Impression vom Januar aus der viel besuchten Blumenschau der Herzogin-Sibylla-Tafel in der Glockenkelter. Foto: Nicklas Santelli

In Kernen schmücken die Bürger während der Remstalgartenschau neue Plätze und sanierte Straßen mit einem Fahnenmeer.

Serie - Einen Appetitmacher erster Güte präsentierte die Gemeinde Kernen schon lange vor dem Start der Remstal-Gartenschau in der Glockenkelter: ein Kunstwerk aus Hunderten eng ineinander verschlungenen Blumen, gestaltet als üppiger Schmuck eines hochherrschaftlichen Fests wie es die Herzogswitwe Magdalena Sibylla im Schloss Stetten vielleicht einst gefeiert hat. Das war im Januar zur Zeit des „Winter-Weinwegs“ und wurde von geschätzt mehreren tausend Menschen besucht. Drei weitere Blumenschauen, ebenfalls mit kunstvollen Gestecken in historischem Ambiente, werden Besucher nach dem 10. Mai nach Kernen locken.

Der „Mr. Gartenschau“ in Kernen, Wolf Grünenwald, setzt auf „Blumenschauen, die das Herz berühren“ – und auf das Engagement der Bürger. Die Eigentümer öffnen 14 private Gärten mit Werken von 30 Künstlern zur „Garten-Kultour“ am 23. Juni. Bürger aus dem Kulturverein Kukuk schmücken ab 11. Mai die Straßen mit 120 Großfahnen und 1500 Wimpelfähnchen – eine Open-Air-Straßengalerie unter dem Motto „Natur gestalten – Naturgestalten“.

3,5 Millionen Euro an Zuschüssen

Dank großzügiger Zuschüsse vom Land und von der Region – Bürgermeister Stefan Altenberger spricht von „sensationellen 3,5 Millionen Euro“ – konnte Kernen 8,5 Millionen Euro ausgeben. Das ist viel Geld für eine Gemeinde mit 15 000 Einwohnern. Neue Spiel- und Sporteinrichtungen sind im Bau oder fertiggestellt. „Ganze Straßenzüge wurden hergerichtet, neue Plätze der Begegnung sind entstanden. Wir haben Grünflächen aufgewertet und insektenfreundlich gestaltet“, sagt Altenberger. „Die Bürger werden von diesen Projekten auch noch nach der Gartenschau in einem hohen Maße profitieren“, ist er überzeugt.

Viele Arbeiten sind abgeschlossen: „95 Prozent unserer Projekte kriegen wir rechtzeitig fertig“, verspricht Grünenwald. Selbst der spät begonnene Bürgergarten im Ortskern Rommelshausens mit einer Outdoor-Küche samt Kräuter- und Gemüsebeeten sowie der neu zu gestaltende Bahnhofsvorplatz erreichen das Ziel noch. Der Bürgergarten ist der Spielort, wenn der Ortsteil Rommelshausen in einer „Highlight-Woche“ vom 15. Juli bis 21. Juli im Fokus der Gartenschau steht: Schauplatz eines Kochduells, des Fests „Kernen feiert den Sommer“ und musikalischer Auftritte. Den neuen Sportanlagen Bike-Park und Skater-Bowl fehlt aber nach Planänderungen eine Baugenehmigung. Das neue Leitsystem folgt erst im Juli. „Das sind die fünf Prozent, die fehlen“, sagt Grünenwald.

Der Schlosssgarten erwacht aus dem Dornröschenschlaf

Ein Rundgang lohnt sich durch den Ortsteil Stetten. Er beginnt im lange in einen Dornröschen-Schlaf versunkenen Schlossgarten. Dieser ist für 1,3 Millionen Euro als zentrale Gartenschau-Fläche und Veranstaltungsort neu gestaltet und bepflanzt worden. Der Besuch ist kostenfrei – außerhalb von Veranstaltungen wie dem „funkelnden Lichterfest“ am Stettener Highlight-Wochenende vom 26. August bis 1. September, zu dem 4000 Besucher erhofft werden. „Der Schlosspark wird fertig, und er wird wunderschön“, betont Wolf Grünenwald. Sehenswert ist selbst der neue Spielplatz mit seiner Wurzelskulptur.

