Verbraucher sollen bei den Energiekosten entlastet werden – ohne selbst aktiv zu werden. Foto: epd/Anke Bingel

Die Strom- und Gaspreisbremse ist seit 1. März in Kraft und soll Verbraucher entlasten. Doch die hat ihre Tücken. Warum es Probleme bei der Umsetzung gibt und was Verbraucher wissen müssen.

Mit den Preisbremsen, die seit 1. März 2023 gelten, will die Bundesregierung die Energiepreise deckeln und Verbraucher entlasten. Für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs sollen die Preise für Gas bei zwölf Cent pro Kilowattstunde (kWh) inklusive Mehrwertsteuer, für Strom bei 40 Cent und für Fernwärme bei 9,5 Cent gedeckelt werden. Verlangt der Versorger mehr, gleicht der Staat die Differenz aus. Doch wie funktioniert das, und worauf müssen Verbraucher achten?

Wie bekomme ich die Entlastung?

Verbraucher müssen keinen Antrag bei ihrem Energieversorger stellen. Die Preisbremsen greifen automatisch. Das bedeutet, dass die Energieversorger ihre Abschläge automatisch anpassen. Über die Neuberechnung und Höhe des Abschlags müssen die Energieunternehmen ihre Kunden laut Gesetz bis zum 1. März informieren. Wie gesagt: Das gilt für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Für die restlichen 20 Prozent müssen Kunden den vollen Preis bezahlen, je nach Tarif des Versorgers.

Was ist, wenn sich der Versorger noch nicht gemeldet hat?

Etliche Verbraucher haben noch keine Post von ihrem Energieversorger bekommen, die Entlastung durch die Preisbremsen steht ihnen trotzdem zu – auch rückwirkend für Januar und Februar. Was einfach klingt, hat in der Praxis Tücken. Energieversorger verwiesen schon Ende 2022 auf den großen Aufwand bei der Neuberechnung, da IT-Programme angepasst und etliche Tarifkonstellationen und Ausnahmefälle berücksichtigt werden müssen. Vor allem kleinere Unternehmen und Sonderversorger hätten es nicht geschafft, ihre Kunden zu informieren, sagt Matthias Bauer, Experte für Bauen und Wohnen bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Auf was sollten Verbraucher achten?

Verbraucher sollten die Informationsschreiben der Versorger und die neuen Abschläge genau prüfen, denn die seien teils „grottenfalsch“, sagt Bauer. In einem Fall lag der neue Abschlag mit Preisbremse bei 6000 Euro und damit um ein Vielfaches höher als der alte. Seit Mittwoch häuften sich die Beschwerden der Verbraucher, sagt Bauer. Seinen Angaben zufolge sollte in den Informationsschreiben der Versorger der aktuelle Grundpreis, der Arbeitspreis sowie der reduzierte Arbeitspreis (also der gedeckelte Preis, der für 80 Prozent des Jahresverbrauchs gilt) sowie der prognostizierte Jahresverbrauch angegeben sein. Zudem sollte eine Abschlagszahlung für März ausgewiesen sein sowie die Abschlagszahlungen ab April. Hintergrund: Die Preisbremsen sind zwar erst seit März in Kraft, gelten aber rückwirkend für Januar und Februar. Die Entlastung für diese Monate wird in der Regel mit der Märzabrechnung verrechnet.

Wie könnte so eine Abrechnung bei Strom aussehen?

Bauer macht eine Beispielrechnung für einen Vier-Personen-Haushalt auf mit einem prognostizierten Jahresverbrauch von 4000 Kilowattstunden Strom. Bei einer Deckelung des Strompreises auf 40 Cent pro kWh für 80 Prozent des Verbrauchs (also 3200 kWh) summieren sich die Stromkosten auf 1280 Euro. Für die restlichen 20 Prozent (800 kWh) muss die Familie den aktuell höheren Strompreis von etwa 50 Cent pro kWh zahlen, was 400 Euro entspricht. Hinzu kommt der Grundpreis von rund 120 Euro. Mit der Strompreisbremse kommt die Familie auf rund 1800 Euro Stromkosten und spart 320 Euro gegenüber den Stromkosten ohne Preisbremse (2120 Euro).

