Margarete Funk hat eine schwere Krankheit hinter sich. Deshalb kann sie mit Jockel nicht mehr lange am Stück spazieren gehen. Foto: Caroline Holowiecki

Monika Becker aus Stuttgart-Asemwald und Margarete Funk aus Stuttgart-Fasanenhof haben ein ähnliches Problem: Aus gesundheitlichen Gründen können sie mit ihren Hunden nicht mehr ausgiebig spazieren. Die Initiative Silberpfoten sucht daher Gassigeher.

Asemwald/Fasanenhof - Was für ein Hundeleben! Mizzi schlummert im Körbchen, und auch Anton döst, als ob ihn kein Wässerchen trüben könnte. Aber der Rüde kann auch anders. „Er braucht viel Bewegung, sonst zerfleischt er Kissen“, sagt sein Frauchen Monika Becker. Typisch Dackel-Mix eben. Dass der zehnjährige Strubbel sich an der Einrichtung vergreift, kann in letzter Zeit häufiger vorkommen. Anton ist nicht ausgelastet, weil seine Halterin nicht mehr so kann, wie sie möchte. Die agile Rentnerin hatte vor Kurzem einen Augeninfarkt, eine akute Durchblutungsstörung im rechten Auge. „Ich habe plötzlich schlecht gesehen und dachte, die Brille hat was“, erzählt sie. Nur Stunden später konnte der Arzt Monika Becker nicht mehr helfen. Auf dem einen Auge ist sie seither blind.

Nicht nur für Monika Becker ist plötzlich alles anders. Auch für Anton und Mizzi. Ausgedehnte Spaziergänge rund um den Asemwald – wo sie leben – sind aktuell nicht drin, da das Frauchen durch den Verlust des dreidimensionalen Sehens gehemmt ist. Den Tieren und den Kissen zuliebe muss eine Lösung her. Daher sucht Monika Becker über die Silberpfoten ehrenamtliche Gassigeher. Dies ist eine Initiative des Tierschutzvereins Stuttgart, die Senioren und Gehandicapte unterstützt. Die Idee: Freiwillige helfen aus, sodass Tiere und Halter zusammen bleiben können. Die Ehrenamtlichen bringen sich beim Gassigehen ein, bei Tierarzt-Fahrten oder besorgen Futter.

Im Idealfall profitieren alle: Die Halter müssen ihre Tiere – nicht selten die einzigen Weggefährten _ nicht hergeben, die Tiere bleiben in ihrer gewohnten Umgebung, die Gassigeher freuen sich über die Teilzeit-Hunde, und das Tierheim hat einen Zwingerplatz weniger gefüllt. 2017 wurde Silberpfoten mit dem Deutschen Tierschutzpreis ausgezeichnet, 2018 mit dem Deutschen Engagementpreis.

Nach schwerer Krankheit nur noch kurze Spaziergänge

Auch Margarete Funk vom Fasanenhof wird in der Silberpfoten-Kartei geführt. Nach einer schweren Krankheit kann die 77-Jährige mit ihrem kleinen Jockel keine großen Touren mehr machen. Der fünfjährige Yorkshire-Terrier aber will rennen, schnüffeln, spielen. „Ich kann raus mit ihm, aber nur zehn bis 15 Minuten. Das reicht ihm in seinem Alter nicht. Er soll nicht drunter leiden“, sagt die Seniorin. Zwar hat Margarete Funk schon einige Freiwillige gefunden, die den liebenswürdigen Mini-Wuschel ins Herz geschlossen haben, „mehr wären aber besser“.

Alle drei Hunde sind umgänglich

Alle mögen Jockel, der jeden Besucher schon im Treppenhaus freundlich begrüßt, und auch die alleinstehende Rentnerin liebt ihren Hund über alles. Im Alter von zwölf Wochen hatte sie ihn zu sich geholt. „Ich hatte mich sofort verliebt. Er ist ganz pflegeleicht und geht sofort auf die Leute zu“.

Auch Anton und Mizzi aus dem Asemwald sind umgänglich, betont Monika Becker. Anton ist zwar ängstlich und muss sich erst an neue Gesellschaft gewöhnen, doch „ich begleite das Gassigehen, bis Anton Vertrauen hat“. Mizzi wiederum, der gemütliche Jack-Russel-Mischling, ist taub. Trotz – oder wegen – ihrer Eigenarten: Die beiden sind Monika Beckers absolute Lieblinge. Seitdem sie die Tiere aus einer Tötungsstation in Ungarn gerettet hatte, ist das Trio unzertrennlich. „Das sind meine Lebenspartner. Wenn sie unglücklich sind, bin ich auch unglücklich.“