Im Schloss residiert seit 1864 die Behinderteneinrichtung „Diakonie Stetten“. Es ist nicht zugänglich, aber im Schlosshof findet am 26. Mai „Kuckmal!“, der Künstlermarkt des Vereins Kukuk statt. Von 1664 bis 1864 war das Schloss im Besitz der Herzöge von Württemberg. Hier residierten Herzogswitwen und ein Bruder des ersten Königs von Württemberg, aber auch die berüchtigte Mätresse Wilhelmine von Grävenitz. Diese Zeit, als Prominenz in Stetten ein- und ausging, wird in einer Vortragsreihe beleuchtet. „Kernen und das Haus Württemberg“ lautet das Gartenschau-Motto. Die 800 Meter lange, dreiteilige Murmelbahn beim Sängerheim, die in diesen Tagen ihren Feinschliff erhielt, ist entsprechend zur „Herzoglichen Kugelbahn“ geadelt.

Ab dem Schloss führt eine historische Achse durch frisch sanierte Straßen, Treppen und Wege bis hoch zur Ruine Yburg aus dem frühen 14. Jahrhundert. Theateraufführungen finden dort statt. Die Burgumgebung mit ihrem Remstalblick ist fit gemacht worden für größere Besucherzahlen.

Schlemermarkt in der Klosterstraße

Stolz erfasst Bürgermeister Altenberger, wenn er an dieser Achse die Klosterstraße präsentiert. „Stetten hat nun einen lebendigen Ortsmittelpunkt“, sagt er. Die Ortskernstraße ist für zwei Millionen Euro zum städtisch anmutenden Platz aufgeweitet und gepflastert worden. Am 11. Mai, wenn der Schlossgarten eingeweiht wird, findet in der Klosterstraße ein Schlemmermarkt der örtlichen Gastronomie statt. „Eine Gartenschau bedeutet Leben und Erleben. Wir wollen Naturerlebnisse, aber auch Veranstaltungserlebnisse schaffen“, sagt der Schultes.

Über die sanierte Steigstraße sowie über die Burgsteige entlang von wieder errichteten und nach historischem Vorbild bepflanzten Trockenmauern führt der Weg durch die Weinberge zur Yburg. Kunstwerke des Bildhauers Karl Ulrich Nuss werden bald den Weg säumen. Werke des Künstlers setzen schon seit längerem zur Ruine einen reizvollen Kontrapunkt.

Wengerthäuschen mit Pflückgarten

Wer jetzt noch weitere Attraktionen kennenlernen will, wandert zur Aussichtsplattform im Harthau, zu den Tieren entlang eines Schafwanderwegs – ein Schafschur-Familientag findet dort am 19. Mai statt – oder zur Fernsicht des „Dichterblicks“. Dort steht als stilisiertes Wengerterhäuschen die Remstal-Station der Star-Architekten Kühn Malvezzi aus Berlin mit einem Pflückgarten. Der Griff nach dem Obst ist ausdrücklich erlaubt. Wie allgemein für Kernens Gartenschau gilt auch hier: „Wir wollen den Menschen beides bieten, Ruhe in der Natur und die eine oder andere gesellige Veranstaltung“, sagt Altenberger. Parkplätze gibt es dort nicht.

Auch beim Murmelspaß der Kugelbahn oder dem Boulder, dem Kletterfelsen am groß ausgebauten Spielplatz im Tal, gibt es nur wenig Parkmöglichkeiten. „Unsere Gartenschau muss erwandert werden“, sagt der Bürgermeister. Ein dreirädriges Elektro-Tuk-Tuk rollt aber an manchen Sonntagen dorthin. Der Vertrag mit der Betreiberin steht kurz vor der Unterschrift.