Und die Beispielrechnung bei Gas?

Bei einem Singlehaushalt mit einem prognostizierten Verbrauch von etwa 6000 kWh Gas beläuft sich der auf zwölf Cent gedeckelte Preis für 80 Prozent des Jahresverbrauchs auf 576 Euro. Für 20 Prozent des Jahresverbrauch muss der Singlehaushalt den Marktpreis von 16 Cent pro kWh zahlen, also 192 Euro. Zusammen ergibt dies 768 Euro, ohne Gaspreisbremse stiegen die Kosten fürs Gas auf 960 Euro pro Jahr. Der Grundpreis ist noch nicht eingerechnet. Ob mit oder ohne Energiepreisbremse, Sparen lohne sich stets, so Bauer.

Was ist mit Mietern?

Sie müssen noch auf die Entlastung warten. In der Regel hat der Vermieter mit dem Versorger einen Vertrag und bekommt auch das Informationsschreiben. Zwar muss der Vermieter seine Mieter darüber informieren, die Entlastung muss er aber erst spätestens mit der jährlichen Heizkostenabrechnung vollständig weitergeben. Im ungünstigsten Fall kann das für die Abrechnungsperiode 2023 bis Herbst 2024 dauern.

Fällt der Abschlag auf jeden Fall geringer aus?

Das kommt auf die Preisentwicklung und den Verbrauch an. Der monatliche Abschlag bei Strom und Gas, also ein Zwölftel des Jahresverbrauchs, wird wegen der Entlastung geringer ausfallen, wenn die Preise über den festgelegten Höchstgrenzen liegen. Der tatsächliche Verbrauch wird am Jahresende abgerechnet. Wer gespart hat, bekommt dann Geld zurück. Wegen der zuletzt gesunkenen Energiepreise haben einige Versorger inzwischen sogar Tarife unterhalb der Preisbremsen. Andere liegen deutlich darüber, was die Verbraucherschützer vermuten lässt, dass manche Versorger auf Mitnahmeeffekte setzen, denn die Entlastungen für die Kunden können sich die Versorger vom Staat erstatten lassen. Das heißt, dass die Unternehmen umso mehr von der staatlichen Hilfe profitieren, je höher etwa der Stromtarif ist. „Die Energiepreisbremsen sollen die Bürger entlasten. Umso ärgerlicher, dass mancher Anbieter offensichtlich versucht, abzukassieren und überhöhte Abschläge durchzudrücken“, sagt die Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands Ramona Pop.

Lohnt sich ein Wechsel des Versorgers?

Verbraucher sollten den Markt beobachten und nicht vorschnell wechseln, so Verbraucherschützer Bauer. Er rät Kunden, im Bestandstarif zu bleiben, wenn der günstig sei und sich im Bereich der Referenzwerte der Preisbremsen bewege. Versorger könnten die Energiepreise 2023 nicht einfach erhöhen. Zahle man aber deutlich mehr als 40 Cent für Strom oder mehr als 13 bis 15 Cent für Gas, könne sich ein Wechsel lohnen.

Verbraucheraufruf und Hotline

Beschwerden
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) will gegen Abzocke und mögliche rechtswidrige Praktiken bei der Entlastung durch die Energiepreisbremsen vorgehen und hat einen Verbraucheraufruf gestartet. Egal ob es um unverständliche Informationsschreiben, falsch berechnete Abschläge oder fehlerhafte Abrechnungen gehe, Verbraucher sollten Probleme melden unter: https://www.verbraucherzentrale.de/erfahrungen-mit-entlastungspaketen

Hotline
Das Bundeswirtschaftsministerium hat zudem eine Hotline geschaltet – für Verbraucher und Unternehmen. Eine Beratung zur Strom-, Gas- und Wärmepreisbremse gibt es unter der Nummer 0800 78 88 900, wie das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch in Berlin mitteilte. Antworten auf häufig gestellte Fragen stellt das Ministerium außerdem auf seine Homepage.