Die WM ist keine ­Entschuldigung für Zuspätkommen am Arbeitsplatz. Wer am nächsten Tag, aus Freude oder Frust, keine Lust hat und gar nicht erscheint, riskiert den Rausschmiss ohne Gelbe Karte. Foto: dpa

Fußballschauen im Betrieb oder zuhause eine WM-Party feiern? An diese Regeln müssen sich Arbeitnehmer und Mieter halten.

Düsseldorf/Berlin - Die Fußball-Weltmeisterschaft 2018 in Russland beginnt in wenigen Tagen, für Fußball-Fans ohne Zweifel die größte Partyzeit des Jahres. Bei aller Begeisterung: Arbeitnehmer und Mieter müssen jedoch einige Regeln beachten.

Das gilt für Arbeitnehmer

Urlaub Die meisten Spiele werden am Nachmittag oder am Abend angepfiffen. Das dürfte für den Großteil der Arbeitnehmer kein Problem sein. Aber kann ein Arbeitnehmer spontan verlangen, einen Tag Urlaub zu bekommen, um richtig zu feiern? Grundsätzlich nein. Jahresurlaub ist generell zusammenhängend zu nehmen.

Schichtwechsel Wer während der WM für Spätschichten eingeplant wurde, macht möglicherweise ein langes Gesicht, weil er ausgerechnet während der Spielzeit im Betrieb sein muss. Kann er einen Schichtwechsel verlangen? „Nein, sofern Schichtdienst im Arbeits- oder Tarifvertrag vereinbart wurde, ist die Einteilung verbindlich“, sagt die Arbeitsrechtlerin Katia Genkin in Düsseldorf. Das Gleiche gilt für Überstunden, die der Chef plötzlich ansetzt und damit den WM-Feierabend verdirbt. Der Arbeitnehmer muss Überstunden-Forderungen praktisch immer nachkommen. Die Pflicht dazu ergibt sich meist aus dem Tarifvertrag, einer Betriebsvereinbarung oder dem Arbeitsvertrag. Mit Genehmigung des Arbeitgebers ist es aber zulässig, Schichten oder Überstunden mit Kollegen zu tauschen.

Verspätungen Die WM ist aber keine Entschuldigung für Zuspätkommen am Arbeitsplatz. Ein strenger Arbeitgeber kann das mit einer Abmahnung ahnden. Wer am nächsten Tag, aus Freude oder Frust, keine Lust hat und gar nicht erscheint, riskiert den Rausschmiss ohne Gelbe Karte. Denn bei „eigenmächtigem Fernbleiben“ ist die Kündigung auch ohne vorherige Abmahnung möglich (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 154/93). Rechtsanwältin Genkin: „Das Vortäuschen einer Krankheit rechtfertigt sogar die Rote Karte – die fristlose Kündigung.“

Radio und TV Radio oder Fernseher am Arbeitsplatzkann der Arbeitgeber verbieten. Besteht aber ein Betriebsrat, so muss dieser beteiligt worden sein. Schließlich geht es um die Ordnung im Betrieb. Ein Verbot, dass der Arbeitgeber ohne Beteiligung des Betriebsrates ausgesprochen hat, ist unwirksam (Bundesarbeitsgericht, AZ: 1 ABR 75/83). Denn: „Der Arbeitnehmer, der seine Arbeit konzentriert, zügig und fehlerfrei verrichtet, erfüllt seine Arbeitspflicht, auch wenn er daneben Radio hört.“ Ohne Betriebsrat kann der Arbeitgeber das Thema nach billigem Ermessen entscheiden (Paragraf 106 Gewerbeordnung [GewO]).

Das sagen große Arbeitgeber Manche Unternehmen dulden es, dass Mitarbeiter das Spiel nebenbei auf dem Bildschirm verfolgen. Und manche fiebern mit der Mannschaft und ihrer Belegschaft regelrecht mit. So veranstaltet der Schrauben-Hersteller Würth vom letzten Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen Südkorea an auf dem Firmengelände am Stammsitz in Künzelsau-Gaisbach ein Fanfest für die eigene Belegschaft. Die Spiele werden auf einer Videoleinwand übertragen. Abends fährt dann ein Shuttle die Mitarbeiter nach Hause. Auch die Lufthansa bietet ihren Mitarbeitern unter anderem an ihrem Standort in Frankfurt eine WM-Party. Zudem müssen auch die Passagiere auf vielen langen Flügen kein Spiel verpassen, die moderne Satellitentechnik macht es möglich. Etwas verhaltener geht es bei Bosch zu. Dort wird es keine zentralen TV-Übertragungen geben, in manchen Kantinen aber würden die Spiele gezeigt. Die Mitarbeiter könnten nach Rücksprache mit ihren Vorgesetzten ihre Schicht nach dem Spiel fortsetzen. Auch bei Daimler bemüht man sich, dass möglichst viele Beschäftigte die Übertragungen sehen können. Zwar gibt es keine generelle Regelung, je nach Werk könnten aber die Schichtzeiten bei Bedarf verändert werden. So war das auch 2014, da wurde die Nachtschicht um eine Stunde nach hinten versetzt – und Deutschland wurde Weltmeister.

