Toni Kroos, Mittelfeldspieler von Real Madrid, wurde zum „Fußballer des Jahres“ gewählt. (Archivfoto) Foto: AP

Eigentlich wollte er mit der DFB-Auswahl den WM-Titel verteidigen, jetzt ist die Wahl zum „Fußballer des Jahres“ ein Trostpflaster für Toni Kroos. Bei den Frauen gewinnt wie im Vorjahr Dzsenifer Marozsan.

Frankfurt/Main - Der WM-Pokal wäre Toni Kroos zwar lieber gewesen, doch über die erstmalige Wahl zum „Fußballer des Jahres“ konnte sich der Mittelfeldspieler von Real Madrid trotz der WM-Enttäuschung mit der DFB-Auswahl richtig freuen. „Es ist und bleibt eine schöne Auszeichnung. Fußballer des Jahres - das ist ein Preis, den man nicht so einfach bekommt - und vor allem auch nicht jeder“, sagte Kroos zu seinem Sieg in der traditionellen Umfrage des Fachmagazins „Kicker“.

Das Ergebnis kam nicht überraschend, durfte Kroos doch als einziger deutscher Balltreter in der vergangenen Saison einen internationalen Erfolg feiern. Mit den „Königlichen“ aus Madrid triumphierte er im Mai durch ein 3:1 im Finale gegen den FC Liverpool zum dritten Mal in Serie in der europäischen Königsklasse. „Drei Mal nacheinander den Henkelpott zu gewinnen, das ist bis heute kaum zu realisieren, zumal vor einem Jahr noch die Verteidigung des Titels als Ding der Unmöglichkeit galt“, sagte Kroos dem „Kicker“.

Als 17-Jähriger in der Bundesliga debütiert

Der verheißungsvoll begonnene Sommer endete für Kroos allerdings in Tristesse. Das blamable Vorrunden-Aus mit Titelverteidiger Deutschland bei der Weltmeisterschaft stellte für den 28 Jahre alten Familienvater die größte Enttäuschung in seiner Bilderbuchkarriere dar.

Zwar hatte Kroos mit seinem genialen Freistoßtor zum 2:1 gegen Schweden für den einzigen deutschen Sieg in Russland gesorgt, das historische Scheitern nach den Niederlagen gegen Mexiko (0:1) und Südkorea (0:2) konnte aber auch er nicht verhindern. „Da ist das eine oder andere aufzubereiten, bevor man sich detailliert dazu äußert“, erklärte Kroos.

Es war die erste große Delle in seiner Laufbahn, die 1997 in seiner Heimatstadt Greifswald begann. Über die Station Hansa Rostock kam Kroos 2006 zu den Bayern, bei denen er in der darauffolgenden Saison als 17-Jähriger in der Bundesliga und im Europapokal debütierte.

Bereits 2017 mit Titel geliebäugelt

Obwohl er schon damals als größtes Talent des deutschen Fußballs galt, musste Kroos 2009 einen Umweg über Bayer Leverkusen nehmen, ehe er 2010 zum Nationalspieler und zur Bayern-Stammkraft wurde. Weil er sich mit den Münchenern nicht auf eine Vertragsverlängerung einigen konnte, wechselte Kroos nach dem WM-Triumph 2014 nach Spanien zu Real. Mittlerweile stehen neben dem WM-Titel unter anderen vier Champions-League-Siege und nationale Meistertitel sowie drei DFB-Pokalsiege in seiner erfolgreichen Vita.

Zum klaren Umfragesieg trugen auch die schwachen Auftritte der DFB-Auswahl bei der völlig missglückten Mission Titelverteidigung und der deutschen Clubs in den europäischen Wettbewerben bei. Richtige Konkurrenz gab es daher nicht. Mit 185 Stimmen setzte sich Kroos deutlich vor Freiburgs Torjäger Nils Petersen (39) und Schalkes Abwehrchef Naldo (38) durch.

Schon im Vorjahr hatte Kroos insgeheim mit einem Sieg gerechnet, musste aber Philipp Lahm den Vortritt lassen, was sein Berater Volker Struth öffentlich scharf kritisierte. Nun erfuhr Kroos die erhoffte Wertschätzung, was auch seinen früheren Trainer Jupp Heynckes freut.

„In meiner langen Laufbahn hatte ich enorm viele hochtalentierte Spieler, aber bei Toni Kroos spürte ich sehr bald, dass er gewillt war, den professionellen Weg einzuschlagen. Er hörte nicht nur zu und verinnerlichte, was man ihm gesagt hat, er setzte diese Vorgaben auch um. Dieses zielgerichtete Verhalten behielt er in den folgenden Jahren bei, das Ergebnis ist eine großartige Laufbahn“, würdigte Heynckes seinen ehemaligen Schützling.

Dzsenifer Marozsan pausiert noch

Der 73-Jährige selbst wurde nach seiner wohl letzten Saison im Profi-Fußball wie 2013 zum „Trainer des Jahres“ gekürt. Heynckes setzte sich in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit 91 Stimmen knapp vor dem erst 32 Jahre alten Schalke-Coach Domenico Tedesco (89) durch. Dritter wurde sein Bayern-Nachfolger Niko Kovac (77), der Eintracht Frankfurt sensationell zum ersten Pokalsieg seit 30 Jahren geführt hatte.

„Es ist besonders schön, dass in Zeiten, in denen ein gewisser Jugendwahn herrscht, ein älterer Trainer diese Wahl gewonnen hat. Jupp Heynckes hat diese Auszeichnung voll und ganz verdient, weil es ungewöhnlich ist, dass ein Mann kommt, der eine ziemlich verfahrene Situation vorfindet, die vom ersten Tag an fundamental dreht und es bis zum Schluss durchzieht“, lobte Bayern-Präsident Uli Hoeneß den Meistercoach.

„Fußballerin des Jahres“ wurde wie in der Vorsaison Nationalspielerin Dzsenifer Marozsan. Die 26-Jährige, die mit Olympique Lyon die Champions League und die französische Meisterschaft gewann, muss nach einer Lungenemboli derzeit eine Pause einlegen. „Es geht mir nach dem Schock schon viel besser. Ich bin wieder zu Hause in meiner Wohnung in Lyon; werde aber weiterhin sehr gut medizinisch von den Ärzten bei Olympique betreut“, sagte Marozsan dem „kicker“.