Das Foto stammt von Claus Rudoplh. Seine Werke kosten 7000 bis 20 000 Euro. Foto: z

Die Degerlocher Galerie Nieser stellt sich neu auf. Pünktlich zu ihrem 15-jährigen Bestehen ändert sie ihr Konzept. Von Dezember 2013 an verkauft Norbert Nieser die ausgestellten Fotografien nicht mehr nur – er verleiht sie auch.

Degerloch - Norbert Nieser hat sich irgendwann gelangweilt. „Ich war müde, immer das gleiche zu machen“, sagt der Degerlocher Galerist. Nämlich Künstler zu suchen und ihre Werke zu präsentieren. Die Foto-Ausstellungen im Hause Nieser fanden stets Anklang in der Szene, es gab also eigentlich überhaupt keinen Grund, sich zu beschweren. Eigentlich, denn das Gefühl, dass sich etwas ändern muss, wurde immer stärker. Also hat sich der 56-jährige Degerlocher entschieden, ein Jahr zu pausieren. Für die Inspiration.

In dieser Zeit hat er die Galerie der Kuratorin Bettina Michel überlassen. „Ich wollte, dass der Galeriegedanke nicht endet“, sagt er. Für Nieser und seine Erneuerungswünsche hat sich das Jahr gelohnt. Die Auszeit hat ihn beflügelt, er hat ein neues Konzept. Von Ende des Jahres an wird er die Foto-Arbeiten seiner Künstler nicht nur verkaufen, sondern auch vermieten. Pünktlich zum 15-jährigen Bestehen der Galerie.

Viele können sich die Kunst nicht leisten

„Fotos lassen sich gut an Museen oder Sammler verkaufen“, sagt Norbert Nieser. Die Privatperson als Kunde sei indes eher die Ausnahme. Schlicht, weil vielen das Geld fehle. Und auch Firmen seien zunehmend zurückhaltend bei Ausgaben für Kunst. Die Fotografien von Claus Rudolph zum Beispiel liegen preislich zwischen 7000 und 20 000 Euro. Das können oder wollen sich nur wenige leisten.

Autos würden doch heutzutage auch geleast werden, sagt Nieser, warum also nicht dasselbe mit Kunstobjekten versuchen? Ab dem Zeitraum von einem Monat wechseln die Fotografien die Wände.

Niesers Idee soll nicht nur interessant sein für Kunstliebhaber mit schmalem Geldbeutel. Sie soll auch den Künstlern selbst helfen. „Sie haben es ganz schwer, von ihrer Kunst zu leben“, sagt er. Und was bringt es einem Claus Rudolph, wenn er seine Bilder nach einer Ausstellung wieder im Lager verstaut? „Die Künstler fanden die Idee total spannend“, erzählt Nieser. Die Versicherungen wiederum waren zunächst unsicher. Mit Fällen wie diesen haben sie anscheinend kaum Erfahrung.

Fotokunst für unter 100 Euro

Zusätzlich zur fürs Wohnzimmer mietbaren Stimmung will Norbert Nieser einmal im Jahr einen Kunstsupermarkt öffnen. Dann soll es Fotoarbeiten für einen Preis unter 100 Euro zu kaufen geben.

„Wir müssen halt vermeiden, dass wir ein Postershop werden“, sagt Nieser. Denn auch wenn die neue Herangehensweise des Degerlocher Galeristen verfängt, ist sie trotzdem eine Gratwanderung. Einerseits haben die Künstler ein Interesse daran, dass andere ihre Fotos bestaunen, statt dass sie im stillen Kämmerlein verstauben. Andererseits wollen sie ihre Werke freilich nicht verramschen.

Trotz der Innovationen werden die Fotografien bei Norbert Nieser aber nicht nur Ausleihware sein. Die Degerlocher Galerie bleibt, was sie ist: ein Ort der Ausstellungen und des Kunsthandels. Nieser hat bereits das nächste Jahr geplant – mit erotischem Schwerpunkt.

Ab Ende 2013 nur erotische Fotografie

An den Degerlocher Wänden werden von Ende 2013 an nur Aktfotos hängen. Das sei der ausdrückliche Wunsch der Besucher gewesen, sagt er. Am 14. Dezember eröffnet Norbert Nieser mit Werken von Rüdiger Schestag. Und im Herbst 2014 möchte der Galerist Fotografien in 3D ausstellen. „Wir sind im 21. Jahrhundert“, sagt er. „Dann müssen die Besucher halt mit Brillen durch die Ausstellung laufen.“

Während der zurückliegenden Monate hat Norbert Nieser übrigens nicht nur am Zukunftskonzept für seine Galerie getüftelt. Norbert Nieser hat das Jahr auch privat genutzt. Im Mai hat er spontan seine Freundin Susanne geheiratet – in Thailand. Weil die beiden allein dort waren, haben sie sich zwei Trauzeugen gemietet. Und die Hochzeitsfotos hat Nieser selbst gemacht. Die Kamera stand auf einem Stativ, den Auslöser hatte er in der Hand, während er das Ja-Wort gab. So ist Nieser, immer für eine Verrücktheit gut.