Platzhirsch EnBW hebt alle Tarife ab Januar um fast zehn Prozent an - Gas bald günstiger.

Karlsruhe/Berlin - Ein Jahr hat sich die EnBW beim Thema Strom zurückgehalten, jetzt erhöht der Karlsruher Energiekonzern die Stromtarife massiv über alle Sparten hinweg. Die Begründung, die der Konzern für den Schritt anführt, halten Experten nur für teilweise stichhaltig.

Baden-Württembergs Stromkunden werden ab kommendem Jahr für ihren Strom tiefer in die Tasche greifen müssen. Ein Zwei- bis Dreipersonenhaushalt mit einem Jahresverbrauch von 2900 Kilowattstunden (kWh) wird so jährlich mit rund 70 Euro zusätzlich belastet. Durchschnittlich werden die Tarife dabei um 9,45 Prozent erhöht, teilte der Karlsruher Energieversorger mit.

Hatte der Konzern bisher die Tarife meist in zwei Schritten im Abstand eines halben Jahres angepasst, erfolgt die Strompreiserhöhung ab Januar auf einen Schlag und über alle Sparten hinweg - also für Kunden der Grundversorgung (Tarif EnBW Komfort) als auch für Sondertarifkunden. Nach Unternehmensangaben sind durch die Preiserhöhung rund zwei Millionen Haushalte, vornehmlich in Baden-Württemberg, betroffen. Für Kunden mit Preisgarantie ändere sich nichts, sagte ein EnBW-Sprecher.

Ursache der Preiserhöhung sei der Anstieg der sogenannten EEG-Umlage, teilte der Konzern mit. Die Umlage wird zur Förderung der erneuerbaren Energien erhoben. Die Netzbetreiber stellen sie den Energieversorgern in Rechnung, diese geben sie - wie jetzt auch die EnBW - an die Kunden weiter. Die Umlage ist in letzter Zeit zweimal erhöht worden: Zuletzt wurde bekannt, dass sie zum 1. Januar 2011 von derzeit gut zwei Cent je kWh auf gut 3,5 Cent je kWh steigen wird.

In den aktuellen Strompreisen seien diese Umlageerhöhungen nicht enthalten, daher sehe man sich gezwungen, sie jetzt auf die Kunden umzulegen, sagte der Sprecher. Auch zahlreiche andere Unternehmen nutzen dieses Argument derzeit, Preiserhöhungen beim Strom zu rechtfertigen.

Experten halten diese Praxis indes für fragwürdig. "Verbraucher sollten nicht in vollem Umfang mit der erhöhten EEG-Umlage belastet werden", sagte vor einigen Wochen der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth. Der Chef der Regulierungsbehörde argumentiert vor allem damit, dass andere Teile des Strompreises, etwa die Entwicklung der Beschaffungskosten im Großhandel oder an der Börse, die Wirkung der EEG-Umlage zumindest teilweise kompensiere. Während die Umlage steigt, ist Strom an den einschlägigen Börsen seit Mitte 2008 nämlich deutlich günstiger geworden. Die Konzerne können sich also billiger eindecken. Bei vielen Stromanbietern, die ihren Strom längerfristig im Voraus einkaufen, spiegelten sich die Preisspitzen vom Frühjahr und Sommer 2008 in den Endkundenpreisen für 2010 wider, sagte Kurth. Diese Preisspitzen dürften für die Kalkulation der Strompreise 2011 aber nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Der EnBW-Sprecher sagte, für die EnBW treffe diese Argumentation nicht zu. Vorteile in den Bezugskosten gebe die EnBW zeitnah weiter.

Auch nach Ansicht des Bunds der Energieverbraucher (BdE) darf der Anstieg der Ökostrom-Umlage nicht als Vorwand für Strompreiserhöhungen genutzt werden. BdE-Chef Aribert Peters sagte unserer Zeitung, der höhere Anteil, etwa von günstigem Windstrom, am Energiemix wirke sich derzeit allgemein dämpfend auf die Börsenpreise bei Strom aus.

Wird Strom also teurer, gibt es Gas ab Januar günstiger. Ebenfalls für Grund- und Sondertarifkunden senkt die EnBW ihre Tarife für rund 250000 Haushalte um 0,14 Cent pro kWh oder 2,1 Prozent. Jährlich wird der Kunde so um 28 Euro entlastet. Damit sinke der Gaspreis zum vierten Mal in Folge, teilte der Konzern mit. BdE-Chef Peters sagte, eine Preissenkung mitten in der Heizperiode komme "deutlich zu spät".