Spontan eine WM-Party feiern – geht das?

Dsa gilt für Mieter

Fahnen Wer eine Nationalfahne hissen will, kann das grundsätzlich tun. Das gehört mit zum Recht der freien Persönlichkeitsentfaltung, die jedem Mieter zugestanden werden muss. Sowohl in den Fenstern als auch am Balkon können Fahnen ohne Probleme hängen. Was anderes wäre es allerdings, wenn per Mietvertrag Dekorationen untersagt worden sind. An Fassaden oder etwa auf dem Dach sollten persönliche Fan-Bekundungen nur dann gehisst werden, wenn sich der Vermieter und gegebenenfalls die Eigentümergemeinschaft damit einverstanden erklärt haben. Das Gleiche gilt für gemeinschaftlich genutzte Gärten.

Party Der Mieter kann in seine Wohnung im Prinzip so viele Leute einladen wie reinpassen. Allerdings haftet der Mieter natürlich für alles, was seine Gäste anstellen, etwa für Schäden oder Verschmutzungen im Treppenhaus. Findet die WM-Party auf dem Balkon oder im Garten statt, so muss das grundsätzlich ebenfalls hingenommen werden. Das Landgericht Frankfurt (AZ: 2/21 O 424/88) sah 24 Teilnehmer einer Gartenparty noch „im Rahmen gesellschaftlicher Gepflogenheiten“. Egal, ob 10 oder 50 Gäste gekommen sind – es gelten die Lärmvorschriften, die sich aus den Landes-Immissionsschutzgesetzen ergeben. So sind genau genommen in einem gemischten Wohngebiet tagsüber nur 55 dB(A) erlaubt, also weniger als üblicher Staubsauger-Lärm. Die Nachtruhe ab 22 Uhr sollte indes beachtet werden. Anders als vielfach vermutet, gibt es kein Recht auf Krach bis Mitternacht einmal im Monat oder etwa Sonderregeln während eines Großereignisses wie der WM.

Grillen Bratwürstchen und Steaks zum Bier machen eine WM-Party erst perfekt. Ein generelles Recht darauf, draußen zu grillen, gibt es aber nicht. Per Hausordnung oder Mietvertrag ist es Mietern mitunter sogar ausdrücklich untersagt. Wer sich trotz Abmahnung nicht daran hält, muss im schlimmsten Fall mit einer Kündigung rechnen (Landgericht Essen, AZ: 10 S 438/01). Nicht nur das: Wegen Verstoßes gegen das jeweilige Landes-Immissionsschutzgesetz kann ein Bußgeld von bis zu 500 Euro verhängt werden, zum Beispiel dann, wenn Rauch nebenan in Wohn- und Schlafräume zieht (OLG Düsseldorf, AZ: 5 Ss 149/95).

Ballspiel Wenn ältere Kinder in der Wohnung Fußball spielen, kann der Vermieter eingreifen. Denn das ist nicht erlaubt. So heißt es beim Deutschen Mieterbund: Bei extremen Lärmstörungen können sich Mieter bei ihrem Vermieter beschweren und haben unter Umständen das Recht, die Miete zu kürzen. Der Vermieter ist verpflichtet, einzugreifen. Notfalls kann er die lärmende Mieterfamilie auch kündigen. Grundsätzlich ist der mit dem üblichen kindgemäßen Verhalten verbundene Lärm von Nachbarn hinzunehmen. Das gilt insbesondere für Lachen, Weinen und Schreien von Kleinkindern. Hier sind auch Störungen nach 22 Uhr hinzunehmen. Ein Düsseldorfer Richter hat das so formuliert: „Ein Mehrfamilienhaus ist kein Kloster, Kinder können nicht wie junge Hunde an die Kette gelegt werden.“

Wer zum Spielen auf den Hof eines Mehrfamilienhauses oder einer Hausgemeinschaft umziehen möchte, begibt sich auch auf strittiges Terrain: So gibt es immer wieder Streit, ob Gemeinschaftsflächen zum Spielen genutzt werden können. Solange es sich bei den Hobbykickern um Kinder handelt, sind die Gerichte oft großzügig. Die Nachbarschaft müsse die Lärmbelästigung hinnehmen (Landgericht Berlin, AZ: 61 S 288/1985, Landgericht München, AZ: 1 T 14129/88). Lärm sei aufgrund des Spiel- und Bewegungsdrangs der Kinder unvermeidbar (OLG 40 Düsseldorf, AZ: 9 U 51 /95). Andererseits müssen neben der Nachtruhe von 22 bis 7 Uhr auch die Ruhezeiten zwischen 13 und 15 Uhr beachtet werden.