Mick Orel, Hausbesitzer Tino Kraft, Dennis Orel und Oliver Kröning (von links) im Keller ihrer Galerie Kernweine im Stuttgarter Süden. Foto: Andreas Engelhard

Das junge Stuttgarter Studio Orel ist vom Art Directors Club für Deutschland zur Aufsteiger-Agentur des Jahres ernannt worden. In seiner coolen Galerie Kernweine zeigt das Kreativtrio Fotokunst und feiert Partys, die zu den besten der Stadt zählen.

Stuttgart - Wenn vor 100 Jahren die Beschäftigten der Brauerei Dinkelacker genug vom Bier hatten, wechselten sie die Straßenseite. Gegenüber gab’s bei Kern Weine einen besonders guten Most. Dort, wo durch Keltern im Keller einst der vergorene Durstlöscher gewonnen wurde, ist heute ein schwarzer Punkt der Star.

Der schwarze Punkt ist das Symbol der im vergangenen November an der Cottastraße im Süden eröffneten Galerie Kernweine. Er ist der rote Faden, so mag man fast sagen, der sich durch einen spannenden und oft noch zur späten Stunde quicklebendigen Ort der Kunst und Kommunikation zieht. Ob auf Plakaten oder Postkarten, in allen Schriftsachen, natürlich auch bei den Internetaktivitäten, tut sich ein schwarzer, fetter Punkt auf.

Schon jetzt legendär

Wie lässt sich erklären, warum die Partys, die in diesem schwarzgepunkteten Kulturbiotop mit Hinterhofcharme gefeiert werden, schon jetzt legendär sind?

Über eine steile Steintreppe taucht man in die Unterwelt der modernen Fotografie ab. Im Kellergewölbe, könnte man sagen, kann man die vergangenen Mostzeiten der Stadtgeschichte einatmen – und spürt gleichzeitig die Zukunft der jungen Fotokunst, die einen Gegenpol und einen Gegenpunkt zu allem Etablierten setzen will.

An den Brüdern Dennis und Mick Orel sowie an Oliver Kröning, den drei jungen Chefs des Studio Orels, liegt es, die mit Tino Kraft, dem Geschäftsführer des Malergeschäfts Helmut Schweizer und dem Hausbesitzer des Kernweine-Gebäudes, die Galerie mit dem Untertitel „Foto und Raum“ sehr ambitioniert und mit einem feinen Händchen für Skurriles betreiben. Mit einer Bar und einem Laden, in dem es schräge Geschenkartikel sowie in Stuttgart sonst nur schwer erhältliche Bildbände gibt, haben sie der boomenden Tübinger Straße zu einem weiteren Magneten verholfen.

Zu den Kunden zählen Porsche, Mercedes und Uhlsport

Zuletzt ist hier mit Gedränge die Finissage des französischen Fotokünstlers Constantin Schlacher gefeiert worden. Die Pariser Klangkünstlerin Fatäk legte im tiefsten, also im schwärzesten Punkt des Kellers elektronische Musik auf, während oben im Hinterhof aus Thüringen gelieferte Würste auf dem Rost lagen. Ein großes Team an Barpersonal sichert lange Öffnungszeiten ohne Ruhetag. Jeden Abend schließt die Café-Bar erst, wenn die letzten Gäste gehen. Manchmal ist es dann schon lange hell. „Noch ist die Bar ein Zuschussbetrieb“, sagt Dennis Orel.

Wie gut, dass die Geschäfte in seinem Studio in Heslach mit Kunden wie Porsche und Mercedes so gut laufen. Für die Fahrschul-Franchisemarke Academy hat das Kreativtrio die Kampagne „Kannst du Auto?“ entwickelt, die sich an junge Leute richtet, die an vieles denken, aber nicht an den Führerschein.

„Du kannst küssen, du kannst chatten, du kannst reisen“, heißt es in dem schnell geschnittenen Spot, bevor die zentrale Frage folgt: „Kannst du Auto?“

Bei der ACD-Night of Honour wurden sie in Frankfurt gefeiert

Die drei Stuttgarter dürfen sich nun „Rookies“ nennen, wie in den USA hoffnungsvolle und talentierte Sportler heißen. Der Art Directors Club für Deutschland hat das Studio Orel zur Rookie-Agentur des Jahres gekürt, was in der vergangenen Woche bei der Night of Honour in Frankfurt mit 220 Top-Kreativen der Republik gefeiert worden ist.

Der Ehrentitel dürfte den Schwaben noch mehr Oberwasser auf die Mühlen treiben – obwohl ihnen der Begriff Agentur in eigener Sache gar nicht gefällt. „Der Begriff Werbeagentur ist mit uncoolen Dingen behaftet“, sagt Dennis Orel, „deshalb nennen wird unser Studio Communication Department.“ Kommunikation ist ihr Geschäft – für die Partys und die Kunstaustellungen in der einstigen Mosterei ebenso. Als Ausgleich zur kommerziellen Tagesarbeit haben sich die Rookies aus Stuttgart mit der Galerie Kernweine einen Traum erfüllt.

Der schwarze, fette Punkt weist den Weg. Mehr muss man nicht sagen. Ist einfach ein cooler Schuppen. Punktum.