Dieses Jahr hat das Goldberg den ganzen Sommer hindurch geöffnet.“ Armin Karrer vom Avui beschränkt sich wie die Oettinger’s im Moment auf das Bewirten im Gasthaus „Zum Hirschen“ in Fellbach und überlegt sich noch Corona-kompatible Lösungen für sein Sterne-Lokal. Joannis Malathounis in Stetten hat sie gefunden, am Dienstag hat er die ersten Gäste empfangen.

In der Weinstube Mack in der Schmerstraße sind am Montagabend alle Tische reserviert

Wer im Freien bewirten kann, ist in diesen Tagen besser dran. „Biergarten geöffnet“ hat Reza Sanati vom Parkrestaurant Fellbach in großen Lettern auf weiße Tücher geschrieben. Auf der Terrasse des Clubrestaurant des TV Oeffingen stehen die Tische ebenfalls im gebotenen Abstand. Daniele Artaris hat erst letzte Woche mit dem Take-away-Service seiner italienischen Gerichte begonnen, seit Dienstag ist das Lokal geöffnet. In der Weinstube Mack in der Schmerstraße sind am Montagabend alle Tische reserviert, allerdings sind es nur fünf. So hatte sich die neuen Gastgeber im Oberdorf den Anfang nicht vorgestellt. Ciro und Anna Messina hatten gerade mal zwölf Tage geöffnet, als der Shutdown kam. „Gehobene italienische Küche“ soll künftig serviert werden, jedoch nur abends. „Die Kundschaft scharrt nicht wirklich mit den Füßen“, hat ein Gastwirt neulich in einem Interview gesagt. So scheint es auch in Fellbach zu sein. Gäste und Gastgeber müssen „Verständnis zeigen und Verständnis haben“, so formuliert es Martin Oettinger.