Joshua Kimmich (links) besticht im Mittelfeld durch kluge Pässe und seine Zweikampfstärke Foto: Baumann

Nationalspieler Joshua Kimmich blickt nach vorn – er will beim FC Bayern München bald das tun, was er nun in der DFB-Elf darf.

Sinsheim - Die wohl größte Herausforderung des Abends meisterte Joshua Kimmich ebenso gekonnt wie vorher auf dem Platz. Auch hier zeigte er sein Gespür für den Raum, auch hier wählte er den passenden Laufweg und stand am Ende richtig. Und auch hier stand Kimmich – im Zentrum des Geschehens. Die Sponsorentrennwände in den Katakomben der Sinsheimer Arena glichen einem Labyrinth, und diese verwinkelte Anmutung hatte wie immer einen Grund. Es gibt mittlerweile auch bei Freundschaftsspielen der Nationalelf unter den anwesenden Medien so genannte Rechteinhaber, die den Spielern ihre Mikrofone als erste unter die Nase halten dürfen, dann kommen die vertraglich fixierten Zweitverwerter. Und so weiter.

Ganz zum Schluss im Irrgarten für Fortgeschrittene gibt es dann noch ein paar, die an der letzten Trennwand stehen und dort auf erhellende Sätze der Herren Nationalspieler warten dürfen. Kimmich meisterte diesen Parcours geduldig, er verlief sich nicht, an den richtigen Stellen blieb er stehen – und war damit am Ende ähnlich omnipräsent wie vorher auf dem Platz, beim 2:1-Erfolg im Test gegen Peru.

Gab ja auch viel zu erzählen nach dieser aufregenden Woche im Kreise der DFB-Elf, die vor allem für Kimmich eine neue Zeitenwende einläutete. Viel war die Rede vom Umbruch nach der WM – Kimmich verkörpert ihn vielleicht wie kaum ein Zweiter, obwohl er wie der Großteil des Teams schon recht lange dabei ist in der Nationalelf und für das historische Scheitern in Russland mitverantwortlich ist.

Die absolute Lieblingsposition

Kimmich (23) aber hat nun seinen ganz persönlichen Neuanfang gestartet – auf seiner alten Position. Denn der aktuelle Rechtsverteidiger des FC Bayern durfte sowohl beim 0:0 gegen Frankreich in der Nations League und nun gegen Peru auf der zentralen defensiven Position im Mittelfeld ran, auf jener Position also, die er bereits in der Jugend beim VfB und später bei RB Leipzig spielte. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass es sich um die unangefochtene Lieblingsstelle auf dem Platz handelt. Ein Grinsen, so sagte es Kimmich, habe er nicht unterdrücken können, als ihm der Bundestrainer Joachim Löw von seinen neuen Mittelfeldplänen berichtete.

Die Freude verlor Kimmich dann auch auf dem Feld nicht, vor allem gegen die Franzosen, aber auch gegen Peru agierte er so stark, so präsent, so klug und so passsicher, dass Löw sich hinterher festlegte: Kimmich bleibt jetzt sein Sechser. Punkt.

Der Rottweiler war ja auch der einzige Spieler für diese Position im deutschen Kader, Sami Khedira ist erstmal nicht mehr dabei, Sebastian Rudy auch nicht, Bastian Schweinsteiger ist es schon länger nicht mehr. Jetzt ist Kimmichs Zeit gekommen.

Hummels’ Loblied auf Kimmich

Toni Kroos, dem Mann auf der Planstelle davor, fehlte bei der WM eine Absicherung, auch das war einer der Gründe für das Ausscheiden. Jetzt gibt Kimmich im deutschen Spiel den zweikampfstarken und disziplinierten Prellbock – und weckte bei den Kollegen Begeisterung. „Er hat wirklich alles für diese Position“, sagte etwa der Innenverteidiger Mats Hummels, „aber den kannst du ja gefühlt überall hinstellen – es kommt immer was dabei raus.“

Genau das wiederum könnte für Kimmich und seine Ambitionen fürs Zentrum noch zu einem Problem werden – denn beim FC Bayern wissen sie es ja nur zu gut, was sie an ihrem flexibel einsetzbaren Burschen haben. Aktuell spielt er Rechtsverteidiger, er ist dort im Grunde nicht zu ersetzen, und das ist, wenn man so will, sein Problem. Ein bisschen überreden mussten sie ihn in München ja damals schon, die eigenen Ansprüche zurückzuschrauben und nach hinten rechts zu gehen. Kimmich kann es eben auch auf dieser Position, und ihm selbst war klar, dass er da im Staraufgebot der Bayern die besten Chancen auf Startelfeinsätze hatte. Er passte sich an.

Auf Sicht aber wird es Kimmich auch beim Rekordmeister in die Zentrale drängen. Javi Martinez, Bayerns aktueller Sechser, ist gerade 30 Jahre alt geworden. Und im Sommer 2019 soll ja Benjamin Pavard, der rechte Verteidiger Frankreichs, vom VfB Stuttgart nach München wechseln. Das könnte auch Kimmich neue Perspektiven eröffnen – er selbst aber ist viel zu schlau, um jetzt schon Ansprüche zu stellen. Würde nur unnötig Unruhe geben, und seine Zeit wird eh irgendwann kommen, das weiß er. „Nee. Ich werde bei Bayern nicht das Gespräch suchen“, sagte Kimmich also am späten Abend in Sinsheim. Er gehe davon aus, dass er im Verein weiter erstmal rechts verteidigen werde. „Und wenn man mich auf einer anderen Position braucht, spiele ich auf einer anderen Position.“ Kimmich grinste, und mit ihm seine Zuhörer. Welche Stelle er da genau meinte, das war in diesem Moment nicht nur ihm klar.