Bio-Gemüse auf einem Wochenmarkt Foto: AP

Einige Händler und Wirte wollen ökologisch angebaute und regionale Produkte anbieten.

Stuttgart - Lebensmittel einkaufen, die den Erzeugern faire Preise garantieren, das können nur wenige Verbraucher konsequent durchziehen. Bei Kaffee, Orangensaft und Schokolade gehört es ja zum guten Ton. Doch wer denkt schon mal darüber nach, ob die Bandarbeiter beim Suppenhersteller anständig von ihrem Lohn leben können? Sich regional ernähren ist einfacher, Kaffee, Tee und Kakao mal ausgenommen. Man kauft bei den Anbietern um die Ecke oder auf dem Wochenmarkt im Vertrauen darauf, dass dass es aus Eigenanbau stammt und den Erntearbeitern ein ordentliches Auskommen garantiert. Am einfachsten kommen kritische Kunden mit Bioware durch: Es gibt zahlreiche gut sortierte Supermärkte mit ökologisch erzeugter Nahrung hoher Qualität.

Die Stuttgarter Genossenschaft Copino will alles. Sie wird noch in diesem Herbst in Stuttgart ein Geschäft eröffnen, das faire, regionale und ökologisch erzeugte Waren anbietet: öko-faire Textilien, Schmuck und Kunsthandwerk, feine Tees, Schokolade und edle Weine sowie Bioprodukte aus einem Umkreis von 100 Kilometern.

Man muss authentisch sein

Schwieriger ist der Anspruch - bio, fair und regional - umzusetzen, wenn große Mengen benötigt werden, etwa für Kantinen oder Restaurants. Peter Schmid, Präsident des baden-württembergischen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) hat im Bad Uracher Graf Eberhard schon probiert. "Man kann den Gästen Bio nicht aufzwingen", sagte er unlängst bei einer Veranstaltung anlässlich der fairen Woche im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart. Gleichwohl wüssten die Kunden lokale Spezialitäten zu schätzen, die Albaise (Linse) etwa oder Tafelspitz vom Alb-Ochsen aus dem Nachbardorf. Und wenn das Salatbüfett das Attribut herbstlich oder winterlich bekomme, vermisse ab November kein Gast die Treibhaus-Tomate.

Fest steht: Mit der Gastronomie profitieren auch Anbauer aus der näheren Umgebung eines Restaurants vom regionalen Anspruch. Den Beleg dafür liefert seit Jahren die Rose in Hayingen-Ehestetten mit Bio-Hotel und Restaurant. Der Hof wurde 1950 auf Demeterbewirtschaftung umgestellt. und schon vor 25 Jahren waren dort Dinkelspätzle zum Sauerbraten selbstverständlich auf der Speisekarte, Coca-Cola hingegen wird nicht serviert. "Ich kannte es nicht anders", erzählt der Enkel des Gründers und Spitzenkoch Simon Tress. "Wir haben Demeter einfach gelebt", sagt das einstige Mitglied der deutschen Köche-Nationalmannschaft. Bio und regional klappt bestens mit Gemüse und Kräutern aus Eigenanbau oder von Landwirten aus der Umgebung. Die liefern Tress auch die Zutaten für Demeter-Fertiggerichte, mit denen die Familie den winterlichen Gästeschwund auffängt. "Ein bissle Bio geht nicht", sagt Tress. "Man überlebt, wenn man authentisch ist."

Für den Hohenheimer Wissenschaftler Jan Niessen ist die Rose "ein Sonderfall". In einem Forschungsprojekt über Hemmnisse und Probleme beim Einsatz von Bio in der Außer-Haus-Verpflegung hat er noch etliche Lücken ausgemacht. "Es ist schwer, 10000 Mahlzeiten in einer Region zuzubereiten, in der es keinen Bioladen gibt." Die Logistik ist nicht professionell genug, viele Großhändler etwa liefern nicht in alle Regionen, oder sie verlangen Mindestabnahmemengen. Körner und Gemüse werden viel angeboten, bei Bio-Fleisch hingegen hapert's. Aufseiten der Kunden wiederum seien oft die Budgets gedeckelt. Nur fairer Kaffee hat sich in der Gastronomie auf breiter Front durchgesetzt. "Wir brauchen eine strukturelle Annäherung des stark wettbewerbsorientierten konventionellen und des kleinstrukturierten Bio-Marktsystems", rät Niessen.